EZB-Chef Mario Draghi verwies auf zahlreiche Risiken für die Konjunktur - etwa den Handelsstreit oder Turbulenzen an den Finanzmärkten. Daher sollen die Zinsen weiterhin auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent bleiben.
Falls erforderlich kann die Notenbank zudem bei den Wertpapierkäufen noch einmal nachlegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte der EZB erst diese Woche eine Art Freifahrtschein für die Transaktionen ausgestellt. Die Richter in Luxemburg hatten geurteilt, dass diese nicht gegen das EU-Recht verstoßen. Sie gehörten zur Geldpolitik und seien durch das Mandat der EZB gedeckt. Mit ihnen werde auch keine monetären Staatsfinanzierung betrieben.
Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer ZEW-Institut kritisierte das Timing der Beschlüsse. Die EZB beende ihre Staatsanleihenkäufe zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Konjunkturperspektiven wieder verdunkelten. "Das bedeutet, dass mit einem Abbau der Anleihebestände in der Zentralbank-Bilanz auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann." Es sei eher wahrscheinlich, dass der Beschluss nur eine Unterbrechung der Käufe bedeute. "Alle warten auf das Christkind, die EZB verschiebt die Bescherung", sagte Chefvolkswirt Uwe Burkert von der Landesbank Baden-Württemberg. Sie halte sich sämtliche Möglichkeiten offen.
Die nicht besonders optimistischen Äußerungen Draghis versetzten dem Euro einen Dämpfer. Die Gemeinschaftswährung verbilligte sich um 0,3 Prozent auf 1,1336 Dollar.
KONJUNKTURPERSPEKTIVEN WERDEN DÜSTERER
Die Wirtschaft im Euro-Raum war im dritten Quartal so schwach gewachsen wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr. Draghi zufolge sind daher immer noch erhebliche Hilfen der EZB nötig. Die hauseigenen EZB-Volkswirte korrigierten ihre Wachstumsprognosen für die Euro-Zone erneut nach unten. Danach dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 1,9 Prozent und 2019 um 1,7 Prozent zulegen. Noch im September hatten sie jeweils 0,1 Punkte mehr erwartet.
Die inzwischen auf 2,6 Billionen Euro angeschwollenen Anleihenkäufe sind seit März 2015 das wichtigste Instrument der Notenbank, um die Konjunktur in Schwung zu bringen und die Inflation anzuheizen, die aus Sicht der EZB lange Zeit zu niedrig war. Und auch jetzt ist laut Draghi die Teuerung immer noch zu gering. In den nächsten Monaten sei mit einem Rückgang zu rechnen. Allerdings lag die Inflation im November mit 2,0 Prozent bereits den sechsten Monat in Folge leicht über dem Ziel der EZB, die knapp unter zwei Prozent als Idealwert anstrebt.
Nach Schätzungen der Allianz müssen 2019 Gelder im Volumen von rund 165 Milliarden Euro aus fällig werdenden Anleihen wiederangelegt werden. Ein konkretes Enddatum für diese Reinvestitionen nannte Draghi nicht. Er kündigte aber an, dass diese auch noch nach dem Start der Zinserhöhungen für längere Zeit und solange wie notwendig fortgeführt werden sollen. Die amerikanische Fed hatte rund zwei Jahre gewartet, bevor sie nach der ersten Zinserhöhung begann, ihre seit der Finanzkrise angeschwollene Bilanz zu verringern.
Die EZB bestätigte zudem, dass sie ihre Schlüsselzinsen noch bis mindestens über den Sommer 2019 hinaus nicht antasten will. Die meisten Volkswirte erwarten erst 2020 die erste Leitzinserhöhung seit 2011. Vor einigen Wochen war damit noch gegen Ende 2019 gerechnet worden. Draghi zufolge sprachen die Währungshüter auf ihrer jüngsten Sitzung auch über eine Neuauflage langfristiger Geldspritzen für Banken. Allerdings sei das nicht im Detail diskutiert worden. Die EZB hatte 2016 eine Serie solcher Darlehen aufgelegt, um die Kreditvergabe anzukurbeln.
rtr