Wie auch sonst im Leben kommt es bei der Geldanlage auf die Perspektive an. Kurzfristig betrachtet war am deutschen Aktienmarkt wenig zu holen. Der DAX tritt per Saldo seit Anfang 2015 auf der Stelle. Zwar markierte der Index in dieser Phase ein Allzeithoch, wenig später tauchte er jedoch wieder unter die 10 000-Punkte-Marke ab, die mittlerweile eine Art Dreh- und Wendepunkt für die 30 Standardwerte darstellt. Der langfristigen Erfolgsbilanz tut die aktuelle Hängepartie keinen Abbruch: Wer 1995 einen Betrag von 10 000 Euro in den DAX investiert hat, konnte sich Ende 2015 über eine Kapitalsumme von knapp 47 500 Euro freuen.

Pro Jahr warf das Investment damit eine durchschnittliche Rendite von 8,1 Prozent ab. Gerade in Zeiten notorisch niedriger Zinsen führt kaum ein Weg an der Anlageklasse Aktien vorbei. Anders als noch 1995 ist es Anlegern heute ohne Weiteres möglich, sich den DAX oder andere Börsen-barometer mit nur einer Transaktion ins Depot zu holen. Zu verdanken ist das der Einführung der Exchange Traded Funds (ETFs). Kurz nach der Jahrtausendwende rief die Deutsche Börse ein spezielles Segment für diese Fondsgattung ins Leben. Das Prinzip der Produkte ist einfach: ETFs bilden den zugrunde liegenden Index passiv, also ohne das Zutun eines Managers, möglichst genau ab. Dabei kommen zwei verschiedene Bauarten zum Einsatz, die swap-basierte sowie die physische Replikation (siehe Glossar Seite 3).

Klarer Kostenvorteil



Neben der simplen Funktionsweise sind die Gebühren ein zentrales Argument für diese Anlageform. Deutsche Bank Markets Research taxiert die durchschnittliche Total Expense Ratio (TER) für börsengehandelte Indexfonds in Europa auf 0,38 Prozent jährlich. "Anleger sparen bei einem ETF im Vergleich zum klassischen Aktienfonds jährliche Kosten von 80 bis 90 Prozent", erklärt Dominique Riedl, Geschäftsführer der Informationsplattform justETF. Diese Eigenschaften ziehen das Kapital förmlich an: Innerhalb von vier Jahren hat sich das Volumen des europäischen ETF-Markts nach Angaben der Deutsche-Bank-Analysten auf zuletzt 454 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.

War das Segment lange Zeit eine Domäne institutioneller Investoren, haben mittlerweile Privatanleger die Vorzüge der Indexfonds für sich entdeckt. Gerade für den langfristigen Vermögensaufbau sind ETFs bestens geeignet. "Mit einem Portfolio aus diesen Produkten lässt sich besonders flexibel auf Veränderungen in der Zielsetzung sowie der persönlichen Lebensverhältnisse eingehen", sagt Riedl. Er verweist außerdem auf die Möglichkeit, breit diversifiziert vorzugehen: "ETFs investieren stets in ganze Märkte und vermeiden damit die Risiken einzelner Titel."

Immer mehr Anleger setzen bei ihrem langfristigen Vermögensaufbau auf Sparpläne. Sie zahlen regelmäßig einen bestimmen Betrag in den börsengehandelten Indexfonds ein. Die Fachzeitschrift "Extra-Magazin" befragt monatlich sechs namhafte Direktbanken zu den Aktivitäten ihrer Kunden. Demnach wurden im Mai erstmals mehr als 250 000 Sparpläne mit ETFs realisiert. Innerhalb eines Jahres hat ihre Anzahl damit um mehr als ein Drittel zugenommen (siehe Diagramm).





