So heiß wie die aktuellen Sommertemperaturen präsentiert sich auch der Markt für börsengehandelte Indexfonds. Der Absatz­erfolg dieser unter dem Kürzel ETF (Ex­change Traded Funds) bekannten Produkte ist nicht zu stoppen. Daran können auch Börsenturbulenzen und Konjunkturschwäche nichts ändern.

Neu jedoch ist, dass die Favoriten gewechselt haben. Seit einiger Zeit sind jene ETFs besonders beliebt, mit denen Anleger auf Anleiheindizes setzen können. Im ersten Quartal dieses Jahres zog dieses Segment nach Zahlen des Vermögensverwalters Blackrock weltweit 62,2 Milliarden US-Dollar an Nettozuflüssen an - so viel wie nie zuvor in einem Drei-Monats-Zeitraum. Die üblicherweise das meiste Kapital anlockenden Aktienstrategien hatten das Nachsehen. In sie flossen netto "nur" 41 Milliarden Dollar. Weltweit ist das Vermögen in Anleihe-ETFs im Juni erstmals über eine Billion US-Dollar gestiegen. Zum Vergleich: In Aktien-ETFs sind derzeit 4,2 Billionen Dollar investiert.

Das Ende der Fahnenstange ist damit wohl noch nicht erreicht. So erwartet Blackrock-Präsident Rob Kapito, "dass sich das verwaltete Vermögen in An­leihe-ETFs bis zum Jahr 2024 auf zwei Billionen Dollar verdoppeln wird". Das Segment wachse weltweit um 22 Prozent jährlich. Ähnlich beeindruckende Zahlen kann auch Markus Weis, stellvertretender Deutschland-Chef des ETF-­Anbieters Vanguard, vorweisen: "Seit Jahresbeginn sind in unsere europäischen Anleihe-ETFs rund 800 Millionen Euro geflossen. Anfang Januar war dort noch rund eine Milliarde investiert."

In der Tat spricht vieles dafür, dass Anleihe-ETFs die Erfolgsstory ihrer aktienbezogenen Pendants fortschreiben. Denn wie diese bieten sie Anlegern eine einfache und vor allem kostengünstige Möglichkeit, an der Entwicklung von breiten Indizes zu partizipieren.

So bilden Aktien-ETFs die Entwicklung eines Börsenbarometers wie des DAX oder des S & P 500 exakt ab. Dabei kommen sie ohne einen aktiven Fondsmanager aus, der etwa die Anlageverteilung steuern und Einzeltitel über- oder untergewichten würde. Das macht ETFs im Vergleich zu aktiven Fonds deutlich billiger. Auf Standardindizes gibt es inzwischen Produkte, die weniger als 0,1 Prozent Gebühr pro Jahr verlangen. Die meisten aktiv verwalteten Aktienfonds liegen bei 1,5 Prozent und mehr.

Anleihe-ETFs unterscheiden sich im Grunde nicht von ihren Aktien-Pendants, nur dass sie auf Indizes für festverzinsliche Papiere - auch Bonds oder Renten genannt - setzen. Das jedoch ist nicht ganz so trivial, da Anleihe-Indizes oft eine große Zahl von Bonds unterschiedlicher Emittenten sowie verschiedener Laufzeiten und Zinskupons enthalten. Zudem werden manche Anleihen nicht über die Börse gehandelt.

Die ETF-Anbieter greifen deshalb auf die sogenannte Sampling-Methode zurück. Das heißt, dass sie nur einen repräsentativen Teil der im Index enthaltenen Anleihen fürs Portfolio kaufen. Mit diesen Titeln wollen sie die Risiko- und Renditemerkmale des Index so ­exakt wie möglich erfassen. "Das Samp­ling bei Anleihe-Indizes ist eine gängige und gut funktionierende Methode, gegen die nichts einzuwenden ist", sagt Honorar-Anlageberater Davor Horvat, der sich auf Vermögensverwaltung mit ETFs spezialisiert hat. "Schätzungsweise zwei Drittel der Anleihe-ETFs erstellen ihr Portfolio auf diese Weise."

Niedrigzinsen befördern ETFs


Mittlerweile stehen deutschen Anlegern mehr als 340 Produkte zur Verfügung, mit denen sie auf Bond-Indizes setzen können. Diese bilden die wichtigsten Märkte für Staats- und Unternehmensanleihen ab. Aber auch für die riskanteren Segmente des Rentenmarkts wie Hochzinsanleihen oder Schwellenländerbonds gibt es entsprechende ETFs. Dass diese Anlagegattung in den vergangenen Jahren so beliebt geworden ist, liegt vor allem am Zinsumfeld.

So sagt Vanguard-Experte Weis: "Die Ära der Niedrigzinsen macht es für Anleger schwerer, eine hohe Kostenstruktur zu tragen, wie sie viele Rentenfonds am Markt aufweisen." Denn wenn Anleihen per se nur eine geringe Rendite abwerfen, zähle unterm Strich jeder Basispunkt, der nicht für Gebühren draufgehe. Das sei ein entscheidender Faktor für das Wachstum günstiger ETFs.

