Mit einem Sprung über den langfristigen Abwärtstrend hat sich der Goldpreis in eine deutlich verbesserte charttechnische Ausgangslage manövriert. Für Rückenwind sorgen dabei ein Ende der US-Zinserhöhungen sowie die damit verbundene Aussicht auf einen fallenden US-Dollar.
Außerdem zeigten in der Vorwoche Daten des World Gold Councils, dass die globalen Notenbanken im Vorjahr netto 651 Tonnen Gold im Wert von 27 Milliarden Dollar gekauft haben. Das entsprach dem höchsten Niveau seit rund 50 Jahren. Gegenüber dem Jahr 2017 erhöhten sich die Käufe damit um 74 Prozent.
Zu sehen ist diese Entwicklung auch vor dem Hintergrund, dass wichtige Länder wie China oder Russland darum bestrebt sind, sich währungspolitisch weniger abhängig von den USA zu machen. Und weil die geopolitischen Spannungen zunächst eher weiter zuzunehmen drohen, dürften die Notenbanken mit Goldkäufen zunächst weiter als Preisstütze fungieren.
Der jüngste Anstieg beim Goldpreis hat auch den Aktienkursen der Goldproduzenten auf die Sprünge geholfen. Deren Notierungen entwickelten sich lang sehr schwach. Die Analysten von Raiffeisen Research weisen außerdem in einer Studie darauf hin, dass Goldminen-Aktien langfristig schlechter abgeschnitten haben als der Goldpreis.
Gleichzeitig zeigten historische Kursmuster aber auch, dass kurzfristig gesehen Goldminen-Aktien durchaus deutlich von steigenden Goldpreisen profitieren können. BÖRSE ONLINE fasst auf den nachfolgenden Seiten zusammen, warum Raiffeisen Research positiv für den Goldpreis gestimmt ist und warum bei dieser Konstellation die Aussichten für die Aktienkurse der Goldhersteller noch viel besser sein könnten. Vorab sei schon verraten, dass man angesichts der hausintern unterstellten Goldpreisentwicklung bis Ende 2020 einen Anstieg von mehr als 100 Prozent beim HUI-Goldminenindex nicht für ausgeschlossen hält.
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Aussichten für den Goldpreis langfristig positiv
Der Goldpreis hat mit seinen jüngsten Gewinnen das Kursziel der Analysten bei Raiffeisen Research für Mitte 2019 von 1.290 Dollar deutlich früher erreicht. Selbst das Jahresendziel 2019 von 1.350 Dollar rückt bereits in Griffweite.
Kurzfristig sei die Lage inzwischen zwar überverkauft, am insgesamt bullischen Ausblick für den Goldpreis für 2019 und 2020 habe sich aber nichts geändert. Raiffeisen Research hat jedenfalls die Goldpreisprognosen für das laufende Jahr etwas auf 1.480 Dollar je Feinunze nach oben genommen.
Quelle: Raiffeisen Research
Zur Begründung verweist Analyst Valentin Hofstätter darauf, dass der Markt ein Ende der US-Zinsanhebungen ebenfalls deutlich rascher eingepreist habe als das bei der hausinternen Prognoseerstellung Anfang Dezember 2018 zu erwarten gewesen sei: Inzwischen preise der US-Zinsmarkt keine weitere Zinsanhebung der US-Notenbank für 2019 oder 2020 mehr ein. Raiffeisen Research hatte damit ursprünglich erst für das zweite Halbjahr 2019 gerechnet.
Allerdings mache das den Goldpreis im ersten Halbjahr anfällig für eine kurzfristige Korrektur, da aus Sicht Raiffeisen Research die US-Konjunkturdaten in den nächsten Monaten gut genug ausfallen sollten, um zumindest noch eine letzte Zinsanhebung zu ermöglichen. Denkbar als Terminen seien hierfür die Monate Juni oder September. Spätestens dann dürfte aber Schluss sein für die Fed, so das Urteil.
Im Jahr 2020 erwarten die Analysten dann einen deutlichen Einbruch der US-Konjunktur, der im zweiten Halbjahr 2020 sogar US-Zinssenkungen notwendig machen dürfte. Damit würde 2020 ein ideales Umfeld für Gold bieten, weswegen man auf Sicht (Ende) 2020 Werte von rund 1.600-1.700 Dollar je Feinunze für realistisch hält.
