Auch in Asien kann man Rambozambo. Mit viel Staatsgeld soll die Konsumlust der Chinesen angefacht werden. Aktien wie Alibaba, Xiaomi und andere sollten davon profitieren. Die Börsen Shanghai und Shenzhen haben dabei noch viel Luft nach oben.

Die chinesische Regierung greift durch: Die Inlandsnachfrage soll endlich zulegen. Allein auf den Export verlassen will man sich nicht mehr. Das wäre fahrlässig in geopolitisch schwierigen Zeiten, in denen der freie Welthandel zur Disposition steht. Wenn Zölle auf chinesische Importe so in Kraft treten, wie es in den USA und der EU aktuell diskutiert wird, dürfte das der chinesischen Exportwirtschaft schaden — und dann wäre es nicht zu halten, das Wachstumsziel, das bei fünf Prozent liegt (der IWF rechnet für China 2025 mit einem Zuwachs von 4,6 Prozent).

Nun ist das Thema Konsum nicht neu: Schon vor Jahren freute man sich als Börsianer auf die Aussicht, dass der wachsende chinesische Mittelstand zum Motor der Binnenkonjunktur wird. So richtig eingelöst wurde dieses Versprechen aber nie. Der Export ist die Hauptstütze der chinesischen Wirtschaft bis dato geblieben.

Doch Präsident Xi Jinping will es wissen. Damit sich endlich was tut und die Chinesen mehr Geld in der Tasche haben, hat der Staatsrat einen Maßnahmenplan vorgestellt, der dafür sorgen soll, dass die Haushaltseinkommen steigen. O-Ton: „Wir werden den Konsum energisch ankurbeln, damit sich die Binnennachfrage in alle Richtungen ausweitet.“ Peking werde ein vernünftiges Wachstum der Löhne fördern und einen Mechanismus zur Anpassung des Mindestlohns einführen. Auch die Kehrtwende von der Ein-Kind-Politik wird vorangetrieben: Mehr Kinder sollen den Bevölkerungsrückgang aufhalten.

Um das Ziel zu schaffen, nimmt man auch Schulden in Kauf. China kann ebenfalls Rambozambo: In diesem Jahr allein nimmt Peking 1,5 Billionen Euro neue Schulden auf. „Im Land sind die finanziellen Bedingungen so entgegenkommend wie seit der globalen Finanzkrise nicht mehr“, kommentiert Luke Bartholomew, stellvertretender Chefvolkswirt beim Geldverwalter Aberdeen. „Zuletzt wurden fiskalische Lockerungen im Umfang von 1,5 bis zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angekündigt“, so Bartholomew weiter.

Die Börse reagiert positiv darauf. Seit Jahresanfang ist der Leitindex CSI 300 um fünf Prozent gestiegen, in den zurückliegenden sechs Monaten waren es 25 Prozent. Einstige Anlegerlieblinge wie Alibaba, Anta Sports oder Ping An sind wieder gefragt. Ohnehin gut läuft es beim Elektronikproduzenten Xiaomi und dem E-Auto-Hersteller BYD. Dennoch ist man insgesamt noch weit von alten Rekorden entfernt: Um 45 Prozent müsste der CSI zulegen, um das Hoch aus dem Jahr 2021 zu erreichen. Machbar? Immerhin steht im Sonderplan auch der Punkt „Stabilisierung der Aktien- und Immobilienmärkte“.

Günstig, günstiger, China

Das lockt weitere Käufer an. „Weil die Politik in China zunehmend marktfreundlicher wird, haben wir zum ersten Mal seit geraumer Zeit wieder in chinesische Unternehmen investiert“, heißt es etwa in einem Kommentar von Steven Bell, Volkswirt beim Geldverwalter Columbia Threadneedle. „Wichtig war, dass es außerhalb der USA wieder attraktive Unternehmen zu vernünftigen Preisen gibt.“

