Ein 27-jähriger Islamist aus Belgien steht Insidern zufolge im Verdacht, ein Drahtzieher der Anschläge mit mindestens 129 Toten zu sein. Die Pariser Justiz bestätigte, dass einer der Attentäter als Flüchtling in Griechenland registriert worden war. Die G20-Staaten vereinbarten, bei der Terrorbekämpfung enger zusammenzuarbeiten.

Die Extremisten-Miliz IS, die in Syrien und im Irak einen eigenen Staat proklamiert hat, hatte sich zu den Anschlägen bekannt. Sieben der wahrscheinlich acht Angreifer starben: Sechs sprengten sich in die Luft, einer wurde von der Polizei erschossen. International wird außerdem nach dem vermutlich achten Täter Salah Abdeslam gefahndet. Presseberichte, wonach er in Brüssel festgenommen worden sei, bestätigten sich nicht.

Präsident Francois Hollande hatte die Angriffe auf eine Konzerthalle, mehrere Bars und das Pariser Fußballstadion als "Kriegsakt" bezeichnet und den Ausnahmezustand verhängt. Dies erleichtert unter anderem Großrazzien. Frankreich zählt zu den ersten Mitgliedern der von den USA geschmiedeten Militärallianz gegen den IS. Das Verteidigungsministerium in Paris erklärte, die Luftangriffe in der Nacht hätten unter anderem Waffen- und Ausbildungslagern in der IS-Hochburg Rakka in Syrien gegolten.

Insgesamt flogen die USA und ihre Verbündeten am Sonntag 23 Luftangriffe auf IS-Ziele in Syrien und im Irak. In Syrien seien zehn Ziele nahe sieben Städten angegriffen worden. Dabei seien unter anderem 116 Tanklaster des IS zerstört worden, teilte das Oberkommando in Washington mit. Im Irak seien unter anderem Waffenlager getroffen worden. Der IS drohte in einem neuen Video mit Anschlägen in Ländern, die sich an Luftangriffen beteiligen. Die US-Hauptstadt Washington wird explizit als ein Ziel benannt.

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POLIZEI ERHÖHT DRUCK AUF ISLAMISTEN-SZENE



Den Hintermännern der Pariser Anschläge hatte Hollande eine "gnadenlose Jagd" angekündigt. Razzien gab es unter anderem in dem Pariser Vorort Bobigny, aber auch in Toulouse, Grenoble und vielen weiteren Ballungsräumen. Innenminister Bernard Cazeneuve sagte, bei 168 Durchsuchungen seien 23 Personen festgenommen und 104 unter Hausarrest gestellt worden. Zudem seien 31 Feuerwaffen gefunden worden, darunter Sturmgewehre, Raketenwerfer und automatische Pistolen. "Eines ist klar: Das ist erst der Anfang, diese Maßnahmen werden fortgesetzt", sagte Cazeneuve.

Von den Angreifern wurde ein weiterer identifiziert. Nach Angaben der Ermittler handelt es sich um einen 28-jährigen Mann aus Drancy nördlich von Paris. Er sei einer der Attentäter in der Konzerthalle Bataclan gewesen. Der Mann habe unter Beobachtung der Behörden gestanden und sei mit gerichtlichen Auflagen belegt worden, nachdem er versucht habe, in den Jemen auszureisen. Im Herbst 2013 sei er untergetaucht. Bei einem der Selbstmordattentäter am Fußballstadion habe sich herausgestellt, dass er im Oktober in einer Flüchtlingsgruppe in Griechenland registriert worden sei. Damit wurden bislang fünf der sieben ums Leben gekommenen Attentäter von Paris identifiziert.

Auch in Belgien durchsuchte die Polizei Wohnungen. Aus dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek waren bereits früher islamistische Attentäter gekommen. An den Pariser Tatorten waren zwei Autos mit belgischem Nummernschild und ein Parkschein aus Molenbeek entdeckt worden. In französischen Ermittlerkreisen hieß es, der 27-jährige Abdelhamid Abaaoud aus Molenbeek stehe im Verdacht, der Kopf hinter den Anschlägen zu sein. Er halte sich in Syrien auf: Die belgische Staatsanwaltschaft erklärte jedoch, bei den Berichten über eine mögliche Verwicklung Abaaouds handele es sich um Gerüchte. "Das ist nicht bestätigt, und wir kommentieren das nicht", sagte Staatsanwalt Eric Van Der Sypt zu Reuters.

Im nordrhein-westfälischen Arnsberg wurde ein Algerier verhaftet, der in einer Flüchtlingsunterkunft gegenüber syrischen Mitbewohnern vor einigen Tagen davon gesprochen haben soll, dass Paris in Angst und Schrecken versetzt werde. Der Arnsberger Oberstaatsanwalt Werner Wolff sagte, es werde geprüft, ob die Vorwürfe gegen den Mann glaubwürdig seien.

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SORGE VOR WEITEREN ANSCHLÄGEN IN EUROPA



Frankreichs Regierungschef Valls sagte, nach Erkenntnissen der Polizei würden auch im übrigen Europa Attentate vorbereitet. Allein seit dem Sommer hätten die französischen Geheimdienste fünf Anschläge vereitelt. Überall in Europa fand um 12.00 Uhr eine Schweigeminute für die Opfer der Pariser Anschläge statt.

Die türkische Regierung erklärte, sie habe die französischen Behörden bereits im Dezember 2014 und im Juni dieses Jahres über einen der identifizierten Attentäter informiert. Omar Mostefai sei 2013 in die Türkei eingereist, über eine spätere Ausreise lägen keine Unterlagen vor. Im Oktober 2014 hätten die französischen Behörden die Türkei um Auskunft über ihn gebeten.

Bei einem Gipfeltreffen in der Türkei vereinbarten die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20), geschlossen gegen Terror vorzugehen. "Wir senden als G20 ein entschlossenes Signal aus, dass wir stärker sind als der Terrorismus", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die G20-Länder seien sich einig, dass der Kampf gegen Terrorismus eine globale Herausforderung sei, der man nur auf globaler Ebene begegnen könne.

Neben der von den USA geführten Anti-IS-Allianz fliegt auch Russland Angriffe in Syrien, allerdings nach Darstellung des Westens nicht in erster Linie gegen den IS, sondern vor allem gegen Gegner des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Der britische Premierminister David Cameron sagte, Russlands Präsident Wladimir Putin habe ihm am Rande des G20-Treffens zugesagt, mehr gegen den IS zu unternehmen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer überzogenen militärischen Reaktion auf die Anschläge von Paris. Der Kampf gegen den IS müsse fortsetzen werden. Alle wüssten aber auch, dass der Kampf gegen den Terrorismus nicht militärisch gewonnen werden könne.

Reuters