Insofern sollte Gold auf Sicht der nächsten zwei Jahre eine gute Absicherung/Veranlagungsbeimischung für jene Anleger sein, die den skizzierten US-Konjunkturpessimismus für 2020 teilen. Wie es weiter heißt, dürfte auf Eurobasis der Goldpreisanstieg allerdings deutlich geringer ausfallen, da man zeitgleich (bis 2020) auch eine deutliche Abwertung des Dollar zum Euro erwartet (rund zehn Prozent auf rund 1,30 Euro/Dollar). In diesem Fall würden Gold-Zertifikate, welche die Entwicklung des Dollar-Goldpreises abbilden und in Euro absichern, besser performen. Diese werden meist unter dem Namen Quanto-Zertifikate gehandelt.
Auf Seite 3: Goldminen langfristig schlechter als der Goldpreis
Goldminen langfristig schlechter als der Goldpreis
Auf der Suche, nach einer Anlageklasse, die von der skizzierten Prognose zum Goldpreis profitieren könnte, für die Analysten von Raiffeisen Research zunächst aus, dass Goldminen-Aktien im Prinzip überproportional von einem Anstieg des Goldpreises profitieren. Schließlich erhöhe sich bei sonst unveränderten anderen Einflussfaktoren, direkt die Gewinnspannen, was die Gewinne überproportional steigen lasse.
Zur Verdeutlichung dieser These bedient man sich eines Rechenbeispiels: Ein Goldproduzent, der bei einem Goldpreis von 1.200 Dollar auf eine Gewinnspanne von zehn Prozent kommt, also 120 Dollar pro Feinunze verdient, verdoppelt seinen Gewinn, wenn der Goldpreis selbst nur um 120 Dollar (= zehn Prozent) steigt.
Obwohl das leicht nachzuvollziehen sei, ergebe ein Blick auf die langfristige relative Entwicklung eines breiten Aktienindex von Goldproduzenten (Arca Gold Bugs Index (HUI)) mit dem Goldpreis in Dollar pro Feinunze selbst überraschendes. Denn es zeigt sich, dass Goldminen-Aktien langfristig weit hinter dem Goldpreis selbst zurückblieben.
Entwicklung von Arca Gold Bugs Index und Goldpreis im Vergleich
Quelle: Thomson Reuters, RBI/Raiffeisen Research
Zur Begründung dafür verweist Raiffeisen Research auf mehrere Gründe: Erstens stiegen langfristig dank Inflation nicht nur der Goldpreis, sondern auch die Produktionskosten. Dementsprechend holten diese Kosten die Produzenten nach einiger Zeit auch wieder ein, insbesondere wenn der Goldpreis nicht kontinuierlich weitersteige.
Zweitens gehe der Wert einer Goldmine durch den fortschreitenden Abbau der Ressource langfristig zwangsweise gegen Null, wenn das Unternehmen das nicht laufend durch Neufunde/Neuerschließung kompensiere - beides zu erreichen sei aber teuer. Drittens beinhalte der Vergleich nicht die laufenden Ausschüttungen (Dividenden) der Goldproduzenten, was die ausgewiesene Performance nach unten verzerre. Wobei aber auch zu beachten sei, dass Goldproduzenten, wenn überhaupt, dann im Schnitt in der Vergangenheit nur magere Dividenden ausgeschüttet haben.
Auf Seite 4: Goldminen kurzfristig mit hohem Hebel
Goldminen kurzfristig mit hohem Hebel
Die Analysten von Raiffeisen Research kommen aufgrund der historischen Erfahrungen zu dem Schluss, dass Goldminen-Aktien auf Sicht von 20 Jahre wahrscheinlich keine gute Alternative zu einem Gold-Investment darstellen.
Allerdings heißt es gleichzeitig auch, auf Sicht von zwei bis drei Jahren kämen die zuvor genannten negativen Effekte auf die Gewinn- und damit Kursentwicklung nicht zum Tragen; auf diesen Zeithorizont dominiere die Entwicklung des Goldpreises die (Out-)Performance des Goldminensektors. Auch das lasse sich ebenfalls anhand einer langfristigen Grafik zeigen, bei der die prozentualen Jahresveränderungen verglichen werden. Als Ergebnis sei hier eine Korrelation der beiden Jahresveränderungen von 74 Prozent zu registrieren.
Wie es zu erwarten sei, reagiere somit der Minenindex auf Jahressicht überproportional auf Veränderungen des Goldpreises: der Hebel liegt demnach im Durchschnitt nahe bei 2, das heißt, bei einem jährlichen Anstieg des Goldpreises um 20 Prozent p.a. legte der Goldminenindex im Untersuchungszeitraum im Schnitt um fast 40 Prozent p.a. zu.
Prozentuale Jahresentwicklung von Arca Gold Bugs Index und Goldpreis im Vergleich
Quelle: Thomson Reuters, RBI/Raiffeisen Research
Außerdem weisen die Analysten darauf hin, dass Ausschläge von mehr als 100 Prozent p.a. beim Minenindex nicht unüblich (genauso wie Rückschläge von -50 Prozent p.a.) sind. Angesichts der von Raiffeisen Research erwarteten Goldpreisentwicklung wäre bis Ende 2020 ein neuerlicher Ausschlag von mehr als 100 Prozent nicht ausgeschlossen, sofern sich das historische Verhaltensmuster wiederholen sollte.
Auf Seite 5: Chartbild lässt dem Minenindex viel Luft nach oben
Chartbild lässt dem Minenindex viel Luft nach oben
Wie eine weiterer Chart zeigt, hat die jüngste Goldpreiserholung auch den Arca Gold Bugs Index (HUI) bereits steigen lassen. Auch lässt sich aus dem HUI-Chart laut Raiffeisen Research der Schluss ziehen, das aus rein charttechnischer Sicht noch viel Luft für einen weiteren Anstieg des Index besteht.
Seit 2015 habe sich beim Goldminenindex jedenfalls ein mittelfristiger Aufwärtstrend etabliert (Linie A). Die jüngste Goldpreiserholung habe den Index inzwischen aus seinem kurzfristigen Abwärtstrend nach oben ausbrechen lassen (Linie B), so wie zuletzt Anfang 2016 (Linie C).
Der nächste relevante Widerstand bei rund 170 Punkten (Unterstützungslinie seit 2016, zuletzt Widerstand) werde gerade getestet (Linie D). Mit dem Durchbruch über diesen Widerstand wäre bis 2.020 Punkte (insbesondere angesichts der hausinternen Goldpreisprognose) ein Erreichen des oberen Trendkanals bei 300 Punkten realistisch.
Ein Risiko stelle es dagegen dar, wenn es zu einem Durchbruch durch das untere Ende des Trendkanals (aktuell bei rund 135 Punkten) kommen sollte, Denn dann sein ein rascher Test der 100 Punkte-Marke wahrscheinlich (2015er Tief).
Arca Gold Bugs Index (HUI)
Quelle: Thomson Reuters, RBI/Raiffeisen RESEARCH
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Risiken - Was alles schief gehen kann
Wie immer an der Börse können Investments schief gehen. Das gilt selbst dann, wenn historische Rückbetrachtungen den Eindruck erwecken, als ob das vorherrschende Chancen-Risiko-Verhältnis als gut einzustufen sei.
In Sachen Risiken zur skizzierten Erwartungshaltung mit Blick auf Goldpreis und Goldminen erinnert Raiffeisen Research daran, dass der Goldminenindex historisch weniger eine Spekulation auf einen Börseneinbruch gewesen sei. Denn da habe meist auch der Goldminenindex in einer ersten Reaktion sehr heftig verloren, und 2008 sei in einer ersten Krisen-Reaktion sogar der Goldpreis selbst gefallen. Vielmehr handele es sich um eine Spekulation auf eine deutliche Lockerung der US-Geldpolitik.