"Extra-Magazin"-Herausgeber Markus Jordan rechnet damit, dass die Zahl der Sparpläne noch in diesem Jahr auf 300 000 wächst. "Die Direktbanken sehen in ETF-Sparplänen Instrumente zur Kundengewinnung und -bindung", erklärt er. Mittlerweile seien auch die ersten Geschäftsbanken und einige Sparkassen in dieses Geschäft eingestiegen. Bereits ab einer Rate von 25 Euro lassen sich Sparpläne einrichten. Dabei fallen entweder geringe Sockelbeträge oder pauschale Prozentsätze als Transaktionsgebühren an. Die Tabelle zeigt darüber hinaus, dass nahezu alle Direktbanken zahlreiche Aktions-ETFs im Angebot führen, die Anleger sogar kostenlos besparen können. Anders als bei klassischen Vorsorgeprodukten müssen Anleger allerdings selbst auf die Suche nach geeigneten Indizes respektive Fonds gehen. Für viele Sparer ist der DAX erste Wahl. Allerdings gilt es zu beachten, dass der heimische Aktienindex mit seinen 30 Mitgliedern nicht besonders stark diversifiziert ist. Internationale Indizes wie Stoxx Europe 600 oder MSCI World zeigen eine deutlich breitere Streuung.

Sparer, die über ausreichend freie Mittel verfügen, sollten nicht nur auf den Aktienmarkt setzen, sondern auch Rentenprodukte beimischen. Zwar geht das anhaltende Zinstief mit einem starken Anstieg der Anleihekurse einher, dennoch dürfen gerade bei einer langfristigen Ausrichtung solide Kuponpapiere nicht fehlen.

Wichtige Kennzahlen



Bei der Auswahl einzelner ETFs stellen die laufenden Gebühren ein zentrales Kriterium dar. "Die Kosten sind der einzige Faktor, mit dem der Anleger bereits heute mit großer Sicherheit seine Bilanz in der Zukunft verbessern kann", sagt Experte Riedl. Allerdings reicht das Kriterium "billig" allein nicht. Ein passiver Fonds sollte bewiesen haben, dass er den Referenz-index bestmöglich abbildet. Diesbezüglich kann der Tracking Error (siehe Glossar Seite 3) einen bedeutenden Fingerzeig geben.

Wichtig ist zudem das verwaltete Vermögen. Je mehr Kapital der ETF eingesammelt hat, desto liquider läuft in der Regel der Börsenhandel. Zum Ausdruck kommt dies in einer möglichst kleinen Differenz zwischen An- und Verkaufskurs - im Fachjargon Spread genannt. "Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass ein größerer Fonds geschlossen wird und dadurch steuerliche Nachteile entstehen", ergänzt Riedl.

Auf den folgenden Seiten stellt BÖRSE ONLINE sechs ETFs vor, die die Redaktion für besonders geeignet hält, um längerfristig Vermögen aufzubauen. Wir porträtieren vier Aktien- und zwei Rentenfonds, die sparplanfähig sind und die nötige kritische Masse erreicht haben. Außerdem punkten sie mit günstigen Gebühren und basieren auf etablierten, relativ simplen Indizes. Egal, ob Sie für den eigenen Ruhestand sparen oder Geld für Kinder oder Enkelkinder zur Seite legen möchten: Diese ETFs sollten zu jeder Lebenslage passen.





Glossar



Assets under Management (AuM):

Summe des durch die ausgegebenen Fondsanteile verwalteten Vermögens.

Ertragsverwendung:

Ausschüttende ETFs geben ihre Erträge, insbesondere die Dividenden der Indexmitglieder, regelmäßig an die Anleger weiter. Dagegen stecken thesaurierende Produkte die Erträge direkt wieder in das Fondsvermögen. Für die langfristige Vermögensplanung sind thesaurierende ETFs sinnvoller, nicht zuletzt wegen des Zinseszinseffekts.

Physische Replikation:

Der Fonds kauft sämtliche Wert-papiere des zugrunde liegenden Index und gewichtet diese analog zum Barometer. In bestimmten Fällen, insbesondere bei Indizes mit sehr vielen Mitgliedern, greifen die Fondshäuser zu einer Optimierungsmethode und halten nur einen exemplarischen Teil des jeweiligen Referenzindex.

Swap-basierte Replikation:

Ein ETF hält Wertpapiere, die nicht zwingend etwas mit der Benchmark zu tun haben. Die Rendite aus diesem Portfolio gibt er an eine Gegenpartei weiter. Diese liefert im Tausch die Index-performance. Die Methode greift in Märkten, die sich physisch nicht oder nur schwer abbilden lassen. Wegen der Gefahr, dass eine Gegenpartei ausfallen könnte, ist sie umstritten.

Total Expense Ratio (TER):

Neben den Verwaltungs- und Betriebskosten enthält diese Kennzahl Aufwendungen des ETF für die Indexabbildung sowie die Erfüllung rechtlicher Anforderungen.

Tracking Error:

Standardabweichung des Renditeunterschieds zwischen ETF und Benchmark.



DAX: Die deutsche Börsenelite im Paket



Beim Deutschen Aktienindex kommt der Konkurrenzkampf im ETF-Markt deutlich zum Ausdruck. Fünf verschiedene Häuser handeln an der Deutschen Börse passive DAX-Fonds. Dabei beträgt die jährliche Total Expense Ratio (TER) durchweg weniger als 0,20 Prozent. Bei zwei Varianten bewegt sich der Satz sogar im einstelligen Basispunktebereich. Den günstigsten ETF bietet Comstage an. Die Marke der Commerzbank veranschlagt für das passive Investment in die 30 größten Standardwerte des Landes eine Gebühr von 0,08 Prozent jährlich. Der Fonds sticht hinsichtlich der Replikationsmethode heraus. Comstage bildet den DAX als einziger Anbieter mithilfe von Swaps ab. Wegen der relativ kleinen Mitgliederzahl des Referenz-index setzt die gesamte Konkurrenz auf die physische Replikation. Der Eignung des vor knapp acht Jahren aufgelegten Comstage-Fonds für die langfristige Vermögensplanung tut dies jedoch keinen Abbruch - zumal Anleger derzeit bei mehreren Direktbanken gebührenfreie Sparpläne für den 731 Millionen Euro schweren ETF einrichten können.



Europäische Aktien: Optimaler Gradmesser für den alten Kontinent



Wenn in den Medien vom europäischen Aktienmarkt berichtet wird, fehlt in der Regel der aktuelle Stand des Euro Stoxx 50 nicht. Allerdings gibt es einen Index, der die Börsensituation auf dem Kontinent treffender beschreibt: der Stoxx Europe 600. Er beschränkt sich nicht auf die Standardwerte aus dem Gebiet der Währungsunion, sondern deckt neben den Konzernen mit großer Marktkapitalisierung auch die mittelgroßen und kleinen börsennotierten Unternehmen ab. Die 600 Mitglieder stammen aus 18 verschiedenen europäischen Ländern. Aktuell gibt Großbritannien mit einer Gewichtung von gut 30 Prozent den Ton an. Es folgen Frankreich, die Schweiz und Deutschland - auch dieses Ländertrio ist jeweils prozentual zweistellig in dem Börsenbarometer vertreten. Die breite Aufstellung sorgt dafür, dass der Stoxx Europe 600 deutlich weniger stark schwankt als etwa der Euro Stoxx 50. In puncto Wertentwicklung muss er sich dennoch nicht verstecken. Mit einem ETF von db X-trackers können sich Anleger die "Europa-Auswahl" kostengünstig ins Portfolio holen.





Globale Aktien: Globaler Index mit starker Jubiläumsbilanz



Am 31. März feierte der MSCI World seinen 30. Geburtstag. Seit der Einführung hat sich dieser Index als gängiger Gradmesser für die globalen Aktienmärkte etabliert und dokumentiert, dass sich Investments in internationale Aktien lohnen: Zum Jubiläum notierte der Index bei mehr als dem Fünffachen seines Startwerts. Über 1 600 Aktien aus 23 entwickelten Ländern sind aktuell enthalten. Insofern ist der Index für eine langfristige und global ausgerichtete Anlage prädestiniert. Ein für dieses Kalkül bestens geeignetes Vehikel kommt von iShares. Der Branchenprimus packt den MSCI World gegen eine Gebühr von 0,20 Prozent pro Jahr in den ETF-Mantel. Allerdings kauft er nicht sämtliche Mitglieder des Referenzindex, vielmehr dominieren US-Schwergewichte wie Apple und Microsoft. iShares nutzt das sogenannte Optimised Sampling: Dabei werden mithilfe von Optimierungsverfahren wenige Titel gekauft, die die Indexperformance stark beeinflussen. Aktuell stecken über sechs Milliarden Euro in dem Fonds, der damit zu den zehn größten ETFs der Welt zählt.



