Anleger haben am Donnerstag gebannt auf den Startschuss für den massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen der Europäischen Zentralbank gewartet. Die EZB kündigte die Bekanntgabe weiterer geldpolitischer Maßnahmen an. Die Zinsen in der Euro-Zone ließ sie wie erwartet unverändert.

Der Dax reagierte nur wenig darauf. Der Leitindex lag mehr oder weniger unverändert bei 10.300 Punkten und damit knapp unter seinem zuvor aufgestellten Rekordhoch von 10.319,23 Zählern. Der EuroStoxx50 trat bei 3274 Punkten ebenfalls mehr oder weniger auf der Stelle. Der Euro legte etwas stärker zu und notierte bei 1,1630 Dollar nach 1,1620 Dollar vor der Bekanntgabe.

EZB-Präsident Mario Draghi wird die Entscheidungen der Geldpolitiker ab 14.30 Uhr (MEZ) erläutern. Den Schlüsselzins für die Versorgung des Bankensystems mit frischem Geld ließ die EZB auf dem Rekordniveau von 0,05 Prozent. Am Vortag hatten heftige Kursschwankungen angesichts diverser Spekulationen über Umfang und Zeitrahmen des Kaufprogramms einen Vorgeschmack gegeben.

Für viele Anleger ist es ausgemachte Sache, dass die EZB den Ankauf von Staatsanleihen (QE) ankündigen wird. Einem Insider zufolge wird das Volumen 50 Milliarden Euro pro Monat betragen. "Die Latte, was den Umfang des Programms anbelangt, hängt inzwischen sehr hoch. So dürfte es Mario Draghi schwer fallen, die Börsianer positiv zu überraschen", warnte LBBW-Analyst Werner Bader. Die Analysten von HSBC Trinkaus & Burkhardt bezweifeln, dass sich die EZB überhaupt auf eine konkrete Summe für das gesamte Ankaufprogramm festlegen wird. Auch die Commerzbank-Analysten vermuten, dass die Notenbank eher vage bleiben wird. "Bei der Pressekonferenz muss EZB-Präsident Draghi das Kunststück vollbringen, den Beschluss so zu verkaufen, dass er nicht als das politisch gerade noch Machbare erscheint, sondern als schlagkräftige Maßnahme."

Mit dem Öffnen der Geldschleusen will die EZB nach dem Vorbild der US-Notenbank Fed über die Kreditvergabe der Banken die Konjunktur ankurbeln. Denn angesichts der fallenden Inflationsraten fürchten viele Analysten ein Abgleiten der Wirtschaft im Währungsraum in eine Deflation, eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen.

An den Finanzmärkten hoffen viele auf einen Schub für die Aktienkurse. Denn mit ihrer Politik des billigen Geldes haben die Notenbanken seit der Finanzkrise vor sieben Jahren eine Rally ausgelöst. "Das viele Geld will ja schließlich angelegt werden", heißt es in den Handelsabteilungen der Banken. Und sollten die Unternehmen dank der Geldschwemme mehr erwirtschaften, dürften auch die Gewinne und mit ihnen die Aktienkurse steigen.

Mit ihrer überraschenden Abkehr von einem Euro-Mindestkurs zum Franken hatte die Schweizer Notenbank vorige Woche bereits die Erwartungen an die EZB in die Höhe getrieben und den Euro zum Absturz auf ein Elf-Jahres-Tief von 1,1459 Dollar gebracht.

An den Rentenmärkten gaben die Kurse der Staatsanleihen etwas nach. Im Gegenzug zogen die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen zeitweise auf 0,5 Prozent von 0,46 Prozent am Vorabend an.

Reuters