Zwischen Büchele und Denoke hatte es seit längerem Spannungen gegeben. Mehreren Insidern zufolge hatte Denoke hinter den Kulissen zuletzt gegen den Zusammenschluss mit Praxair gearbeitet. Dass er bei Linde Geschichte ist, ändere aber nichts daran, dass der Zusammenschluss mit den Amerikanern vorerst vom Tisch ist.

Denokes Demission gleicht einem hochkantigem Rauswurf. Für sein Ausscheiden wurden weder Gründe noch Details genannt. Auf Dankesworte für seine Arbeit verzichtete das Unternehmen. Als starker Mann bei dem Industriegasekonzern bleibt Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle, der nun für beide Posten neue Leute finden muss. Denokes Aufgaben übernimmt kommissarisch Sven Schneider, der bisherige Abteilungsleiter Konzernfinanzen. An der Börse kamen die Nachrichten gut an: Die Aktien bauten ihre Kursgewinne nach Bekanntgabe der Personalien aus und schlossen mit plus 4,6 Prozent an der Dax-Spitze.

AUFSICHTSRATSCHEF REITZLE BEHÄLT DIE LEDERHOSEN AN



Am Montag hatten Linde und Praxair ihre Fusionsgespräche überraschend für beendet erklärt. Zunächst sprachen sich die Kapitalvertreter im Aufsichtsrat - darunter Oberkontrolleur Reitzle - und Büchele gegen ein Fortsetzung der Gespräche aus. Später folgte der gesamte Vorstand. Insidern zufolge konnten sich beide Seiten nicht über zentrale Fragen wie den Unternehmenssitz, die Standorte von Entwicklungsabteilungen und die Managementbesetzung einigen. "Der Linde-Standort München hätte nur noch eine marginale Rolle gespielt", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. "Das konnte Büchele nicht vertreten." Auch die bayerische Staatsregierung hatte darauf gedrängt, dass der Standort mit starker Stellung erhalten bleibt. "Eine Fusion unter Gleichen ist generell schwierig einzufädeln, daher bestand ohnehin ein Risiko des Scheiterns", sagte ein anderer Insider.

Die Analysten von Liberum hatten die Personalien an der Linde-Spitze vorausgesehen. "Das Ende der Verhandlungen könnte bei Linde zu weitreichenderen Folgen führen, darunter der Abschied des CEOs oder des Aufsichtsratschefs, die sich erkennbar nicht grün sind", schrieben die Experten. Der einstige, langjährige Chef Reitzle gilt bei Linde nach wie vor als der zentrale Strippenzieher. Seinen CEO-Posten, den er wegen einer Altersgrenze aufgeben musste, hatte er nur widerwillig geräumt und war als Aufsichtsratschef so schnell wie möglich in die Konzernspitze zurückgekehrt. Sein Verhältnis zum früheren BASF-Manager Büchele galt am Anfang als schwierig, mit der Zeit haben sich die beiden Insidern zufolge allerdings angenähert.

SCHWIERIGE TRANSAKTION



Linde und Praxair verhandelten seit mehreren Wochen hinter den Kulissen über eine Mega-Fusion. Mitte August wurden die Verhandlungen öffentlich. Linde wollte durch den Zusammenschluss wieder zurück an die Weltspitze im Markt für Industriegase. Die Bayern rutschten kürzlich auf Platz zwei ab, nachdem die französische Air Liquide den US-Konkurrenten Airgas gekauft hatte. Praxair macht nur etwa halb so viel Umsatz wie Linde, ist aber wesentlich profitabler. Zudem ist der Konzern aus Connecticut an der Börse höher bewertet als der deutsche Rivale. Praxair ist mit einem Umsatz von umgerechnet 9,6 Milliarden Euro nur etwa halb so groß wie Linde, mit einem Gewinn von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro aber wesentlich profitabler. Die Deutschen erwirtschaften bei einem Umsatz von 18 Milliarden Euro nur 1,15 Milliarden Euro.

Die Gasebranche ist weltweit stark konsolidiert. Wäre die Fusion gelungen, wären nur noch drei große Industriegase-Anbieter übrig geblieben. Ein Knackpunkt wäre bei einem solchen Schritt deshalb die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden gewesen. Schon beim Kauf des britischen Rivalen BOC 2006 erhielt Linde strenge Auflagen und musste in mehreren Ländern Geschäft an die Konkurrenz abgeben.

rtr