Noch im Dezember hatte es die Fed ganz anders gesehen und zwei Erhöhungen für 2019 avisiert: "Sie hat die weitere Normalisierung der Geldpolitik abgeblasen. Das ist ein Paukenschlag mit Tusch - und riecht ein wenig nach Panik", meint Chefvolkswirt Otmar Lang von der Targobank. Manche Experten rechnen sogar damit, dass schon bald wieder über eine Lockerung der Geldpolitik gesprochen wird: "Der Flirt mit Leitzinssenkungen wird im zweiten Halbjahr wohl beginnen", prophezeit Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe.
Zu der vorläufigen Abkehr vom Kurs der geldpolitischen Straffung passt auch, dass die Fed die im Herbst 2017 begonnene Abbau-Operation ihrer Bilanz bis Ende September weitgehend abschließen möchte. Ende 2019 wird der Umfang des Portfolios laut Powell noch rund 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen. Damit läge es auf einem weit höheren Niveau als vor der Finanzkrise mit damals 800 Milliarden Dollar, was etwa sechs Prozent des BIP entsprach.
Zwischenzeitlich war die Bilanz im Kampf gegen die zurückliegende Wirtschaftskrise durch Wertpapierkäufe auf rund 4,5 Billionen Dollar angewachsen. Mittlerweile wurde sie wieder auf unter vier Billionen Dollar eingedampft. Die Fed hatte mit den Käufen von Staatsanleihen, Hypothekenpapieren und anderen Vermögenswerten mit dafür gesorgt, dass sich die Wirtschaft nach der 2007 einsetzenden Finanzkrise aus der Rezession löste und auf Wachstumskurs ging. Zudem ermöglichte die Geldflut der Wall Street einen anhaltenden Höhenflug.
Dass die Notenbank nun die Pausentaste bei den Zinsen drückte, kam an der Wall Street nur vorübergehend gut an: Nach dem Zinsentscheid machten die US-Börsen Verluste wett. Zum Handelsschluss gab der Standardindex Dow Jones aber wieder nach.
POWELL VERWEIST AUF "RISIKEN"
Auch die absehbare Abkühlung der Wirtschaft ist ein Grund für die Fed, geldpolitisch vorsichtig zu agieren: Wegen der schwächeren Weltkonjunktur, dem Handelskonflikt mit China und dem nachlassenden Rückenwind durch US-Steuererleichterungen im Volumen von 1,5 Billionen Dollar haben sich die Aussichten zuletzt eingetrübt. Powell bezeichnete den Handelsstreit und den Brexit explizit als Risiken, die die Währungshüter genau im Auge behielten. Die Experten von Goldman Sachs rechnen im laufenden ersten Quartal nur noch mit einem Anstieg des US-Bruttoinlandsprodukts von annualisiert 0,6 Prozent. Im vierten Quartal 2018 hatte es noch zu 2,6 Prozent gereicht. "Die Währungshüter wollen wirklich abwarten und sehen, wie sich die verschiedenen Risiken entwickeln - genau, wie es Powell im Januar zugesichert hat", meint Ökonom Nathan Sheets vom Vermögensverwalter PGIM.
Auf der anderen Seite des Atlantiks hatte die Europäische Zentralbank zuletzt ihre Wachstumsprognose ebenfalls gekappt und zudem die Abkehr vom Nullzins weiter hinausgeschoben. Auch hier verdüstern die Handelskonflikte der USA und der heraufziehende Brexit die Wirtschaftsperspektiven. Während die EZB per Mandat nur für stabile Preise sorgen soll, ist die Fed überdies mit der Förderung der Vollbeschäftigung beauftragt. Dieses Ziel hat sie praktisch erreicht, auch wenn der Job-Motor zuletzt ins Stottern geraten ist. Die Regierung meldete für Februar nur 20.000 neue Stellen - die schwächste Zahl seit September 2017
Bei der Inflation achtet die Fed besonders auf Preisveränderungen bei persönlichen Verbraucherausgaben, bei denen Energie- und Nahrungsmittelkosten ausgeklammert werden. Hier lag die Steigerungsrate zuletzt bei 1,9 Prozent und damit unter dem Fed-Ziel von zwei Prozent. Powell betonte, angesichts des bisherigen Booms der US-Wirtschaft sei das Ziel "nicht überzeugend erreicht". Dies sei einer der Gründe, warum die Fed nun geldpolitisch "geduldig" agiere.
rt