Schwellenländer: Direktzugang zu einem speziellen Segment



Kurzfristig gab es für Investoren in den Schwellenländern nichts zu holen: Der MSCI-Emerging-Markets-Index notiert auf Sicht von fünf Jahren deutlich im Minus. Bei der Betrachtung eines längeren Zeitraums zeigt sich jedoch, dass es sinnvoll ist, dieses Kapitalmarktsegment bei der Vermögensplanung zu berücksichtigen. Seit Ende 2000 warf der Schwellenländerindex eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,7 Prozent ab und erzielte damit eine Outperformance von mehr als vier Prozentpunkten gegenüber dem globalen Aktienspektrum. Wer sich das Börsenbarometer über einen ETF ins Depot legt, positioniert sich in mehr als 800 Unternehmen aus 23 aufstrebenden Märkten. Dass China den Ton angibt, ist wenig überraschend. Das größte Schwellenland steuert gut ein Viertel zum Index bei. Den günstigsten sparplanfähigen Indexfonds auf den MSCI Emerging Markets führt Comstage im Angebot. Er bietet eine gute Möglichkeit, diversifiziert darauf zu setzen, dass die aufstrebenden Länder gegenüber den entwickelten Industrie-nationen weiterhin Boden gutmachen.





Staatsanleihen: Großes Spektrum an soliden Schuldtiteln



Im Herbst 2008 lancierte db X-trackers den ETF auf den Global Sovereign Index. Ziel dieser Benchmark ist es, den globalen Markt für Staatsanleihen weitestgehend abzudecken. Infrage kommen hierfür nur die Schuldtitel von Industrieländern mit einem Rating im Investment-Grade-Bereich. Zudem lässt die Methodik ausschließlich Papiere zu, die von einem Staat in seiner nationalen Währung ausgegeben wurden. Per 30. Juni waren 943 Anleihen von 21 verschiedenen Schuldnern im Index enthalten. Die USA und Japan dominieren: Sie steuerten zum Stichtag nahezu zwei Drittel bei. Im Vergleich dazu fällt der Anteil der Bundes-republik Deutschland mit 4,5 Prozent bescheiden aus. Ein Blick auf die Kursentwicklung zeigt die seit Jahren an den globalen Rentenmärkten vorherrschende Hausse: Gegenüber dem zur Auflage fixierten Niveau verteuerte sich der ETF um rund 40 Prozent. Natürlich sind vor diesem Hintergrund Rücksetzer nicht ausgeschlossen. Auf lange Sicht eignet sich der Fonds dennoch gut als Beimischung für den diversifizierten Vermögensaufbau.



Unternehmensanleihen: Minirendite gegen das Dauerzinstief



Während die Renditen solider Staatsanleihen in vielen Fällen in den negativen Bereich abgetaucht sind, werfen Unternehmensbonds mitunter noch kleine Erträge ab. Das zeigt der iBoxx EUR Liquid Corporates Index. Er setzt sich aus 125 Euroanleihen von Unternehmen zusammen, die über ein Investment-Grade-Rating verfügen. Auf Sicht von fünf Jahren hat sich der Index um gut ein Viertel verteuert. Gleichwohl zeigt er noch eine Rendite von immerhin 0,53 Prozent. Dominiert wird die Benchmark von niederländischen Schuldnern mit einer Gewichtung von insgesamt 23 Prozent. Allein die Rabobank aus Utrecht ist mit drei Anleihen unter den zehn größten Einzelpositionen zu finden. Tonangebend sind zudem Unternehmen aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland und den USA mit einem kumulierten Indexanteil von mehr als 50 Prozent. Nach einer kleinen Delle zum Jahresanfang zog das Interesse an dem von Lyxor aufgelegten ETF auf den Anleiheindex wieder an. Im Juni waren knapp 1,1 Milliarden Euro in den Fonds investiert, so viel wie noch nie.