Zumal aktive Rentenfonds häufig keine Mehrrendite liefern. In einer Untersuchung des Analysehauses Morningstar (Aktiv-Passiv-Barometer) schnitten diese besonders schwach ab im Vergleich zu Indexfonds. "Dies wird übrigens von einer Abstimmung vieler Anleger mit den Füßen begleitet", so Morningstar-Analyst Ali Masarwah. "Immer mehr Investoren wenden sich passiven Rentenfonds zu und stoßen ­aktiv verwaltete Bond-Fonds ab."

Die Entwicklung geht einher mit einer Aufhellung der Perspektiven an den Anleihemärkten. Denn zum einen droht der Weltwirtschaft eine Wachstumsabschwächung. Das lässt die Kurse an den Aktienmärkten stärker schwanken. "Investoren sind dann bestrebt, ihre riskanten Anlagen abzubauen und ihr Geld stärker in Staatsanleihen zu lenken", sagt Markus Weis. "Dabei kommen zunehmend ETFs zum Einsatz."

Zum anderen scheint das Thema steigende Zinsen - eines der größten Risiken für bestehende Anleihen - erst einmal vom Tisch. Denn der Abwärtsschwenk beim Wachstum lässt die Notenbanken äußerst vorsichtig agieren und ihre Geldschleusen weit offen. In den USA erwarten die meisten Markt­beobachter sogar schon wieder sinkende Zinsen in diesem Jahr. Für Anleihen bedeutet das Kursgewinne. Denn die Kurse von Bonds entwickeln sich entgegengesetzt zur Rendite, die im Fall einer Zinssenkung schrumpft.

Hohe Gewinne mit Langläufern


An den Anleihemärkten hat sich das gewandelte Stimmungsbild der Anleger in diesem Jahr bereits deutlich niedergeschlagen. "Die vergangenen Monate brachten vor allem für jene Investoren hohe Erträge, die in Papiere mit langen Laufzeiten investiert waren", sagt Markus Weis. Der Grund: Die Kurse von lang laufenden Anleihen reagieren besonders sensibel auf Zinsänderungen. Das kann einerseits empfindliche Verluste im Fall von Zinserhöhungen bedeuten, aber auch attraktive Gewinne, wenn Anleger vom Gegenteil ausgehen.

Mit ETFs haben Anleger die Möglichkeit, auf bestimmte Marktsegmente des Anleihemarkts zu setzen. Viele aktiv gelenkte Rentenfonds haben in ihren Portfolios dagegen seit Jahren kurz laufende Bonds hoch gewichtet, weil sie von steigenden Zinsen ausgingen.

Unter Risikoaspekten ist das durchaus sinnvoll. So rät auch ETF-Experte Horvat, Anleihen vorrangig als Sicherheitsanker im Depot zu nutzen. "Wer hohe Renditen will, sollte lieber zu Aktien greifen." Horvat empfiehlt für Privatanleger ETFs, die auf Staatsanleihen oder Unternehmen mit hoher Bonität setzen. Dabei seien Bonds vorteilhaft, die in Euro notieren, weil sie ein Fremdwährungsrisiko ausschließen. Ebenso seien kurze Laufzeiten zu bevorzugen. "Auf länger laufende Papiere kann man auch setzen, aber sie sind gefährlicher. Man sollte dann das Zinsumfeld immer im Blick haben", sagt er.

Investor-Info

iShares $ Treasury Bond 20+yr
Für Risikobewusste


Mit diesem ETF setzen Anleger auf US-Staatsanleihen mit Laufzeiten von 20 Jahren und mehr. Deren Kurse legen stark zu, wenn die Leitzinsen sinken. Ein solches Szenario ist in diesem Jahr möglich. Bereits seit November 2018 befindet sich der ETF im Aufwärtstrend. Anleger können auf eine Fortsetzung spekulieren. Das Verlustrisiko ist aber hoch, wenn sich eine Zinserhöhung abzeichnet oder Zinssenkungsfantasien enttäuscht werden. Auch die Gefahr von Währungsverlusten besteht. Nur für risikobereite und wachsame Anleger.

Xtrackers Gl. Aggregate Bond
Breites Weltinvestment


Wer ausgewogener und vor allem sehr breit diversifiziert in Anleihen investieren will, kann zu diesem ETF greifen. Er bildet einen Index ab, in dem mehr als 23.000 Schuldtitel von Staaten und Unternehmen versammelt sind. Dabei werden Papiere aus den Industrie- und Schwellenländern mit Investment-Grade-­Rating berücksichtigt. Der ETF ist nicht währungsgesichert, doch es gibt eine in Euro gehedgte Tranche (ISIN: LU 094 297 079 8).

iShares € Govern. Bond 3-5yr
Baustein für die Defensive


Wer vor allem die defensiven Qualitäten von Anleihen schätzt, findet mit diesem ETF ein passendes Produkt. Der Indexfonds setzt auf europäische Staatsanleihen mit Investment- Grade-Status, sprich erstklassigem Rating. Enthalten sind Papiere mit Laufzeiten von drei bis fünf Jahren. Die Kurse dieser Kurzläufer reagieren nicht so stark auf Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus wie dies bei länger laufenden Papieren der Fall ist. Die Schwankungen dieses ETFs lagen bei circa 1,5 Prozent über die vergangenen fünf Jahre.