Die Emission war aber mehr als nur ein opportunistischer Schritt, um die günstige Situation an den Kapitalmärkten zu nutzen. Dahinter steht wohl auch die Einsicht, dass sich Qualtrics in einer eigenen Struktur besser entwickeln kann. In den deutschen Autofirmen ist diese Einsicht noch nicht gereift. Die Anteilseigener sind gut beraten, mehr Mut einzufordern. Die Cloud-Produkte von Qualtrics sind nicht so weit von dem entfernt, was SAP sonst macht. Viel tiefer ist der Graben hingegen zwischen Elektrofahrzeugen und Autos mit Verbrennungsmotor. Es ist ein bisschen wie der Übergang von der Kutsche zum Auto. Nicht nur der Antrieb ist anders, auch die Art Fahrzeuge zu bauen oder sie zu vermarkten. Und dass es keinen Kutschenmacher gibt, der mit Autos Erfolg hatte, sollte Warnung genug sein.
Das Beispiel des Newcomers Nio zeigt, wie groß der Druck geworden ist. Die Chinesen kommen aus dem Nichts. Allein ein ambitionierter Produktfahrplan sorgt dafür, dass Nio einen Börsenwert von fast 90 Milliarden Euro erreicht hat. Das ist doppelt so viel wie der von BMW. Mit den Geldern der Anleger lassen sich Fabriken errichten und letztlich Marktanteile gewinnen. Von solchen schnellen Start-ups gibt es mittlerweile viele, die von der Börse Milliarden erhalten haben oder noch erhalten werden. Auch in deutschen Konzernen stecken diese Elektroauto-Start-ups, eigentlich richtige Wachstumsfirmen, die hohe Zuwachsraten bringen und sogar schon Produkte verkaufen. Das geht im Gesamtbild von BMW, Daimler und VW allerdings unter. Um wirklich mithalten zu können, müssen die Konzerne diese Aktivitäten in eigene Gesellschaften ausgliedern, von Altlasten aus der Bilanz und Behinderungen durch Konzernbürokratie befreien und nach dem Muster von Qualtrics an die Börse bringen.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.