Metzgereien in ländlichen Gegenden Bayerns gelten zwar als Horte des Genusses, aber nicht gerade als Vorreiter für moderne Bezahlverfahren. Kartenzahlung? Bisher meist Fehlanzeige! Doch die Corona-Krise ändert das gerade.
Wo bisher Wurst und Fleisch oft nur gegen Bares über den Tresen gingen, steht nun vielerorts ein Kartenleseterminal. Und das Verkaufspersonal ermuntert die Kunden, die Bezahlkarte zu zücken. Nicht weil von Bargeld nach allem, was bisher bekannt ist, eine große Ansteckungsgefahr ausginge. Sondern um zu vermeiden, dass sich Mitarbeiter und Kunden beim Bezahlen zu nahe kommen.
Für die bargeldverliebten Deutschen eine ungewohnte Erfahrung. Tatsächlich hat sich die Anzahl der Bezahlvorgänge mit der Girocard im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten um 50 Prozent erhöht, teilt die Deutsche Kreditwirtschaft mit.
Doch graust es Ihnen davor, Ihre PIN auf einem vermeintlich virenverseuchten PIN-Pad einzutippen? Seit Kurzem können Sie vielerorts sogar Beträge bis 50 Euro mit Ihrer Girocard (die frühere EC-Karte) zahlen, ohne die Karte dafür aus der Hand zu geben und Ihre PIN einzutippen. Bis dahin hatte das Limit für das sogenannte kontaktlose Bezahlen ohne PIN-Eingabe noch bei 25 Euro gelegen.
Seit Mitte April greift das höhere Limit zunächst bei Händlern in Hamburg, Kassel, Frankfurt und München. Die flächendeckende Einführung des neuen Grenzwerts für Girokarten soll dann in den kommenden Wochen und Monaten erfolgen. Die Kreditwirtschaft will damit nach eigenen Angaben "das berührungslose Bezahlen als hygienische Bezahlmethode in der aktuellen Situation unterstützen".
Fünf Transaktionen oder 150 Euro
Aber es gibt Grenzen: Zur eigenen Sicherheit und wegen gesetzlicher Vorgaben müssen Karteninhaber weiterhin spätestens nach fünf Transaktionen oder nach einer bezahlten Gesamtsumme von maximal 150 Euro wieder ihre PIN eingeben. Das 50-Euro-Limit für Kontaktloszahlungen galt schon vor Mitte April für die Kreditkarten von Mastercard und Visa.
Und so funktioniert es: Ihre Girocard oder Kreditkarte muss mit dem Wellensymbol ausgestattet sein. Das ist mittlerweile bei der großen Mehrzahl der Karten der Fall. Beim Zahlen müssen Sie Ihre Karte dann auf Aufforderung der Kassenkraft nur kurz ans Bezahlterminal halten, den Piepton abwarten, und alles ist erledigt.
Mit der Limiterhöhung auf 50 Euro "gibt die deutsche Kreditwirtschaft dem bargeldlosen Zahlungsverkehr einen entscheidenden Schub", glaubt Joachim Schmalzl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Auch Beratungsunternehmen wie Oliver Wyman konstatieren, dass sich die Art und Weise, wie Konsumenten bezahlen, durch Covid-19 bereits stark verändert hat - und die weitere Abkehr von der Barzahlung beschleunigt. "Eine Entwicklung, die mehrere Jahre dauern sollte, wird durch die Corona-Pandemie nun auf wenige Monate kondensiert", sagt Gökhan Öztürk, Zahlungsverkehrsexperte bei Oliver Wyman.
Wer den Kontakt mit dem PIN-Pad an der Kasse auch bei Summen über 50 Euro vermeiden möchte, der setzt auf das mobile Bezahlen per Smartphone. Der Vorteil: Smartphone-Zahlungen können mittels Gerätecode, Fingerabdruck oder Gesichtserkennung freigegeben werden - sei es über bankeigene Bezahl-Apps oder Apps von Einzelhändlern wie Edeka oder Netto, die aber nur in den eigenen Geschäften funktionieren.
Apple Pay auf dem Vormarsch
Bundesweit viel genutzt ist auch die Bezahl-App Payback Pay. Die Kunden des Loyalty-Programms erhalten beim mobilen Bezahlen über die App bei Einkäufen noch bis Ende Mai 2020 doppelte Bonuspunkte gutgeschrieben. Einen großen Schub hat das kontaktlose Bezahlen mit dem Smartphone allerdings durch Google Pay und Apple Pay erhalten, die beide auf Basis von Kreditkarten funktionieren. Apple Pay läuft seit wenigen Tagen nun auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken.