Morgan Stanley hat eine Aktienliste erstellt, die Contrarians sehr Gefallen dürfte. Denn sie umfasst 50 europäische Aktien, die als unterbewertet, untergewichtet und unbeliebt einzustufen sind. Diese 3Us sind genau das, wonach querdenkende Anleger suchen, die an der Börse gerne gegen den Strom schwimmen.

Als unbeliebt werden Aktien eingestuft, wenn sich der Kurs bei nur moderaten Umsätzen schlechter entwickelt hat als der Markt. Eine Untergewichtung wird dann unterstellt, wenn mindestens 25 Prozent der Sell-Side-Analysten den Wert als einen Verkauf einstufen.

Dem Kriterium unterbewertet entsprechen Aktien dann, wenn sie an der Spitze einer anderen Auswahlliste auftauchen, die Private Equity Investoren anlocken dürften. Das wird dann unterstellt, wenn sich im Schnitt bei folgenden Punkten eine günstige Bewertung ergibt: Unternehmenswert im Verhältnis zum Anlagevermögen, Freier Cash Flow zum Unternehmenswert, Kurs-Buchwert-Verhältnis, Dividendenrendite sowie Gewinn vor Steuern und Zinsen verglichen mit den Zinsaufwendungen.

Um die Qualifikation zu schaffen, müssen Titel mindestens zwei der drei Us erfüllen. Nicht berücksichtigt wurden außerdem Werte mit einem Börsenwert von unter zwei Milliarden Dollar. Auch ist ein Großteil der ermittelten Aktien nicht mit einer Übergewichten-Empfehlung von Morgan Stanley ausgestattet. Wir haben dies aber als ergänzendes Qualifikationskriterium hinzugenommen und basierend auf diesen Vorgaben jene fünf Titel ermittelt, die ganz oben stehen in der Liste.

Herausgekommen sind dabei ein Einzelhandelsunternehmen aus Großbritannien, ein Fernsehsender aus Frankreich, ein Transport- und Logistikdienstleister aus der Schweiz, eine Versicherung aus Österreich und ein Autobauer aus Deutschland. Auf den nachfolgenden Seiten werden diese Aktien etwas näher vorgestellt.



3U-Aktie Nummer eins: Marks & Spencer Plc. (WKN: 534418, 5,179 Euro)



Ein Strukturwandel, aber auch hausgemachte Probleme führen bei den alteingesessenen britischen Einzelhandelsunternehmen dazu, dass sie in gewissen Schwierigkeiten stecken und folglich auch die Performance ihrer Aktien zu wünschen übrig lässt. Das ist leider auch bei Marks & Spencer der Fall, einem der führenden britischen Einzelhandelsunternehmen. Die bereits 1884 gegründete und auch international aktive Gesellschaft bietet Qualitätsprodukte in den Bereichen Bekleidung, Wohnen, Accessoires, Multimedia, Bürotechnik, Geschenkartikel sowie Lebensmitteln an.

Die mit diesen Produkten erwirtschafteten Ergebnisse konnten zuletzt nur selten überzeugen, aber wenigstens war zum Halbjahr davon die Rede, vor dem Weihnachtsgeschäft wieder wachsen zu wollen und es wurde auch über wieder steigende Umsätze berichtet. Getrübt werden diese Hoffnungsschimmer aber durch einen schwachen Online-Auftritt. Morgan Stanley hat den Titel jüngst trotzdem neu in das europäische Muster-Portfolio aufgenommen. Diese Entscheidung hat auch ganz allgemein damit zu tun, dass man bei britischen Zyklikern jetzt einen günstigen Einstiegszeitpunkt wittert. Hingewiesen wird auch auf den positiven Einfluss, den die sinkenden Energiepreise auf den Konsum haben dürften, zumal dadurch auch die Gefahr einer baldigen Zinserhöhung sinke.

Mit Blick auf die 3U-Kriterien heißt es bei Morgan Stanley, Marks & Spencer sei unbeliebt und unterbewertet. Gemäß dem Analystenkonsens bewegt sich das KGV für 2014 bei 12,4, wobei diese Kennziffer weiter sinken sollte, weil mittelfristig mit Ergebnisverbesserungen gerechnet wird. Die Dividendenrendite ist für das laufende Geschäftsjahr auf ansehnlich 4,32 Prozent zu veranschlagen.



