Return - der Investmentkommentar von Björn Drescher
Wenn Indizes umgebaut werden, haben passiv gemanagte Fonds bisweilen quasi automatisch ein kurzfristiges Nachsehen. Warum, erklärt schon der Begriff des "Index-Trackers". Schließlich folgt man dem Index, baut ihn maßstabsgetreu nach (oder bildet ihn entsprechend ab) und tauscht, einem denkbar kleinen Tracking Error verpflichtet, so spät wie möglich.
Aktiv gemanagte Fonds, die zukünftige Ereignisse zu antizipieren suchen, können sich hingegen das Zeitfenster zwischen Ankündigung und tatsächlichem Umbau im Zuge frühzeitiger Käufe bisweilen zu Nutzen machen. In gewisser Weise betreiben sie Arbitrage. Der Effekt kann sogar noch verstärkt werden, wenn man in Kenntnis der dem Index und seiner Zusammensetzung zugrunde liegenden Regelwerke frühzeitig auf mögliche Aufsteiger und spätere Käufe der Index (-nahen) Fonds setzt. Analog funktioniert der Mechanismus auch umgekehrt, bei vorausschauender Veräußerung der Aktien jener Unternehmen, die im Index Platz für die neuen Firmen machen müssen.
Beispielhaft mag dafür die jüngste Aufnahme der Immobilienvermietungsgesellschaft Vonovia in den DAX, also in die Liga der 30 größten deutschen börsengehandelten Aktiengesellschaften stehen. Im Umkehrschluss muss Lanxess in den MDAX weichen. Die Aufnahme der Vonovia in den DAX erhöht die Coverage des Wertes, also die Aufmerksamkeit, die das Unternehmen bei Analysten und Investoren genießt. Je näher Fonds innerhalb ihres Anlageuniversums und ihrer Strategie am Index kleben, um so größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie kaufen werden. Bis hin zur völligen Gewissheit, dass sie es tun werden - bei börsengehandelten Indexfonds auf den DAX, die es müssen.
Je stärker der Marktanteil passiver Investmentlösungen grundsätzlich weltweit wird, umso größer wird auch der exemplarisch beschriebene Effekt. Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, dass sich erste Anbieter von ETFs in den USA bereits Gedanken machen, zukünftig in derartigen Fällen über mehrere Tage verteilt schrittweise entsprechende Umbauten in ihren Fonds vorzunehmen und nicht erst im letzten Augenblick zu handeln. Der Wunsch, dem legalen Frontrunning Vorschub zu leisten, ist verständlich aber ambivalent, läuft er doch der Idee des "Plain Vanilla-Indexfonds" zuwider, die Abweichungen zu vermeiden sucht. Ein Grund mehr, die Prozyklik von Indexfonds zu überdenken und abzuwägen, bevor man als Anleger auf sie setzt.