Angenommen, Sie wollen eine Versicherung abschließen. Dann schon mal ein Bravo für die Entscheidung! Denn viele Menschen vermeiden dieses Thema, so gut es geht. Doch ist der Grundsatzbeschluss gefallen, folgen schon die nächsten Fragen. Geht man ins Internet? Zum Vertreter von Allianz, Ergo oder eines anderen Anbieters vor Ort? Zu einem unabhängigen Makler? Sollte man sich vor der Wahl eines speziellen Tarifs intensiv beraten lassen, oder genügt ein wenig eigene Recherche?
"Je länger man sich durch eine Versicherung bindet, je wichtiger sie für Leib und Leben ist und je höher die eingesetzte Summe liegt, desto eher sollte man sich vor einem Abschluss intensiv beraten lassen und sich die Entscheidung genauestens überlegen", sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen. Als Beispiele für solch beratungsintensive Policen nennt sie Rentenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen und private Krankenversicherungen.
Der Hintergrund: Bei diesen Verträgen geht es um potenziell hohe Einzahlungen und um lange Vertragslaufzeiten. Ein Wechsel kann schwierig und mit finanziellem Mehraufwand verbunden sein. Zudem ist bei manchen Versicherungen wegen Vorerkrankungen kein Wechsel mehr oder nur mit Einschränkungen des Versicherungsschutzes möglich.
Hingegen sei beispielsweise eine private Haftpflichtpolice, auf die niemand verzichten sollte, so Weidenbach, oft jährlich kündbar und recht preiswert - trotz des eklatant wichtigen Versicherungsschutzes. "Hier kann man eher und schneller eventuelle Fehler beim Abschluss korrigieren, weil man schnell wieder kündigen und wechseln kann." Doch könne auch eine Privathaftpflicht einige Bedingungen beinhalten, die spezielle Risiken nicht ausreichend abdecken. Wer beispielsweise einen Hund besitzt, sollte dafür eine eigene Haftpflichtpolice anschließen (sie ist in den meisten Bundesländern sogar verpflichtend). "Wer auf eigene Faust abschließt und sich vorher nicht ausreichen informiert, kann diesen Aspekt möglicherweise vergessen. Eine Beratung kann hier durchaus hilfreich sein."
€uro am Sonntag hat eine Liste zusammengestellt, bei welchen Versicherungen der Beratungsbedarf eher gering, mittel oder hoch ist (siehe Tabelle auf der folgenden Seite).
Aber wohin sollten sich Verbraucher wenden, wenn sie Beratung wünschen? "Entscheidend ist, dass sich der Verbraucher vorher möglichst umfassend selbst informiert", sagt Weidenbach. "Er kann auch zu einem Versicherungsvertreter gehen, der nur für einen einzigen Anbieter arbeitet. Auch wenn man möglicherweise schon gute Erfahrungen mit dem Vertreter gemacht hat und ein Vertrauensverhältnis besteht, ist das okay. Der Verbraucher muss aber wissen, dass oft nicht alle Produkte eines Versicherers preislich und von den Bedingungen her top sind." Auch die Kombination kann sinnvoll sein: Informationen via Internet plus Beratung im persönlichen Gespräch. Die Zahl dieser sogenannten hybriden Kunden nimmt immer mehr zu. Das haben die Meinungsforscher von der GfK und die Berater von McKinsey herausgefunden.
Vor dem Abschluss einer wichtigen Versicherung sollte man sich in jedem Fall einen Überblick über seine persönlichen Lebensumstände und finanziellen Möglichkeiten verschaffen. Hier kann ein Versicherungsvermittler hilfreich sein. Dann erledigt sich die Frage nach bestimmten Policen manchmal schon von selbst. Erstes Beispiel: die private Rentenversicherung: Wer einen Konsumentenkredit aufgenommen hat, sollte den zuerst abzahlen. Auch wer nicht das Geld auf der hohen Kante hat, um unvorhergesehene Zwischenfälle abzupuffern (beispielsweise ein kaputtes Auto), sollte zunächst mal hier Guthaben aufbauen. Erst dann sollte man über eine Zusatzrente nachdenken. Zweites Beispiel: Risikolebensversicherung. Wer keine Angehörigen zu versorgen hat und keine Immobilie auf Kredit erwerben will, kann in aller Regel darauf verzichten. Bei einer solchen Bestandsaufnahme trennt sich auch oft die Spreu vom Weizen, was die Qualität von Vermittlern betrifft (siehe Checkliste auf der folgenden Seite).
