Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Anzeige und will sie nun prüfen. In dem über 40-seitigen Dokument werde Wirecard vor allem Untreue vorgeworfen im Zusammenhang mit dem Kauf einer Gesellschaft in Indien und der Gewährung unbesicherter Darlehen an Drittpartner. Zudem werfe TCI dem Management Marktmanipulation vor. Wirecard erklärte, die Anzeige sei inhaltlich vollständig unbegründet. Sie sei ein "rein taktisches Manöver eines Leerverkäufers".
Mit der Anzeige erhöht der von Chris Hohn gegründete Hedgefonds TCI, der erst vor wenigen Tagen den Rücktritt von Wirecard-Chef Markus Braun gefordert hatte, den Druck auf den Dax-Konzern. Hohn gilt als Schreck vieler deutscher Manager seitdem er 2005 eine Aktionärsrevolte bei der Deutschen Börse anzettelte, die zum Sturz des damaligen Börse-Chefs Werner Seifert sowie des Aufsichtsratschefs Rolf Breuer führte.
TCI ist nicht an Wirecard beteiligt, sondern hält nach eigenen Angaben eine sogenannte Leerverkaufs-Position in Höhe von gut 1,5 Prozent. Das bedeutet der Hedgefonds verkauft Wirecard-Aktien, die er sich gegen eine Gebühr von einem Investor geliehen hat, und wettet darauf, dass der Kurs fällt. Sinkt der Preis bis zum Rückgabe-Datum, kann der Fonds die Wertpapiere am Markt billiger erwerben und die Differenz als Gewinn einstecken. Steigt der Kurs dagegen, droht den Leerverkäufern Verlust.
Ein solches Vorgehen ist legal. Die Wertpapieraufsicht bei der Bafin kann allerdings ein Verbot für solche Leerverkäufe aussprechen. Denn wenn viele Fonds solche Positionen aufbauen, kann der Kurs allein deswegen fallen. Aktuell plant die BaFin kein Leerverkaufsverbot auf Wirecard-Aktien. Anfang 2019 hatte sie dies für zwei Monate verboten und sich damit viel Kritik eingehandelt.
VORWÜRFE VON WIRTSCHAFTSPRÜFERN
Die BaFin ermittelt seit Anfang 2019 in Sachen Wirecard und hat das Unternehmen mittlerweile an zahlreichen Fronten im Visier. Unter anderem untersucht die Behörde die Kommunikation von Wirecard und prüft die Zuverlässigkeit des Konzerns als Eigentümer der Wirecard Bank.
Der Zahlungsdienstleister aus dem Münchener Vorort Aschheim sieht sich seit Jahren in Medienberichten wiederholt dem Vorwurf der Bilanzmanipulation ausgesetzt. Um die Vorwürfe zu entkräften, hatte der Aufsichtsrat im Herbst die Wirtschaftsprüfer von KPMG mit einer Sonderprüfung beauftragt. Doch die Prüfer konnten die Vorwürfe nicht vollständig aus dem Weg räumen, weil ihnen nach eigenen Angaben teilweise der Zugang zu Dokumenten fehlte oder die Vorgänge nicht nachvollziehbar waren. Dem Wirecard-Vorstand warfen sie vor, die Untersuchungen zum Teil behindert zu haben.
rtr