Kaum eine Woche vergeht, in der es nicht irgendein Institut oder Beratungsunternehmen mit Zahlen zu neuen Immobilienhöchstpreisen oder mit dem nächsten Preisblasen-Alarm in die Schlagzeilen schafft. Dabei ist nicht jede Erhebung für Anleger erhellend und manchmal widersprechen sich die Kernbotschaften der Absender gewaltig. Insbesondere dann, wenn es um die Frage geht, wie lange die Wohnungspreise in vielen angesagten Städten hierzulande noch steigen und ob die Preisblase bald platzt, so es denn eine gibt.
Ein Beispiel: Vergangene Woche alarmierte zunächst die Großbank UBS mit der Nachricht, weltweit sei das Preisblasenrisiko für Wohnungen nirgendwo so hoch wie in München. Dazu muss man wissen: Unter "weltweit" verstand die UBS gerade mal 24 Großstädte. Tags darauf präsentierte der Dienstleister Dr. Lübke & Kelber Zahlen zur Preis- und Mietentwicklung bei Wohnungen in Deutschland. Eines der Ergebnisse: Das Kaufrisiko in München sei sehr gering.
Wohnungen in München: Sicheres Investment oder stark preisblasengefährdet?
Da wundert es nicht, dass auch auf der Expo Real, die zum 22. Mal in besagtem hochexplosiven oder besonders sicheren München stattfand, viel darüber diskutiert wurde, welche Immobilien-Investments noch lohnen und wovon man besser die Finger lässt. Da es sich bei dem Format mit diesmal mehr als 46 000 Teilnehmern aus 76 Ländern und knapp 2200 Ausstellern auf 45 Ländern um Europas größte Immobilienmesse handelt, ist nicht erstaunlich, dass sich dort in Kreisen von Projektentwicklern, Finanzierern und zum Beispiel Fondsanbietern höchst unterschiedliche Ratschläge sammeln ließen.
Wer Immobilien lange hält, kann auch teuer einkaufen
Gabriele Volz, Chefin der Unicredit-Tochter Wealthcap, brachte unlängst einen geschlossenen Publikumsfonds mit drei deutschen Bürohäusern auf den Markt. 3,5 Prozent Ausschüttung im Jahr soll er den Anlegern bringen. Solcherlei hätte vor drei Jahren noch als vollends unverkäuflich gegolten, jetzt aber sagt Volz, im Nullzinszeitalter sei solch eine Rendite attraktiv. Sie setzt generell weiterhin primär auf Büro- und Handelsobjekte. "Wir haben keine totalen No-Gos außer Shoppingcenter", erklärt sie. Diese Einkaufstempel hält sie im Zeitalter des weiter wachsenden Onlinehandels für zu unsicher.
Gegen die Furcht vor zu hohen Preisen und infolgedessen dem Risiko, Geld zu verlieren, sobald diese Preise nachgeben, setzt Volz ein Prinzip, das ansonsten vor allem Aktionäre kennen: "Die Frage ist, ob man Zeit hat, mit dem Verkauf zu warten." Soll heißen: Wer heutzutage teure Immobilien einkauft, sollte im Stande sein, sie notfalls sehr lange zu halten, um bei zeitweiligen Preisrückgängen oder gar einem Preisabsturz keine Verluste realisieren zu müssen.
Geschlossene Fonds mit Pflegeheimen und Australien-Immobilie
Verifort (früher Fairvesta) setzt demnächst erst mal nicht auf Bürohäuser, sondern kündigte auf der Expo Real einen Pflegeheimfonds für Privatanleger an, der mindestens 4,5 Prozent im Jahr bringen soll. Das passt zu dem generellen Befund auf der Messe, dass dort vergleichsweise viel über Seniorenimmobilien gesprochen wurde. Also Pflegeheime, betreutes Wohnen und Angebote mit ambulanter Pflege. Einer der größten Entwickler in diesem Genre, die von Michael Held geführte Berliner Terragon, konnte sich vor Anfragen kaum retten.
Die BayernLB-Tochter Real I.S. wiederum hat derzeit einen geschlossenen Australienfonds mit einer Büroimmobilie in der Down-Under-Hauptstadt Canberra im Angebot. Er soll 4,75 Prozent im Jahr bringen. Aufsehenerregender fiel jedoch die kurz vor der Messe bekannt gewordene Nachricht von Vorstandschef Jochen Schenk aus, demnächst erstmals einen offenen Europa-Fonds ins Angebot zu nehmen, der sich auf Gewerbeimmobilien (Büro, Handel, Logistik) konzentriert und jährlich mindestens zwei Prozent bringen soll.