Speziell ist die Lage bei sogenannten Versicherungsberatern und bei Verbraucherzentralen. Diese dürfen nur beraten und keine Verträge abschließen. Das Honorar liegt zwischen rund 100 und 250 Euro plus Mehrwertsteuer. Wer einen Vertrag abschließen will, wendet sich dann am besten direkt an den Versicherer. Manchmal wird ein sogenannter Nettovertrag empfohlen, in dem keine Provisionen eingerechnet sind und der deshalb billiger ist als der - ansonsten identische - Provisionsvertrag.
Auf Seite 2: Honorar versus Provision
Honorar versus Provision
Lohnend ist ein Versicherungsberater auch dann, wenn sich im Gespräch herausstellt, dass die anvisierte Versicherung gar nicht gebraucht wird. Weil das Honorar auch dann fließt, wenn er von einem Abschluss abrät, wird er keinen provisionsorientierten Ratschlag erteilen. Es gibt allerdings nur exakt 337 Versicherungsberater bundesweit, zudem sind viele auf bestimmte Versicherungsarten spezialisiert und für allgemeine Fragen nicht zuständig (Liste unter www.bvvb.de). Bei Verbraucherzentralen gibt es nur ein paar Dutzend Möglichkeiten zur Beratung (Liste unter www.verbraucherzentrale.de).
Und man sollte auch nicht mit jedem Thema zum Versicherungsberater gehen. "Für einen Haftpflichtvertrag, der üblicherweise ein paar Dutzend Euro pro Jahr kostet, muss ich nicht zusätzlich 100 Euro an Honorar ausgeben", sagt Helge Kühl aus Neudorf-Bornstein bei Kiel, der bei Rentenversicherungen auf Honorar und bei allen anderen Policen auf Provision agiert.
Abgesehen von den Versicherungsberatern arbeiten alle anderen Arten von Vermittlern auf Provisionsbasis. Doch auch hier gibt es gravierende Unterschiede:
Einfirmenvertreter/ Ausschließlichkeitsvertreter
Sie sind für einen einzelnen Versicherer tätig, der dem Vermittler eine Provision für den Verkauf der hauseigenen Produkte zahlt. Ihre Büros sind zumeist daran erkennbar, dass nur das Schild eines einzigen Versicherers zu sehen ist. Nachteil: Der Kunde hat kaum eine Auswahl. Vorteil: Ein guter Vertreter pflegt einen engen Kontakt zu seinen Kunden. Das kann zum Beispiel bei der Schadensabwicklung helfen. Der Versicherer haftet uneingeschränkt für Fehler des Vermittlers. Die bekannte Werbefigur "Herr Kaiser" war ein solcher Ausschließlichkeitsvertreter, in diesem Fall für die Hamburg-Mannheimer, die mittlerweile im Versicherungskonzern Ergo aufgegangen ist.
Bankmitarbeiter
Sie vermitteln Policen im Auftrag ihrer Bank, meist in deren Filialen. Fast immer hat ein bestimmtes Geldhaus lediglich einen Kooperationspartner auf Versicherungsseite. Beispiele für eine solche Zusammenarbeit sind Deutsche Bank/Zurich Versicherung, Hypovereinsbank/Allianz, Volks- und Raiffeisenbanken/R + V. Vorteil: Man bekommt Bank- und Versicherungsprodukte aus einer Hand. Nachteile: Der Kunde hat kaum eine Auswahl und ahnt möglicherweise nicht, dass nur ein Produktgeber existiert. Die Bank ist quasi ein Ausschließlichkeitsvertreter und haftet für ihre Angestellten. Vorsicht: Die Postbank beispielsweise hatte eine Zeit lang mit freien Vermittlern gearbeitet, die in den Bankfilialen saßen und - zumindest auf den ersten Blick - nicht von Angestellten zu unterscheiden waren. Ging es um die Haftung, wies die Postbank aber alle Ansprüche von sich.
