Persönliche Beratung in holzgetäfelten Sitzungszimmern mit goldenden Wanduhren und edel gepolsterten Stühlen - so kümmern sich Privatbanken bisher um die Vermögen ihrer Kunden. Doch künftig reicht denen vielleicht ein Tablet-Computer am Küchentisch - das Internet erobert die Vermögensverwaltung. Während Online-Banking im Massengeschäft für private Bankkunden nicht mehr wegzudenken ist, bahnt sich die Revolution im traditionellen Private-Banking erst an. Kleine Online-Finanzdienstleister, sogenannte Fintechs, stoßen in das Geschäft vor. Branchenriesen wie UBS arbeiten bereits selbst an der Entwicklung einer Online-Plattform. Kleinere Privatbanken warten lieber ab. Viele von ihnen haben nicht die Mittel, in eigene Internet-Angebote zu investieren und setzen wohl oder übel weiter auf persönliche Beratung - in der Hoffnung, dass die Kunden ihren Banker auch künftig noch gerne persönlich treffen.

Der persönliche Kundenkontakt war bisher das Credo in der Branche. Im Wettstreit mit der Konkurrenz definieren sich die Vermögensverwalter gerne über die Zahl ihrer Berater, die der Kundschaft bei millionenschweren Anlageentscheidungen zur Seite stehen. Doch mit dem Vormarsch des Internets fassen in dem für die Banken profitablen Geschäft zunehmend Fintechs Fuß: Sogenannte Robo-Advisers setzen auf ausgeklügelte Computerprogramme, die den Vermögensplan der Kunden mit Hilfe eines Algorithmus errechnen. Persönliche Beratung ist nicht mehr vorgesehen - dafür sind die Gebühren oft nur halb so hoch wie bei der alteingesessenen Konkurrenz.

Dieser Kulturwandel hat die Branche Experten zufolge bereits erfasst. "Kunden fragen nach mehr Digitalisierung", sagt Andreas Toggwyler von der Beratungsgesellschaft EY. In der Schweiz - der Hochburg des Private Bankings - ist die vom ehemaligen Fondsmanager Felix Niederer gegründete Firma TrueWealth 2014 angetreten, um etablierten Instituten Kunden abzujagen. Sie sammelte bis vor kurzem 34 Millionen Franken ein. "Das Thema Fintech hat eingeschlagen. Das hat die Branche wachgerüttelt", sagt Niederer.

Auch in Großbritannien und Deutschland blasen Unternehmen wie Nutmeg und der zur Quirin Bank gehörende Anbieter Quirion zum Angriff auf die Branche, die von Riesen wie UBS, Credit Suisse, der Deutschen Bank oder Morgan Stanley dominiert wird. Das von ihnen verwaltete Vermögen ist im Vergleich zu den rund 2000 Milliarden Franken beim Marktführer UBS zwar verschwindend gering. Doch ein Blick über den Atlantik zeigt die hohen Wachstumsraten, die möglich sind: Der US-Anbieter Wealthfront kam knapp zweieinhalb Jahr nach dem Start im Dezember 2011 auf mehr als eine Milliarde Dollar an Kundenvermögen.

"WIR SIND DER DOKTOR" - PRIVATBANKEN SETZEN AUF BERATUNG

Doch die Platzhirsche sehen dem Treiben nicht untätig zu: UBS arbeitet an einer eigenen Online-Plattform, die noch im laufenden Jahr verfügbar sein soll. "Unsere Kunden leben mit Google, Alibaba und Amazon", sagte UBS-Manager Dirk Klee. "Der ganze Markt entwickelt sich in diese Richtung und wir müssen relevant bleiben." Die persönliche Beratung ist für den Branchenriesen aber auch künftig wichtig: "Es ist ungefähr so, wie wenn man morgens mit Kopfweh aufwacht, online nachschlägt und dann 30 Millionen Ergebnisse bekommt - man geht trotzdem zum Doktor. Wir sind der Doktor. Wir helfen, Finanzziele festzulegen und zu erreichen", sagte Klee, der bei UBS für das operative Geschäft in der Vermögensverwaltung zuständig ist.

Kleinere Institute haben jedoch oft keine Möglichkeit, eine eigene Online-Plattform aufzubauen. "Viele haben gar nicht die Mittel für diese Investition", sagte Matthias Naumann, Chairman der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group in der Schweiz. Ihnen bleibt nur, sich auf die persönliche Beratung zu spezialisieren. Auch die Basler Privatbank Baumann & Cie. will den Vorstoß der Internet-Konkurrenz zunächst von der Seitenlinie aus beobachten. "Das ist ein ganz anderes Geschäft, als wir es betreiben", sagte Teilhaber Matthias Preiswerk. "Wir machen die Erfahrung, dass auch die jüngere Kundschaft das persönliche Gespräch immer noch schätzt."

Reuters