Zur Einordnung: An den Börsen Shanghai und Shenzhen waren Aktien zuletzt so günstig wie in kaum einem anderen Markt der Welt. „China-Abschlag“ nennt man das Phänomen. Das durchschnittliche KGV des CSI 300 liegt jedenfalls bei 13 für 2025 und bei 11 für 2026. Zum Vergleich: Beim DAX sind es ebenfalls günstige 15 und beim Dow Jones 20. „Die Börsenkapitalisierung Chinas ist im Vergleich zur Größe der Wirtschaft unverhältnismäßig klein“, sagt David Perrett vom Asien-Pazifik-Aktienteam der Fondsgesellschaft M & G. „Viele Aktien werden zu überzeugenden Bewertungen gehandelt. Gleichzeitig konzentrieren sich viele Unternehmen zunehmend auf die Gewinnmaximierung und die Steigerung der Aktionärsrenditen durch höhere Dividenden und Aktienrückkäufe“, so Perrett.

Und China hat ja auch was zu bieten: Neben dem Faktor der fiskal-, geld- und regulierungspolitischen Maßnahmen ist die Begeisterung für chinesische Technologie neu aufgeflammt. Anlass war der Überraschungscoup im Bereich künstliche Intelligenz (KI) von Deepseek. Außerdem punktet man mit führenden Positionen in strategischen Sektoren wie Elektrofahrzeuge und Batterien sowie der wettbewerbsfähigen Industrie. Für das Land spricht auch sein „Humankapital“, die große Verfügbarkeit von Ingenieurtalenten sowie das Wissen und die Bereitschaft der Unternehmen, großzügig Kapital einzusetzen. Tatsächlich reichten Chinesen laut der Weltorganisation für geistiges Eigentum im Jahr 2023 gut 1,6 Millionen Patentanträge ein — mehr als dreimal so viele wie aus den USA gemeldet.

Spannend ist dabei auch, dass erstmals seit dem Amtsantritt von Chinas Staats- und Parteichef Xi im Jahr 2013 der Konsum zur obersten Priorität der staatlich gelenkten Wirtschaftspolitik erklärt wurde. Dass China ausgerechnet jetzt den Sonderplan zum Ankurbeln verkündet, passt zu den jüngsten ökonomischen Daten, die durchaus Hoffnung machen. Konkret sind im Januar und Februar die Umsätze im Einzelhandel um vier Prozent gestiegen, was nach einer guten Basis klingt. Und dieses „zarte Pflänzchen“ will man nun offensichtlich pflegen, damit es nicht schnell wieder eingeht. Im Gegensatz dazu hat sich die Industrieproduktion — also die Basis des Exports — verlangsamt, wenn auch nicht dramatisch. Im Januar und Februar lag das Wachstum bei 5,9 Prozent gegenüber 6,2 Prozent im Dezember. Erwartet wurden nur 5,3 Prozent.

Raus aus der Immobilienkrise

Ein Knackpunkt, ob die Maßnahmen greifen, ist die immer noch anhaltende Immobilienkrise. Die Investitionen in dem Sektor gehen immer noch zurück: 2024 um 10,6 Prozent und in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres um 9,8 Prozent. Das hält viele Menschen davon ab, ihr Einkommen auszugeben — stattdessen sparen sie. Was auch eine positive Seite hat: Spareinlagen wollen schließlich investiert sein. Und weil die Zinsen niedrig sind, bieten sich Aktien an.

Etwas Optimismus scheint also zurück in der Volksrepublik. „Peking hat seine Bemühungen verdoppelt, die Binnenwirtschaft anzukurbeln und den Aktienmarkt zu beleben“, heißt es in einer Analyse des Geldverwalters Nikko AM. Fazit: „Erste Anzeichen einer Stabilisierung auf dem Immobilienmarkt sind erkennbar, und am Aktienmarkt hat sich der Techsektor von einem niedrigen Niveau aus erholt. Wenn sich diese Entwicklungen fortsetzen, dürften Vermögenseffekte die Verbraucherstimmung aufhellen.“ Und das mögliche Sahnehäubchen obendrauf: Vielleicht kommt es doch noch zu einem Handelsabkommen zwischen den USA und China. Man sollte nichts ausschließen in diesen Zeiten.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier

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