Mehrfachvertreter
Er arbeitet für mehrere Versicherungskonzerne. Wie beim Einfirmenvertreter haftet der jeweilige Versicherer für Fehler. Die meisten Allfinanzvertriebe, beispielsweise DVAG, OVB und Swiss Life Select, gehören in diese Kategorie. Vorteil: größere Auswahl als beim Einfirmenvertreter. Nachteil: Die Auswahl ist üblicherweise auf einige wenige Unternehmen beschränkt. Hier bieten Makler in der Regel mehr.
Nebenberufliche Vermittler
Das kann zum Beispiel ein Fahrradhändler sein, der seinen Kunden passend zum neuen Rad eine Versicherung verkauft. Vorteil: einfache Handhabung. Nachteil: Meist ist nur ein einziges Produkt im Angebot.
Versicherungsmakler
Sie arbeiten stets mit vielen Gesellschaften zusammen und halten deshalb eine große Auswahl an Angeboten bereit. Sie ermitteln im Auftrag des Kunden eine günstige Police und haften auch persönlich, wenn sie bei der Beratung einen Fehler machen (daher müssen sie eine entsprechende Berufshaftpflicht abschließen). Für die Vermittlung kassieren auch sie Provisionen der Versicherer. Auch manche Finanzvertriebe, beispielsweise MLP, sind Makler. Vorteil: Der Makler ist gesetzlich verpflichtet, seinem Kunden den bestmöglichen Versicherungsschutz zu vermitteln. Nachteile: Ob er einen Anbieter auch wegen dessen hoher Provision vermittelt, ist schwer nachzuweisen. Fast nie hat ein Makler sämtliche Versicherer mit allen Produkten im Angebot.
Vergleichsportale
Check24 und Verivox sind ebenfalls Makler, die an Vermittlungen verdienen. Vorteil: Die Handhabung ist einfach. Nachteil: Nicht alle Versicherer sind auf allen Portalen vertreten. So verweigert sich bei Kfz-Versicherungen der Marktführer HUK-Coburg diesem Vertriebsweg komplett, Branchenzweiter Allianz ist nur eingeschränkt dabei.
Apps
Neu gegründete Unternehmen wie Wefox, Knip oder Clark haben kostenlose Programme entwickelt, mit denen Kunden ihre Versicherungen bequem per Smartphone verwalten können. Ein Kunde muss dem Anbieter zunächst ein Maklermandat übertragen. Das heißt: Er überträgt seine kompletten Versicherungen mit persönlichen Daten wie Wohnort, Einkommen und Familienstand von seinem bisherigen Versicherungsvertreter auf eine neue Firma. Vorteil: einfache Handhabung und Übersicht über bestehende Verträge. Nachteil: Man gibt die - möglicherweise enge - Beziehung zu seinem bisherigen Betreuer auf. Probleme durch Insolvenz sind bei jungen Firmen durchaus möglich.
Direktversicherer
Auch wer sich direkt an einen Versicherer wendet, muss Unterschiede beachten. Sogenannte Direktversicherer sind nur per Internet und Telefon erreichbar. Hier gibt es keine Beratung und keine Produktvermittlung vor Ort. Solche Anbieter sind üblicherweise relativ preisgünstig. Prominente Beispiele sind Cosmos Direkt und Europa.
Serviceversicherer
Das sind alle anderen Anbieter am Markt - also jene von Allianz bis Zurich, die neben Internet und Telefon auf zusätzlichen Wegen erreichbar sind.
Im Überblick
Checkliste
Woran man einen guten Versicherungsvermittler erkennt
Auch wenn die Zahl der Versicherungsvermittler sinkt, gibt es immerhin noch knapp 200.000. Wie findet man den richtigen? Hier einige hilfreiche Fragen:
Ist er schon einige Zeit am Markt? Das kann einen langfristigen Geschäftsansatz beweisen.
Klärt er von sich aus über seinen Status auf? Das deutet auf Seriosität hin.
Fragt er nach Details und macht er eine komplette Bestandsaufnah- me Ihrer Lebensumstände und finanziellen Verhältnisse? Das weist auf ernsthaftes Interesse hin.
Bietet er ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (im Vergleich zu anderen Vermittlern/Vertriebswegen)? Das zeigt Konkurrenzfähigkeit.
Wird er von vertrauenswürdigen Menschen aus Ihrem persönlichen Umfeld empfohlen? Das verdient einen Vertrauensvorschuss.