Das Auge isst bekanntlich mit. Gerade bei Süßwaren ist die Verpackung entscheidend, um die oft noch recht junge Kundschaft zu begeistern. Leuchtende Farben und eine ansprechende Optik sind notwendig, damit ein Produkt auffällt und gekauft wird. Umwerfend neue Formen bei längerer Haltbarkeit und zugleich platzsparender Verpackung zählen zu den Herausforderungen in der margenschwachen Lebensmittelverarbeitungsindustrie. Nach mehr als 55 Jahren ist Gea einer der erfahrensten Anlagenhersteller im Zucker- und Süßwarengeschäft. Das Gesamtsortiment umfasst Anlagen zum Formen, Trocknen, Kühlen und Verpacken.
Konzernweit betrachtet sind die Düsseldorfer wesentlich breiter aufgestellt. Das Unternehmen hat sich auf die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie ausgerichtet und damit auf einen weniger zyklischen Sektor, was zu einer höheren Planbarkeit führt. Rund 70 Prozent vom Umsatz werden mit den unterschiedlichsten Produkten im Bereich der langfristig wachsenden Nahrungsmittel erzielt. Dazu zählen Spiralöfen, Gefriertunnel, Ventile, Sprühtrockner, Verpackungsanalagen und Separatoren. Der Rest verteilt sich auf sonstige Dienstleistungen einschließlich Wartung und Reparatur.
Service als Wettbewerbsvorteil
Für Konkurrenten sind die Markteintrittsbarrieren kaum zu meistern, denn in der Nahrungsmittelindustrie gelten extrem hohe Qualitätsansprüche. Fehler im Produktionsablauf, die sich negativ auf die Hygiene der Nahrungsmittel auswirken würden, darf es nicht geben. Gea hat sich hier in den vergangenen Jahren zu einem Markt- und Technologieführer entwickelt, der unter den Top 3 Anbietern global positioniert ist. Besonders die breite internationale Aufstellung stellt einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil dar. Inzwischen erwirtschaften die Düsseldorfer rund 80 Prozent des Umsatzes außerhalb Deutschlands. Damit die Kunden aus Ihren Anlagen auch den höchsten Nutzen erzielen, leistet Gea einen umfangreichen Service. Mit dem weltumspannenden Netz von Vertriebs- und Serviceniederlassungen in mehr als 50 Ländern und allen Wachstumsregionen können Kundenwünsche vor Ort in der Muttersprache gelöst werden.
Gerade die Dienstleistungen dürften künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Bereits das erste Quartal lief in allen Geschäftsbereichen sehr gut und teilweise besser als erwartet. Neue Bestmarken wurden beim Umsatz und operativen Ergebnis erzielt. Gea knackte erstmals in einem Auftaktsemester die Umsatzschwelle von einer Mrd. Euro. Dabei kletterte der Anteil des um 14,7 Prozent gewachsenen Servicegeschäfts deutlich von 28,8 Prozent im Vorjahr auf 31,2 Prozent.
Auch für die weitere Entwicklung sieht es gut aus. Im ersten Quartal legte der Auftragseingang um gut zehn Prozent auf 1,13 Mrd. Euro zu. Das Verhältnis von Auftragseingang zu Umsatz, auch Book-to-Bill-Ratio genannt, kletterte leicht von 1,08 auf 1,12. Beim Auftragsbestand meldete Gea einen Zuwachs von knapp elf Prozent auf 2,26 Mrd. Euro.
Bei den nachgelagerten Kennzahlen geht der Trend ebenfalls nach oben. So stieg die operative Ebit-Marge von sieben auf 7,8 Prozent. Hier wirkten sich bereits die eingeleiteten Effizienzsteigerungsmaßnahmen positiv aus. Mit dem laufenden Programm "Fit for 2020" erhält der Konzern eine neue Struktur mit weniger Hierarchiestufen und verringerter Komplexität. Bereits 2015 sollen sich die Einsparungen auswirken, ab 2017 wird mit einem positiven jährlichen Effekt von mindestens 125 Mio. Euro gerechnet. Obwohl mit den Sparprogrammen auch Kosten verbunden sind, sollen die Aktivitäten im laufenden Jahr das Ergebnis um zehn bis 20 Mio. Euro anschieben. Die Range für die Prognose des operativen Ebitda wurde von 580 bis 620 auf 590 bis 640 Mio. Euro erhöht. Entwickeln sich die Geschäfte wie erwartet, dürfte die Dividende trotz der Aufwendungen für das "Fitness"-Programm nicht unter dem Vorjahreswert von 0,70 Euro je Aktie liegen.
Drei Megatrends im Visier
Unter dem Strich eröffnen sich somit gute Voraussetzungen für deutliche Margenverbesserungen. Ausgehend von 11,4 Prozent im Geschäftsjahr 2014 rechnet Warburg-Analyst Arash Roshan Zamir mit 11,9 Prozent im laufenden Jahr und 12,5 Prozent in 2016. Auch das Thema Übernahmen könnte durchaus auf die Tagesordnung rücken. Ende März lag die Nettoliquidität bei 823 Mio. Euro gegenüber einer Nettoverschuldung von 432 Mio. Euro vor einem Jahr. Nach Einschätzung der NordLB sind Akquisitionen daher durchaus möglich, besonders um das Anlageangebot für die Verarbeitung von Lebensmitteln zu erweitern.
Gea ist damit glänzend aufgestellt, um vom nicht so stark zyklischen Geschäft in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie zu profitieren. Vor allem die asiatischen Länder haben noch Nachholpotenzial. Die stetig wachsende Bevölkerung führt zu einer steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energie. Gleichzeitig nehmen die Einkommen zu, was bei einer größeren Mittelschicht zu steigenden Qualitätsansprüchen führt. Auch dieser Megatrend spielt Gea ebenso in die Karten wie die gerade in den Industrieländern zunehmende Nachfrage nach effizienteren und ressourcenschonenderen Produktionsverfahren. Energiesparende Maschinen, Verfahren mit Wärmerückgewinnung und intelligente Engineering-Lösungen sind hier gefragt.
Sollte zugleich der Euro schwach bleiben, dürfte der Spezialmaschinenbauer auf den Weltmärkten mit seinen Produkten weiterhin glänzen. Warburg Research rechnet mit einer Fortsetzung der Kursrally und taxiert das Kursziel auf 49,50 Euro. Auch für Börse Online bleibt die Gea-Aktie eindeutig auf "Kaufen" bei einem fairen Wert von 52 Euro.
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.
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