Deshalb bestehe 2019 angesichts des bereits vollständigen Auspreisens weiterer US-Zinsanhebungen durch den Markt kurzfristig Rückschlaggefahr, sollte die US-Notenbank Mitte des Jahres doch noch weiter die Zinsen anheben (was wir erwarten). Auch bei einem scharfen Aktienmarktrückgang würde der Goldminenindex vorübergehend höchstwahrscheinlich ebenfalls deutlich verlieren.
Am verheerendsten wäre es allerdings für den Goldpreis (und dementsprechend auch für den Minenindex), wenn die US-Wirtschaft im Laufe des Jahres wieder fest durchstartet und 2020 - angeheizt zum Beispiel durch Wahlzuckerl vor den US-Präsidentschaftswahlen - weiter boomen sollte. In diesem Fall müsste die US-Notenbank die Leitzinsen noch weit über das hausintern unterstellte Niveau anheben, und das bis ins Jahr 2020 hinein.
Zwar wäre der anschließende US-Konjunktureinbruch (samt Zinssenkungen) danach vermutlich nur umso heftiger (was den Goldpreis anschließend wieder beflügeln sollte); bis dahin dürfte der Goldpreis aber zuerst noch einmal massiv unter Druck kommen: Ein Unterschreiten des 2018er Tiefs von 1.160 Dollar wäre dann realistisch. Für den HUI-Goldminen-Index (aktuell bei 169 Punkten) würde das höchstwahrscheinlich ein Unterschreiten der 2018er Tiefs (bei rund 130 Punkten) bedeuten, möglicherweise sogar ein Antesten und Unterschreiten der 2015er Tiefs (bei rund 100 Punkten).
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Fazit zu Goldpreis und Goldminen
Auf Sicht der nächsten 2-3 Jahre legt das historische Verhaltensmuster laut Raiffeisen Research nahe, dass ein breiter Goldminenindex von dem erwarteten Goldpreisanstieg überproportional profitieren sollte.
Ein Anstieg des Dollar-Goldpreises von aktuell 1.300 Dollar auf 1.700 Dollar Ende 2020 entspräche einem Anstieg von rund 30 Prozent. Da man gleichzeitig auch eine Abwertung des Dollar gegenüber dem Euro von rund zehn Prozent erwarte, blieben einem Euro-Investor davon "nur" rund 20 Prozent Anstieg in Euro gerechnet. Raiffeisen Research rät deshalb zu währungsgesicherten Produkte.
Der historisch zu beobachtende Hebel von knapp zwei lasse dagegen für den HUI-Goldminen-Index bei einem Goldpreisanstieg von 30 Prozent bis Ende 2020 theoretisch sogar einen Preisanstieg des Index von rund 60 Prozent erwarten (der Index notiere zwar ebenfalls in Dollar, bei +60% schmerze allerdings ein um zehn Prozent schwächerer Dollar weniger).
Goldminen-Aktien stellten insofern eine interessante Spekulationsmöglichkeit auf einen steigenden Goldpreis, zum Beispiel auf Grund eines Einbruchs der US-Wirtschaft samt Zinssenkungen dar, der aus Sicht der Analysten ab dem kommenden Jahr immer wahrscheinlicher wird. Alternativ könne ein solcher Hebel auf den Goldpreis natürlich auch über entsprechende Hebelzertifikate auf den Goldpreis erreicht werde.
Wobei sich der Minenindex aber weniger als eine Spekulation auf bzw. Absicherung gegen einen Börseneinbruch eigne. Denn da verlor meist auch der Goldminenindex in einer ersten Reaktion sehr heftig (2008 fiel damals in einer ersten Reaktion auf den Crash sogar der Goldpreis selbst). Es sei vor allem eine Spekulation auf eine deutliche Lockerung der US-Geldpolitik (deshalb bestehe 2019 auch noch kurzfristig Rückschlaggefahr, sollte die US-Notenbank Mitte des Jahres doch noch weiter die Zinsen anheben.
Diversifizierung sei dabei allerdings selbst bei dieser Spekulation das A und O: Die angestellte Beobachtungen gälten auch nur für den verwendeten breiten HUI-Index, nicht für einzelne Goldminenaktien: Gerade in diesem volatilen Sektor sei das Event-Risiko und damit eine drastische Underperformance einzelner Aktien jederzeit möglich und zu erwarten.