DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:
Obwohl es für Dürr bereits in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres wieder aufwärts ging, spürte der Konzern aus Bietigheim-Bissingen in der Nähe von Stuttgart die Pandemie-Folgen deutlich. Umsatz und Profitabilität brachen ein, auch der Auftragseingang sackte ab. Weil Dürr bei den Bestellungen vor allem in der ersten Jahreshälfte 2020 herbe Einbußen hinnehmen musste, hatte das Unternehmen auch zum Auftakt des neuen Jahres noch mit den Auswirkungen zu kämpfen.
Denn die Erlöse gingen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trotz der insgesamt positiven Zahlen zurück. Dürr begründete dies mit dem schwachen Auftragseingang des ersten Halbjahres, der die Erlöse zeitverzögert beeinträchtige.
Trotzdem blickt Konzernchef Dieter optimistisch nach vorne. Zumal auch das Ergebnis weiterhin von den umgesetzten Effizienzsteigerungen profitieren soll. Dürr profitierte zum Jahresstart auch von Einsparungen, die das Unternehmen im Zuge der Krise eingeleitet hatte. Zudem spielten dem Maschinen- und Anlagenbauer eine starke Nachfrage im Einzelmaschinengeschäft bei der Konzerntochter Homag, größere Aufträge von Elektrofahrzeug-Herstellern sowie Übernahmen in die Karten.
2021 und in den Folgejahren will Dürr denn auch wieder profitabel wachsen, wenngleich Umsatz und operatives Ergebnis im laufenden zweiten Quartal noch von der Auftragsschwäche aus dem Vorjahr beeinflusst werden dürften. In der zweiten Jahreshälfte sei dann mit einer Verbesserung zu rechnen, hieß es im Mai. Allerdings hatte Dieter bereits bei der Vorlage der Jahresbilanz Ende Februar gesagt, dass trotz der angestrebten Verbesserungen 2021 noch keine Rückkehr auf das Vorkrisenniveau zu erwarten sei.
Dürr ist einerseits auf Lackieranlagen für die Autoindustrie spezialisiert, hat aber auch Maschinen für die Möbel- und Holzbauindustrie im Programm. Zuletzt beschäftigte der Konzern rund 17 000 Mitarbeiter.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Seit der Vorlage der Zahlen für das Auftaktquartal haben sich acht der im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten näher mit Dürr beschäftigt. Drei von ihnen raten zum Kauf der Aktie, während gleich fünf dafür plädieren, die Papiere zu halten. Für den Verkauf der Titel spricht sich derzeit niemand aus. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 37 Euro und damit etwas über dem aktuellen Niveau.
Mit einem Kursziel von 49 Euro hat die Privatbank Hauck & Aufhäuser den mit Abstand höchsten Wert auf dem Zettel. Ihr Analyst Christian Glowa verweist darauf, dass die Umsätze des Anlagenbauers im ersten Quartal zwar wie erwartet leicht gesunken seien, doch habe sich der Auftragseingang spürbar erholt. Im Bewertungsmodell berücksichtige er nun etwas höhere Finanzausgaben.
Ähnlich sieht das Peter Rothenaicher von der Baader Bank. Der Auftragseingänge bei Lackieranlagen und bei der Holzverarbeitungstochter Homag hätten sich im ersten Quartal stark erholt, urteilte der Experte. Umsätze und Gewinne hinkten erwartungsgemäß noch hinterher.
Mit 43 Euro ruft das Analysehaus Kepler Cheuvreux das zweithöchste Kursziel auf und zeigt sich zuversichtlich. Analyst Hans-Joachim Heimbürger attestiert Dürr eine starke Auftragslage, einen grundsoliden Cashflow und eine gute Kostenkontrolle.
Während Sven Weier von der Schweizer Großbank UBS davon ausgeht, dass der Maschinen- und Anlagenbauer in den kommenden Quartalen von einem ausgewogeneren Auftragsmix profitieren könnte, hebt Christian Cohrs von Warburg Research die ermutigenden Zahlen der Tochter Homag hervor.
Unterdessen sieht NordLB-Experte Frank Schwope bei Dürr noch Luft nach oben. "Nach unterm Strich roten Zahlen im Pandemiejahr 2020 sind die Ergebnisgrößen noch nicht wieder zufriedenstellend, wenngleich die Auftragseingänge deutlich zulegen konnten", urteilt der Analyst. Mit Blick auf den gegenwärtigen Geschäftsgang und das aktuelle Bewertungsniveau bleibt Schwope bei seiner "Halten"-Einstufung.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Im laufenden Jahr steht für die Titel in einem freundlichen Gesamtmarkt lediglich ein Plus von knapp drei Prozent zu Buche. Der MDax konnte seit Ende 2020 um fast zehn Prozent zulegen. Mittelfristig sieht es noch schlechter aus: In den zurückliegenden drei Jahren hat die Dürr-Aktie gut ein Fünftel an Wert verloren, während der Index um rund ein Viertel stieg. Auf Zehn-Jahres-Sicht schneidet die Aktie mit einem Plus von mehr als 400 Prozent deutlich besser ab als der MDax, der seit Juni 2011 um rund 200 Prozent angezogen hat.
Der Corona-Crash und die folgenden Marktturbulenzen zogen auch Dürr erheblich in Mitleidenschaft. Anfang Januar 2020 kostete ein Anteilsschein zwischenzeitlich noch rund 33 Euro, ehe ab der zweiten Februarhälfte wegen der Virus-Krise ein heftiger Kurssturz einsetzte. Anfang März kostete die Aktie nur noch weniger als 16 Euro und hatte ihren Wert damit binnen weniger Wochen etwa halbiert.
Danach setzte trotz kleinerer Rücksetzer aber wieder eine kontinuierliche Aufwärtstendenz ein, die seit Ende vergangenen Jahres deutlich an Schwung gewann. Anfang April dieses Jahres kostete eine Aktie wieder rund 38 Euro und damit einiges mehr als vor Beginn der Corona-Krise. Danach ging es jedoch wieder etwas bergab, zuletzt bewegte sich ihr Kurs im Korridor zwischen 33 und 35 Euro.
Von der Rekordmarke von 60,275 Euro, auf die das Papier Anfang November 2017 geklettert war, ist der Kurs damit immer noch meilenweit entfernt. Allerdings beträgt der Abstand zum Tief von rund 1,80 Euro in der Finanzkrise 2009 ebenfalls ein gutes Stück.
In Sachen Börsenwert kommt Dürr momentan auf eine Marktkapitalisierung von rund 2,4 Milliarden Euro. Damit liegt der Maschinen- und Anlagenbauer im Index der mittelgroßen Unternehmen im hinteren Drittel. Etwas mehr als ein Viertel der Anteile gehören dem Unternehmer und Manager Heinz Dürr, der in den neunziger Jahren unter anderem Bahnchef war.
Er ist Enkel des Firmengründers Paul Dürr, der das Unternehmen 1896 gegründet hatte. Heinz Dürr war zwischen 1957 und Ende der 80er-Jahre maßgeblich für die Expansion verantwortlich und brachte das Unternehmen 1990 an die Börse.
dpa-AFX