3U-Aktie Nummer zwei: Television Francaise 1 S.A. TV1 (WKN: 873608, 10,65 Euro)



Nach einer zuvor über rund 18 Monate hinweg sehr passablen Performance läuft es für den Aktienkurs von Television Francaise 1 in diesem Jahr alles andere als rund. Für 2014 stehen bisher deutlich Kursverluste zu Buche und das Chartbild gestaltet sich dadurch bei TV1 derzeit wenig inspirierend.

Auch die zum Halbjahr vorgelegten Geschäftszahlen waren nicht gerade dazu angetan, die Anleger zu Jubelstürmen hinzureißen. Das Werbegeschäft kam jedenfalls auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres bei dem französischen Fernsehsender nicht richtig in Fahrt. Im zweiten Quartal bleib der erzielte Umsatz mit 556 Millionen Euro unter den erwarteten 566 Millionen Euro zurück und beim operativen Gewinn ergab sich ein Rückgang von 63,3 Millionen auf 13 Millionen Euro, Das wurde damals mit deutlichen Kursverlusten quittiert und ohne eine Belebung in diesem Bereich dürfte es der 1987 privatisierten Gesellschaft trotz der marktbeherrschenden Stellung auf dem Heimatmarkt zunächst schwer fallen an der Börse durchzustarten.

Dieses Urteil passt zu der Einschätzung von Morgan Stanley, wonach der Titel unbeliebt ist. Außerdem erfüllt der Wert die Kriterien, die sich Private Equity Investoren bei potenziellen Zielunternehmen erhoffen. Am KGV von TF1 kommt das allerdings noch nicht zum Ausdruck, vielmehr ist diese Kennziffer mit gut 24 für 2014 sogar als relativ hoch einzustufen. Doch die Gesellschaft verfügte zuletzt über einen Netto-Barmittelbestand von 500 Millionen Euro. Was die Hoffnung auf eine Sonderausschüttung nährt. Attraktiv ist aber auch schon die Dividende auf regulärer Basis. Werden wie von der Société Générale unterstellt wie für das Vorjahr erneut 0,55 Euro je Aktie ausgeschüttet, ergibt sich daraus eine Rendite von immerhin 5,1 Prozent.



3U-Aktie Nummer drei: Panalpina World Transport Holding AG (WKN: A0F57E, 97,281 Euro)



Der Blick auf den Kursverlauf der Aktie der Panalpina World Transport Holding AG lässt die Einschätzung von Morgan Stanley als zutreffend erscheinen, wonach dieser Titel untergewichtet und unbeliebt ist. Denn die Anteilsscheine des Schweizer Anbieters von Transport- und Logistikdienstleistungen treten nun schon länger per Saldo auf der Stelle, was dafür spricht, dass sie von den Anlegern vernachlässigt werden.

Auch die von dem Spezialisten für interkontinentale Luft- und Seefrachttransporte in der Vorwoche vorgelegten Quartalszahlen dürften zunächst noch keinen nachhaltigen Schub bringen. Die am Markt vorherrschende Einstellung dürfte eher jener von Stefanie Kluge entsprechen. Die Credit Suisse-Analystin kommentierte die jüngsten Ergebnisse wie folgt: "Angesichts anhaltender Preisvolatilität ist abwartende Haltung angezeigt. Wenngleich die Bemühungen des Unternehmens zu einer Trendwende ermutigend sind, warten wir sichtbare Erfolge ab." Für den Hintergrund: Der zweitgrößte Schweizer Logistiker verbuchte in den ersten neun Monaten einen Umsatzrückgang von 1,4 Prozent auf 4,956 Milliarden Franken, der Konzerngewinn kam aber um 11,1 Prozent auf 69,2 Millionen Franken voran.

Der angestrebte Turnaround scheint sich demnach immerhin langsam einzustellen und Vontobel hat sogar die Ergebnisprognosen im Anschluss an die Ergebnisvorlage angehoben und das Kaufvotum bestätigt. Von Barclays wird Panalpina sogar als Topinvestment innerhalb der europäischen Spediteure eingestuft. Allerdings müssen sich zur Rechtfertigung dieser Meinung die erhofften kräftigen Gewinnsteigerungen einstellen. Denn für das laufende Geschäftsjahr bewegt sich das KGV noch bei mehr als 30, was sehr hoch ist.



