€uro am Sonntag: Materialmangel und Kostenexplosion treffen die Autobauer immer härter. Wie stark schlägt das noch ein?
Helmut Becker: In der aktuellen Situation sind Absatz-, Umsatz- und Beschäftigungseinbußen sicher. Wie stark das noch einschlägt, hängt davon ab, ob der aktuelle Mangel anhält, sich weiter zuspitzt oder ob sich die Lage in absehbarer Zeit normalisiert, bis hin zu möglichen Aufhol-effekten in den restlichen Monaten 2021. Und natürlich davon, inwieweit kompensatorische Preiserhöhungen möglich sind.
Halten Sie diese für durchsetzbar?
VW hat mit Preiserhöhungen schon begonnen. Die anderen werden nachziehen.
Sind die Umsatz- und Gewinnprognosen für 2021 noch realistisch?
Eines ist aus meiner Sicht absolut sicher: Die Umsatz- und Gewinnprognosen für 2021 sind Makulatur, und je nachdem auch für 2022. Die Automobilunternehmen müssen jetzt auf Sicht fahren. Kurz- und mittelfristigen Planungen fehlt inzwischen jede Substanz.
Toyota hat wegen Chipmangel sein Produktionsziel für September um 40 Prozent gekürzt. VW warnt "herstellerübergreifend vor erheblichen Störungen in der weltweiten Fahrzeugproduktion". Können die Ausfälle überhaupt noch aufgeholt werden?
Die Einschränkungen in der Produktion werden sich wohl bis Ende 2022 hinziehen. Wir haben es also mit einer längeren Mangelsituation zu tun. Heute werden Autos unfertig auf Halde produziert. Wann die auf den Markt kommen, ist ungewiss.
Wie könnten die Unternehmen reagieren?
Nur Unternehmen mit einem niedrigem IQ im Management werden auf Zukunftsinvestitionen verzichten. Dann besser die Dividende kürzen. Neue Sparprogramme wird es sicher geben. Die Controller wetzen schon die Messer.