Euro am Sonntag: Ist Ihnen ein anderer Fall bekannt, bei dem in einem laufenden Übernahmeprozess die Mindestannahmeschwelle komplett gestrichen wurde?
Marc Tüngler: Dass die Schwelle nochmal gesenkt wird, gab es zuletzt beispielsweise bei der Linde-Übernahme. Es ist uns aber kein Fall bekannt, dass die Mindestannahmeschwelle komplett gestrichen wurde.
Wie bewerten Sie dieses Vorgehen aus Sicht der Vonovia- bzw. Deutsche-Wohnen-Aktionäre?
Aus Sicht der Vonovia-Aktionäre hat Vonovia-Chef Rolf Buch zwar etwas rabiat den Deutsche-Wohnen-Aktionären die Pistole auf die Brust gesetzt, aber das kann man noch durchgehen lassen. Als freundlich kann man dieses Verhalten aber nicht mehr bezeichnen. Kritischer sehen wir das Verhalten des Deutsche-Wohnen-Vorstands, der ja zunächst auch gegen die Übernahme war und dann so aufgegeben hat. Das wirft Fragen auf, die eine Antwort erfordern.
Das heißt Sie prüfen rechtliche Schritte?
So weit würde ich noch nicht gehen. Aber wir verlangen vom Deutsche-Wohnen-Vorstand Antworten für dieses rätselhafte und ärgerliche Verhalten. Die Sache ist für uns jedenfalls noch nicht abgeschlossen.
Welche Konsequenzen sind aus diesem Vorgang zu ziehen?
Es sollte regulatorische Konsequenzen geben. Ein kompletter Verzicht auf die Annahmebedingungen in einem laufenden Übernahmeverfahren sollte von vornherein ausgeschlossen werden.
Was raten Sie jetzt den Deutsche-Wohnen-Aktionären?
Wer jetzt als Deutsche-Wohnen-Aktionär auf einen squeeze out oder eine höhere Abfindung spekulieren will, der braucht schon einen sehr langen Atem und gute Nerven. Aus unserer Sicht ist die Messe gelesen, und es wird auch kein höheres Angebot geben.