Dividende extrem: Mehr als 50 Jahre zuverlässig Dividende. Jedes Jahr 30 Prozent mehr Geld. Sieben Prozent Dividendenrendite. BÖRSE ONLINE hat verblüffende Bestwerte zur deutschen Dividendensaison entdeckt. Von SVEN PARPLIES
Deutschlands Dividendensaison geht in die finale Phase. Von den 54 Milliarden Euro, die DAX-Konzerne in diesem Jahr ausschütten, ist das meiste bereits verteilt. Fast elf Milliarden sind noch zu haben, knapp die Hälfte davon wird Anfang Juni Volkswagen ausschütten. Den Schlusspunkt setzt dann Mitte des Monats die Investmentholding Porsche SE. Schon jetzt ist klar: Die Saison 2024 liefert spektakuläre Zahlen. Die meisten sind erfreulich, einige ärgerlich.
Wenn es um die Dividende geht, herrscht unter Aktionären meist große Einigkeit: je höher die Ausschüttung, desto besser. Selbst beim Chemiekonzern BASF, der mehr als die im operativen Geschäft erwirtschaftete Summe verteilt hat, nickten 99,89 Prozent den Dividendenvorschlag des Vorstands ab. Etwas mehr als drei Milliarden Euro gingen an die Aktionäre von BASF.
Die größte Summe unter den deutschen Unternehmen schüttete in diesem Jahr mit 5,52 Milliarden Euro Mercedes-Benz aus. Knapp dahinter folgt die Allianz mit 5,40 Milliarden. Gehen die Schätzungen der Analysten auf, wird die Allianz im kommenden Jahr vorbeiziehen. Während dem Versicherer eine Dividendensteigerung von mindestens fünf Prozent zugetraut wird, dürfte die Ausschüttung bei Mercedes-Benz eher stagnieren.
Die mit Abstand größte Dividendenkürzung gab es bei Hapag-Lloyd. Die Reederei profitierte in den Turbulenzen der Pandemie von extremen Preisen für Transportfläche. Inzwischen hat sich das Geschäft normalisiert. Nach 11,1 Milliarden Euro im Vorjahr schütteten die Hanseaten jetzt 1,63 Milliarden Euro aus. Auch damit gehört Hapag-Lloyd zu den Großzahlern unter den deutschen Nebenwerten. Der Vermögensverwalter DWS Group, der dank einer einmaligen Sonderzahlung 1,22 Milliarden Euro verteilt, und der Lkw-Hersteller Traton mit 750 Millionen würden es in Sachen Dividende ebenfalls in die obere Hälfte des DAX schaffen.
Die Last des Dividendenadels
Jedes Jahr mehr Geld: Seit 22 Jahren hat der Schmierstoffspezialist Fuchs seine Dividende durchgehend angehoben und hält damit die längste aktive Serie in Deutschland. Im Schnitt haben die Mannheimer ihre Zahlung um zwölf Prozent aufgestockt, in den vergangenen zehn Jahren um fünf Prozent. Ab 25 Jahren gilt ein Unternehmen als Dividenden-Aristokrat. Im amerikanischen Aktienindex S &P 500 haben 67 Unternehmen diesen Status erreicht. Das Problem des Dividendenadels: Je länger eine Serie anhält, desto größer wird der Druck auf den Vorstand, diese fortzusetzen. Wenn aber der Gewinn nicht mitwächst, werden für die Ausschüttung womöglich wichtige Investitionen geopfert. Der einzige deutsche Aristokrat, Fresenius (siehe Seite 26), dankte kurz nach der Erhebung in den Adelsstand ab. In diesem Jahr gibt es beim Gesundheitskonzern sogar eine Nullrunde, weil Fresenius Staatshilfen in Anspruch nimmt.
Auch bei den berühmten Aristokraten der USA gibt es immer wieder Ausfälle. Gerade hat der Industrieriese 3M nach mehr als 60 Jahren eine Kürzung beschlossen. Wie lange kann Fuchs seine Serie fortsetzen? Jährliche Steigerungen bleiben das Ziel des Unternehmens. Die Ausschüttungsquote von 53 Prozent lässt Flexibilität für schwächere Jahre. Der Analystenkonsens erwartet Steigerungsraten von weiterhin rund fünf Prozent -und damit den Aufstieg in den Dividendenadel.
Die Dividenden-Dauerläufer
Etwas Bewegungsfreiheit lässt sich Munich Re. Bei dem Rückversicherer gilt: In einem guten Jahr soll die Zahlung steigen, in einem schwächeren konstant gehalten werden. Das funktioniert sehr gut. Seit 1970, also seit mehr als einem halben Jahrhundert, haben die Münchner ihre Dividende je Aktie nicht gesenkt. Allein über die vergangenen zehn Jahre wurde sie nahezu verdoppelt. Nebenbei werden immer wieder eigene Aktien zurückgekauft und eingestampft. Dadurch müssen weniger Papiere bedient werden. "Munich Re hat in der laufenden Dekade mehr Wert für ihre Aktionäre geschaffen als jeder unserer direkten Wettbewerber", betonte Konzernchef Joachim Wenning auf der Hauptversammlung.