3U-Aktie Nummer vier: Vienna Insurance Group (WKN: A0ET17, 36,39 Euro)



Einem kleinen Trauerspiel entspricht ganz allgemein die Entwicklung an der Wiener Börse. Die laufende Hausse hat der dortige Aktienleitindex ATX jedenfalls nur bedingt mitgemacht. Etwas besser als der österreichische Aktienmarkt hat sich zwar die Vienna Insurance Group geschlagen, richtig überzeugen konnte aber auch dieser seit langem in einer Seitwärtsrange gefangene Titel nicht.

Charttechnisch gestaltet sich die Ausgangslage somit solange wenig prickelnd, wie die Seitwärtsrange nicht nach oben verlassen werden kann. Operativ und bewertungstechnisch steht der österreichische Versicherungskonzern aber dafür durchaus solide da. Im ersten Halbjahr 2014 verbesserte sich das Ergebnis des auch stark in Osteuropa aktiven Unternehmens um 41 Prozent auf 291 Millionen Euro. Die Prämieneinnahmen stiegen währungsbereinigt um ein Prozent auf rund fünf Milliarden Euro. Die Verwaltungskosten des Konzerns konnten um 4,2 Prozent gesenkt werden. Damit konnte dieser Posten seit dem Jahr 2008 um rund ein Fünftel verringert werden. Gleichzeitig stiegen die abgegrenzten Nettoprämien um rund 25 Prozent.

Die Kapitalausstattung des Konzerns übertrifft die von S&P definierte Richtgröße für AAA. Ein Restrisiko stellen noch die restlichen Abschreibungen auf nachrangige Hypo-Alpe-Adria Anleihen dar, die per Sondergesetz de facto für wertlos erklärt wurden. Von den drei Us erfüllt dieser Titel laut Morgan Stanley die Kriterien unbeliebt und unterbewertet. Die Analysten der Erste Bank beziffern das KGV für 2014 und 2015 auf 11,1 sowie 10,5 und das Kurs-Buchwert-Verhältnis für diese beiden Jahre auf 1,0 und 0,9. Die Dividendenrendite für das laufende Geschäftsjahr wird auf 3,8 Prozent taxiert.



3U-Aktie Nummer fünf: Bayerische Motoren-Werke AG Stammaktien (WKN: 519000, 81,29 Euro)



Autoaktien hatten zuletzt keinen einfachen Stand. Verantwortlich dafür sind unter anderem die Russland-Sanktionen, aber auch die stärkeren Regulierungsbestrebungen in China. Hinzu kommt allgemein die Sorge, eine sich eventuell abschwächende Weltkonjunktur könnte auch das Autogeschäft bremsen. Alles das trug dazu bei, dass selbst bei BMW trotz gut laufender Geschäfte der Aktienkurs in diesem Jahr letztlich nur auf der Stelle tritt.

Unternehmensspezifisch betrachtet lässt sich das auch mit der Befürchtung erklären, bei dem Münchener Automobil- und Motorradbauer könnte das Gewinn-Momentum etwas nachlassen. Um diese Ängste zu dämpfen kommt es darauf an, am 4. November überzeugende Ergebnisse für das dritte Quartal zusammen mit einem zuversichtlichen Ausblick vorzulegen. Mut macht, dass für das abgelaufene Quartal wieder ein Rekordabsatz vermeldet werden konnte. Beim Bankhaus Lampe, wo die im Dax enthaltenen Stammaktien mit einem Kursziel von 110 Euro zum Kauf empfohlen werden, setzen die Analysten zudem auf positive Absatzimpulse durch neue Fahrzeuge wie den MINI, den X4 und den 2er Active Tourer.

In der Morgan Stanley 3U-Liste wird die BMW-Aktie als unbeliebt und unterbewertet ausgewiesen. Das ist bei einer ausbleibenden deutlichen Abschwächung der Weltkonjunktur als nachvollziehbar einzustufen. Das Konsens-KGV bewegt sich für 2014 jedenfalls bei nur 9,1, was für einen sehr gut geführten und zukunftsträchtig aufgestellten Weltkonzern nicht angemessen zu sein scheint. Respektabel ist auch die geschätzte Dividendenrendite von 3,5 Prozent. Charttechnisch gesehen hat sich der Titel allerdings eine Auszeit genommen und ein Kaufsignal wird erst bei dann generiert, wenn der zuletzt gültige Seitwärtstrend nach oben hin verlassen werden kann.