Es gebe zwar noch ungeklärte Fragen, die aber kaum das Zeug hätten, die Einigung zu Fall zu bringen. Die Lufthansa sprach von einem Durchbruch, der die Bilanz massiv entlaste. Die Aktie kletterte fast zwei Prozent und war einer der größten Gewinner im Dax.
Allerdings müssen beide Seiten dem fertigen Kompromiss, der bis Jahresmitte stehen sollen, noch zustimmen. Manche Experten blieben daher skeptisch: "Es gab schon viele Einigung, die sich in Luft auflösten, als es an die Verhandlungen der Details ging", warnte Luftfahrt-Analystin Ruxandra Haradau-Döser vom Broker Kepler Chevreux vor voreiligem Optimismus. Doch die Tarifparteien seien einem Kompromiss näher als in den vorigen fünf Jahren. Gelten sollen die neuen Regeln bis 2022.
Für Konzernchef Spohr ist die Einigung mit den Piloten ein Coup. Der 50-jährige Manager hatte sich gleich nach Amtsantritt vor knapp drei Jahren mit der Gewerkschaft angelegt und die Billigtochter Eurowings ausgebaut. Für Cockpit war das eine Kampfansage, die mit Streiks beantwortet wurde. Die 14 Arbeitsniederlegungen seitdem kosteten die deutsche Traditionsfluglinie eine halbe Milliarde Euro und verunsicherten Passagiere weltweit. Doch Spohr, der selbst die Pilotenausbildung durchlaufen hat, gab nicht nach - anders als seine Vorgänger an der Konzernspitze, die so gut wie alle Forderungen der Piloten durchwinkten. Er hingegen wollte die im Vergleich zur Branche hohen Personalkosten gegen alle Widerstände senken und argumentierte gerne: "Lieber ein paar Tage ohne Lufthansa, als eines Tages komplett ohne Lufthansa." Mit der Einigung sind neue Pilotenstreiks erstmal vom Tisch.
NEUE RENTEN-FINANZIERUNG
Kernpunkt der Einigung ist die Umstellung der Lufthansa-Rente für Piloten. Die Flugzeugführer zahlen künftig einen festen Beitrag in die Kasse. Früher hatte Lufthansa hingegen die Höhe der Rentenausschüttung an die Piloten garantiert. Wegen der niedrigen Zinsen war das System nach Aussagen der Lufthansa aber nicht mehr finanzierbar. Die Veränderung würde die Lufthansa-Bilanz im laufenden Jahr um einen hohen dreistelligen Millionen-Betrag entlasten und hätte einen positiven Effekt auf den Betriebsgewinn, teilte die Airline mit. Eine ähnliche Vereinbarung hatte der Konzern bereits mit den Flugbegleitern geschlossen. Auch andere langjährige Streitthemen wie das Ausscheide-Alter aus dem Beruf von Piloten und der Lohn sollen endgültig geklärt werden. Insgesamt sind zwischen der Lufthansa und der Gewerkschaft mittlerweile 17 Tarifverträge strittig.
Eines der Kernargumente des Konzerns für die Neugestaltung der Tarifverträge sind die hohen Kosten der Piloten. Im Schnitt verdienen sie bei der Lufthansa mit der Schichtzulage 180.000 Euro im Jahr. Sie stellen bei der Kernmarke Lufthansa zwölf Prozent des Personals, auf sie entfallen aber etwa ein Drittel des Personalaufwands.
PILOTEN NICHT MEHR IN DER WARTESCHLEIFE
Die Kranich-Airline kommt Cockpit gleichzeitig entgegen und will erstmals seit Jahren wieder Piloten bei der Lufthansa selbst anstellen. Derzeit warteten nach Angaben der Gewerkschaft 860 schon ausgebildete Flugzeugführer auf einen Job. "Die Absichtserklärung zu einer Gesamtlösung stellt eine große Chance zur Befriedung des seit Jahren andauernden Tarifkonflikts dar", sagte Gewerkschaftsvorstand Handwerg.
Der Kompromiss ist zunächst noch unverbindlich und gilt neben der Lufthansa auch für Lufthansa Cargo und die Billigtochter Germanwings. Die Lufthansa hatte sich mit Cockpit vor einem Monat bereits auf eine Lohnerhöhung für die 5400 Piloten geeinigt. Die Zusatzkosten für das Plus sollten durch Einsparungen bei den Flugzeugführern wieder eingespielt werden, etwa durch die Auslagerung eines Teils der Flotte. Dieses Szenario ist nun vom Tisch, und der alte Lohnabschluss soll in das neue Gesamtpaket übergehen.
Der Arbeitskonflikt zog sich so lange hin, weil hinter den Kulissen ein Streit um den Ausbau des Billigablegers Eurowings zwischen den beiden Parteien tobte. Für Spohr ist die schnelle Expansion von Eurowings strategisch wichtig, um der Expansion von Ryanair und Easyjet Paroli zu bieten.