Moment mal, die Hauptversammlung fand am 27. Januar statt, die Dividende kommt aber erst am 1. Februar? Was ist denn da los, mag sich mancher Aktionär von Thyssenkrupp fragen, der die Einladung zur Hauptversammlung nicht so genau gelesen hat. Am 1. Februar fand die nächste Hauptversammlung eines DAX-Mitglieds statt - die von Siemens. Auch dort heißt es Warten: Die Dividende fließt am 6. Februar.

Fakt ist: Aktienanleger in Deutschland müssen sich ab diesem Jahr etwas länger in Geduld üben als bisher. Grund dafür ist die Aktienrechtsnovelle 2016, die für Dividendenzahlungen ab 2017 greift. BÖRSE ONLINE präsentiert die wichtigsten Fragen und Antworten für Dividendenjäger.

Wann muss ich eine Aktie im Depot liegen haben, um die Dividende zu kassieren?


Hier ändert sich nichts. Sie müssen die Aktien am Tag der Hauptversammlung nach Handelsschluss im Depot haben, können sie also noch am Tag selbst an der Börse kaufen, um die Dividende zu kassieren.

Wann fließt die Dividende?


Bislang wurde die Dividende in Deutschland schon am Tag nach der Hauptversammlung ausgezahlt; das war der sogenannte Ex-Tag, an dem auch der Dividendenabschlag vom Kurs erfolgte. Seit 2017 ist der dritte auf den Hauptversammlungsbeschluss folgende Geschäftstag der frühestmögliche Auszahlungstermin. So sieht es Paragraf 58, Absatz 4 Aktiengesetz vor. Liegt wie bei Thyssenkrupp und Siemens ein Wochenende dazwischen, verlängert sich die Frist entsprechend. Ex-Tag bleibt der Tag nach der Versammlung, denn der Anteilschein, den man an diesem Tag kauft, beinhaltet keinen Dividendenanspruch mehr.

Kann eine Gesellschaft auch ein früheres Auszahlungsdatum bestimmen?


Nein, eine frühere Fälligkeit ist nicht möglich. Der dritte auf den Hauptversammlungsbeschluss folgende Geschäftstag ist der frühestmögliche Auszahlungstermin. Es ist aber erlaubt, dass die Gesellschaft einen noch späteren Zahltag festlegt.

Gibt es weitere gravierende Änderungen bei Dividenden - zum Beispiel bei der Besteuerung?


Nein, es greifen weiterhin die Regelungen der Abgeltungsteuer: Der Steuersatz auf alle Dividenden, aber auch auf Kursgewinne und Zinserträge beträgt pauschal 25 Prozent. Der Solidaritätszuschlag und eventuell auch Kirchensteuer kommen noch obendrauf. Ist der persönliche Steuersatz niedriger als 25 Prozent, kann man sich überzahlte Steuern mit der Günstigerprüfung über die Steuererklärung zurückholen. Wichtig: Jedem Anleger steht ein Sparerpauschbetrag von 801 Euro pro Kalenderjahr zu (Verheiratete: 1602 Euro). Erst wenn man mehr als 801 Euro an Erträgen - also auch Dividenden - kassiert hat, führt die Bank Abgeltungsteuer ab.

Warum gibt es diese Änderungen bei der Auszahlung der Dividenden überhaupt?


Die neuen Auszahlungsregeln sind Folge einer europäischen Harmonisierung von Stichtagsregelungen in der technischen Abwicklung von Wertpapierkäufen. Sie wurden vereinheitlicht, die Auszahlungsfrist ist nun EU-weit gleich. Die Dividende fließt jetzt erst dann, wenn die Aktien wirklich im Depot verbucht sind. Da Wertpapierabwicklung und Settlement in Deutschland traditionell ziemlich schnell funktionierten, sind die neuen Auszahlungsregeln für deutsche Anleger de facto ein kleiner Rückschritt. Aber es gibt auch Vorteile: Anleger profitieren, wenn Dividenden grenzüberschreitend in der EU ausgezahlt werden. So konnte man zum Teil in anderen Ländern früher nicht die Aktie noch am Tag der Hauptversammlung erwerben, um noch die Dividende zu erhalten. Jetzt sollte dies EU-weit möglich sein.

Wer bekommt eigentlich die Dividenden bei Leerverkäufen?


Unter bestimmten Bedingungen ist ein Overnight-Leerverkauf von Aktien mit Wertpapierleihe über den Dividendenstichtag hinaus möglich. "Allerdings kann dieses Vorgehen mit steuerlichen Nachteilen für den Leihenehmer verbunden sein. Er muss grundsätzlich die Bruttodividende an den Leihgeber zahlen, erhält im Gegenzug allerdings nur die Nettodividende", sagt Neal Feist, Chefhändler von Sino. Der Onlinebroker richtet sich an aktive Trader und ermöglicht Leerverkäufe.