Einen starken Lauf hat auch der Softwarekonzern SAP. Seit Börsengang im Jahr 1988 haben die Walldorfer ihre Dividende stets mindestens konstant gehalten. Bereinigt um Kapitalmaßnahmen ist die Ausschüttung von einem Cent je Aktie auf aktuell 2,20 Euro geklettert. Nebenbei gab es zwei Sonderzahlungen. Mehr als 25 Jahre ohne Dividendenkürzung haben auch Beiersdorf und Henkel geliefert. Vor allem bei Beiersdorf sind Erhöhungen allerdings eher die Ausnahme. Unter den kleineren Werten beeindruckt die Baumarktkette Hornbach aus dem pfälzischen Bornheim, die seit Börsengang im Jahr 1987 eine stets mindestens konstante Dividende liefert. Die erste Zahlung lag bereinigt bei 27 Cent, aktuell sind es 2,40 Euro je Aktie. Hornbach will auch weiterhin einen Betrag mindestens auf dem Niveau des jeweiligen Vorjahres zahlen. Die Ausschüttungsquote ist mit weniger als 30 Prozent niedrig.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat drei Unternehmen ausgemacht, die ihre Dividenden über die vergangenen zehn Jahre im Schnitt um mehr als 30 Prozent gesteigert haben: den Werbedienstleister Ströer, die Sportartikelfirma Puma und den Rüstungskonzern Rheinmetall. Das größte Wachstumspotenzial für die künftige Zahlung dürfte aus diesem Trio derzeit Rheinmetall haben. Der Aktienkurs ist dort aber ebenfalls deutlich gestiegen und die Dividendenrendite damit niedrig.
250-mal mehr Geld mit diesen Aktien
Wie sicher sind die Dividenden der deutschen Topkonzerne? Über die letzten zehn Jahre haben die aktuellen DAX-Mitglieder insgesamt 250-mal die Zahlung angehoben. Dem stehen 69 Kürzungen beziehungsweise Nullrunden entgegen. Die meisten Enttäuschungen mussten Aktionäre der Commerzbank hinnehmen, sechs Nullrunden in zehn Jahren. Der Vorstand verspricht Besserung. Vom Gewinn des laufenden Geschäftsjahres sollen mindestens 70 Prozent in Dividendenzahlungen und mögliche Aktienrückkäufe gesteckt werden. Analysten erwarten, dass die Dividende innerhalb von drei Jahren von aktuell 35 auf 95 Cent steigt. Das wären dann ausgehend vom aktuellen Kurs fast sieben Prozent Dividendenrendite.
Hohe Prozentzahlen sind für viele Dividendenjäger das wichtigste Kriterium. Der DAX kommt für die in den kommenden zwölf Monaten erwarteten Ausschüttungen auf eine Dividendenrendite von knapp über drei Prozent. Das entspricht dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Eine der höchsten Prozentzahlen im breiteren deutschen Aktienmarkt bietet mit rund sieben Prozent Freenet. Der Mobilfunkdienstleister aus Büdelsdorf in Schleswig-Holstein will 80 Prozent des Free Cashflow ausschütten. Analysten erwarten in den kommenden Jahren Steigerungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Schwer nachzuvollziehen ist, dass selbst ein Jahr nach offi ziellem Ende der Corona-Pandemie die meisten DAX-Konzerne den persönlichen Kontakt mit den Aktionären meiden. Mehr als zwei Drittel halten laut Reuters die Hauptversammlung über das Internet ab. Das stößt auf Kritik: "Nur bei einer Präsenzveranstaltung ist eine lebhafte Generaldebatte möglich", betont Vanda Rothacker von Union Investment. Ihre Forderung: "Vorstand und Aufsichtsrat sollten wenigstens einmal im Jahr den Aktionären persönlich und öffentlich Rede und Antwort stehen, sich direkter Kritik stellen und die Stimmung in der Halle spüren."
Aus den Extrem-Aktien des Jahres haben wir eine Mini-Depot mit fünf Aktien und einer durchschnittlichen Dividendenrendite von mehr als fünf Prozent zusammengestellt.
DIE HÖCHSTE DIVIDENDE: 5,5 Mrd.€: Mercedes-Benz
ist 2024 der größte Dividendenzahler Deutschlands
DIE LÄNGSTE SERIE I: 22 Jahre: Fuchs
hält die längste Serie mit durchgehenden Dividendensteigerungen
DIE LÄNGSTE SERIE II: 54 Jahre: Munich Re
Die Dividende der Munich Re wurde seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht gesenkt
TOP-NEBENWERT: 750 Mio.€: Traton
Der Nutzfahrzeughersteller Traton gehört zu den größten Dividendenzahlern unter den Nebenwerten
EXTREMES WACHSTUM: 32 Prozent: Puma
Puma hat die Dividende in den vergangenen zehn Jahren besonders stark gesteigert
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Mercedes-Benz, Munich Re, Commerzbank, Freenet.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Leon Müller, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.
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