Real-I.S.-Chef Schenk fordert neuartige "geschlossene Sondervermögen" für Privatanleger
Schenk nutzte die Messe dazu, neben den bei Privatanlegern längst bekannten Produktgattungen offener und geschlossener Fonds eine dritte Spezies vorzuschlagen. Noch in diesem Monat will er über den Lobbyverband Zentraler Immobilien Ausschuss eine Offensive für die Produktgattung "geschlossenes Sondervermögen" starten, eine Art Hybrid der bisherigen Gattungen.
Die wesentlichen Gründe für seinen Vorstoß sind diese: Ein geschlossenes Sondervermögen müsse nicht wie ein offener Fonds viel Liquidität vorhalten, um Anteilsscheinrückgaben finanzieren zu können. Viel Liquidität bedeutet im Nullzinsumfeld: Sie bringt keine Rendite, sondern kostet welche. Zweiter Punkt: Die neue Produktart hätte die Eigenschaften eines Wertpapiers. Sie würde also viel weniger verwaltungsaufwendig und obendrein leichter handelbar sein. Für diese Produktart, die - vereinfacht gesagt - das Beste aus den beiden Welten von offenen und geschlossenen Fonds miteinander verbindet, müsste das Kapitalanlagegesetzbuch nur an wenigen Stellen geändert werden.
Schenk sieht in geschlossenen Sondervermögen die Chance, vor dem Hintergrund von Klimaschutzvorgaben Privatanleger damit in Energieinfrastruktur investieren zu lassen. "Offene Infrastrukturfonds gibt es nicht", betont der Real-I.S.-Chef. Das heißt, für Investments in Windkraftanlagen, Pumpspeichertechnik oder die Stromnetzinfrastruktur sei diese neue Produktart sinnvoll. Hier passe eine Anlagedauer von vielleicht zehn oder 15 Jahren bei zugleich gegebenen Möglichkeiten, seine Beteiligung jederzeit weiterzuverkaufen. Und, ganz nebenbei: "Diese Produktlinie ist auch für Immobilien geeignet."
Anlagetipps: Bezahlbares Wohnen und geförderter Wohnungsbau
Für Wohnungen in Deutschland interessierten sich auf der Messe so viele Teilnehmer wie noch nie. Auf Investorenseite waren unter anderem die Commerz Real mit ihrem offenen Riesenfonds Hausinvest und Swiss Life mit einem neuen offenen Wohnungsfonds vertreten. Wie gehen solche professionellen Anbieter mit den gestiegenen Preisen und Regulierungen wie der Mietpreisbremse oder dem angekündigten Mietendeckel in Berlin um? "Wir investieren in Objekte, für die man sich auch in zehn Jahren nicht schämt", sagt Mario Schüttauf, Manager des Hausinvest. Die also langfristig attraktiv bleiben. Er empfiehlt insbesondere staatlich geförderten Wohnungsbau als Investment.
Die zunehmenden Regulierungen stören ihn nicht. "Wir gehen damit einfach um." Dass er das ernst meint, illustriert eine Zahl: Er will mit dem Hausinvest in den nächsten drei bis fünf Jahren bis zu drei Milliarden Euro in Wohnungen stecken - und zwar sowohl in Neu- als auch in Bestandsbauten. Ganz ähnlich Christine Bernhofer von Swiss Life. "Wir preisen regulatorische Begrenzungen ein", erklärt die Managerin. Sie setzt auf bezahlbares Wohnen, worunter sie im Wesentlichen Wohnungen versteht, die im Monat acht bis zwölf Euro Miete pro Quadratmeter kosten. Ausnahme nach oben wäre zum Beispiel München. Dort gälten je nach konkreter Lage auch Mieten von 15 oder 16 Euro als bezahlbares Wohnen.
Swiss-Life-Managerin: "Ich wüsste nicht, woher eine Preisblase kommen sollte."
Bleibt noch die Frage nach einer generellen Preisblase bei Wohnungen. Gibt es nun eine, oder gibt es keine? "Ich wüsste nicht, woher die kommen sollte", sagt Bernhofer. "Die Leute ziehen dorthin, wo Arbeitsplätze sind. Die wohnen da." Also gebe es dort keine Leerstände. Ergo auch keine Blasengefahr, ist sie überzeugt. Jedenfalls, solange die Arbeitsplätze dort bleiben.