Schauen wir zunächst auf die statistische Ausgangslage. Obwohl es für den breiten Aktienmarkt 2019 so gut lief wie seit vielen Jahren nicht mehr, gab es auch Enttäuschungen. In der ersten Börsenreihe zählten die Papiere der Lufthansa mit minus 16,7 Prozent zu den größten Verlierern. Mit dem Jahreswechsel werden die Karten aber häufig neu gemischt, wie Auswertungen von Index Radar zeigen. Gerade in den ersten Wochen läuft es meist für die Verlierer des alten Jahres gut. Besonders wenn die Börsenstimmung freundlich ist und Risiko gesucht wird, funktioniert die Comeback-Strategie. Allerdings hält der Effekt nicht lange an, meist übernimmt ab dem zweiten Quartal wieder der übergeordnete Trend.

Auftrieb erfährt der Wert aber auch von anderer Seite. Zum Jahresende kaufte Vorstandschef Carsten Spohr 14.000 Papiere im Volumen von 234.000 Euro erworben. Bereits Anfang August waren es 13.000 Anteile zu einem Kurs von 14,59 Euro. Ähnlich wie Vorstandskollege Ulrik Svensson hat sich auch Spohr über das Aktienprogramm "LH-Performance 2018" zu Eigeninvestments verpflichtet.

Banger Blick auf den Ölpreis

Kurzfristig entscheidend ist aber der Konflikt im Mittleren Osten. Am Ölmarkt war zuletzt ein bemerkenswerter Stimmungsumschwung zu beobachten. Nach dem Sprung auf ein Vier-Monatshoch haben die Ölpreise alle Gewinne seit Jahresbeginn wieder abgegeben. Eine militärische Antwort der USA wird nicht erwartet, US-Präsident Donald Trump plant offenbar nur weitere Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Solange es nicht zu Angebotsausfällen kommt und eine erneute Eskalation ausbleibt, dürften die Ölpreise wie zuvor eher seitwärts laufen. Für Airlines wären dies gute Nachrichten.

Positiv stimmen zudem Neuigkeiten von Ryanair. Europas größte Billigfluglinie verzeichnete eine überraschend gute Entwicklung im Reisegeschäft um Weihnachten und Neujahr. Auch die Buchungen für den Zeitraum von Januar bis April liegen um ein Prozent über dem Niveau vor Jahresfrist. Entsprechend erhöhte das Management die Gewinnprognose und rechnet für das bis Ende März laufende Geschäftsjahr 2019/20 mit einem Überschuss von 950 Mio. bis 1,05 Mrd. Euro. Im November lag die Messlatte noch bei 800 bis 900 Mio. Euro.

KGV-Perle, aber…

Schnäppchenjäger schauen zudem auf die Bewertung. Börse Online rechnet mit einem Ergebnis je Aktie für 2019 von 2,68 Euro und 3,25 Euro für 2020. Umgerechnet liegt somit das 2020er-KGV bei 4,9 - keine andere Aktie aus der ersten Liga ist günstiger. Mit Blick auf die Dividende werden 0,80 Euro erwartet, der Kranichwert glänzt daher mit einer weit überdurchschnittlichen Rendite von mehr als fünf Prozent.

Nur die Charttechnik spielt noch nicht so richtig mit. Der übergeordnete Trend zeigt auf Basis der fallenden 200-Tage-Linie (violett) abwärts und untermauert die Serie fallender Hoch- und Tiefpunkte im Kursverlauf. Nachkaufbereiche verlaufen um 13,70 und 15,40 Euro. Im Bereich um 15 Euro stützt zugleich die untere Grenze des Index Radar-Prognosekorridors (blaues Band). Auf der Oberseite lässt der auf Basis statistischer Auswertungen ermittelte Korridor Luft bis 18 Euro. Erst darüber würde die Aktie ein deutliches Signal der Stärke liefern. Unter dem Strich bleibt die Lufthansa somit nur eine heiße Turnaroundwette für mutige Anleger.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n-tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. www.index-radar.de