Wegen des anstehenden "Super-Donnerstag", an dem die Europäische Zentralbank (EZB) über ihre Geldpolitik berät und die Briten ein neues Parlament wählen, scheuten viele Anleger allerdings größere Engagements.

Der Euro verlor am Mittag binnen Minuten mehr als einen halben US-Cent auf bis zu 1,1205 Dollar, nachdem die Nachrichtenagentur Bloomberg gemeldet hatte, die EZB werde ihre Inflationsprognosen für die kommenden Jahre auf jeweils etwa 1,5 Prozent senken. Im März hatten die Währungshüter für 2017, 2018 und 2019 noch Teuerungsraten von 1,7 Prozent, 1,6 Prozent beziehungsweise 1,7 Prozent vorhergesagt. Es sei zwar eine Anpassung der Prognosen zu erwarten gewesen, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Aber für einige komme die Kürzung der langfristigen Schätzungen offenbar überraschend.

Die EZB pumpt derzeit 60 Milliarden Euro monatlich in die Finanzmärkte, um die Konjunktur anzukurbeln und die Inflation in Richtung ihres Zielwertes von knapp zwei Prozent zu treiben. Nachlassende Spekulationen auf eine baldige Drosselung der EZB-Anleihekäufe gaben den Kursen der Bonds Auftrieb. Im Gegenzug fiel die Rendite der zehnjährigen Bundespapiere auf ein Sieben-Wochen-Tief von 0,244 Prozent.

OHRFEIGE DES VERFASSUNGSGERICHTS FÜR DEN BUND



Am deutschen Aktienmarkt griffen Investoren bei RWE und E.ON beherzt zu. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die von 2011 bis 2016 erhobene Kernbrennstoffsteuer für verfassungswidrig und nichtig. Damit winken den Unternehmen milliardenschwere Rückzahlungen. "Jetzt können sich E.ON und RWE über einen Geldsegen freuen, der ihnen bei der Restrukturierung sicher gerade recht kommt", sagte ein Händler. Zudem sei der Geldsegen bislang nicht in den Schätzungen der Analysten berücksichtigt. E.ON stiegen um bis zu 6,2 Prozent auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 8,55 Euro und RWE waren mit 19,84 zeitweise sogar so teuer wie zuletzt vor knapp zwei Jahren.

Positiv werteten Börsianer den Notverkauf der kriselnden Banco Popular an den Konkurrenten Santander für den symbolischen Preis von einem Euro. Der Index für die Banken der Euro-Zone gewann 1,3 Prozent. "Als eigenständiges Institut stand Banco Popular vor dem Zusammenbruch", sagte Mike van Dulken, Chef-Analyst des Brokerhauses Accendo Markets. "Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kann der Kollaps jeder Bank eine Kette von Ereignissen auslösen, der den gesamten Sektor in Panik versetzt." Die Aktien von Santander gaben allerdings 1,3 Prozent nach. Das größte spanische Geldhaus muss sieben Milliarden Euro frisches Kapital aufnehmen, um die Löcher in der Bilanz der Banco Popular zu stopfen.

BRITEN-WAHL UND COMEY-ANHÖRUNG IM BLICK



Am Tag vor der Wahl zum britischen Unterhaus stagnierte das Pfund Sterling bei 1,2913 Dollar. "Ob die amtierende Premierministerin Theresa May die Sache für sich entscheiden kann, ist weiterhin offen", sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. "Es spricht zwar vieles dafür, aber spätestens seit dem Juni vergangenen Jahres sollte man bei den Briten auf alles gefasst sein." Damals hatte sich beim Referendum überraschend eine Mehrheit für den Ausstieg aus der EU entschieden.

Gespannt warteten Anleger zudem auf die Anhörung des geschassten FBI-Chefs James Comey, die ebenfalls für Donnerstag angekündigt war. Neue Enthüllungen zu den Russland-Kontakten des Präsidenten Donald Trump könnten die Hoffnungen auf baldige US-Steuersenkungen und Konjunkturprogramme - der Motor hinter der Börsenrally der vergangenen Monate - zunichtemachen, warnten Marktbeobachter.

rtr