Der einst wertvollste Konzern Europas ist 2025 einer der Börsenverlierer. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz soll nun die Trendwende gelingen.
LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy), lange Zeit Europas wertvollster Konzern, hat in den vergangenen zwei Jahren eine schwierige Phase durchlebt. Die Aktie des Luxusgüterriesen verlor allein seit Januar entgegen dem positiven Trend an den europäischen Börsen über 25 Prozent an Wert – belastet durch einen globalen Abschwung im Luxusmarkt, sinkende Konsumentennachfrage und makroökonomische Unsicherheiten.
Nach einem pandemiebedingten Höhenflug, getrieben durch starke Nachfrage insbesondere in Asien, folgt nun die spürbare Abkühlung. Vor allem die Kernsparte Mode und Lederwaren, zu der Marken wie Louis Vuitton und Dior gehören, ist unter Druck: Im ersten Quartal 2025 musste ein organischer Umsatzrückgang von 5 Prozent auf 10,11 Milliarden Euro verkraftet werden.
Ursachen der schwachen Aktienperformance
LVMHs Entwicklung spiegelt die allgemeine Schwäche der Luxusbranche wider: Inflation, steigende Zinsen und geopolitische Spannungen haben die Kaufkraft vieler Konsumenten – insbesondere in Schlüsselmärkten wie China – spürbar gedrückt.
Zugleich ist der Nach-Pandemie-Boom abgeflaut. Verbraucher zeigen sich bei größeren Ausgaben zurückhaltender. Der Konkurrenzdruck durch Mitbewerber wie Kering und Richemont, die ebenfalls mit rückläufigen Umsätzen kämpfen, verschärft die Situation zusätzlich. Auf Jahressicht hat die erfolgsverwöhnte LVMH-Aktie rund 35 Prozent eingebüßt und sich seit dem Allzeithoch 2023 fast halbiert. Luxus ist offenbar kein Selbstläufer mehr.
KI als strategischer Wendepunkt
„Der Markt wird für alle härter“, räumt Franck Le Moal, Group IT and Technology Director bei LVMH, gegenüber dem "Wall Street Journal" (WSJ) ein. Um gegenzusteuern, investiert LVMH massiv in Künstliche Intelligenz. Laut WSJ setzt das Unternehmen prädiktive, generative und agentenbasierte KI in Bereichen wie Lieferkettenplanung, Preisgestaltung, Produktdesign, Marketing und Personalisierung ein – mit dem Ziel, Effizienz zu steigern und Marktanteile zu sichern.
Ein zentrales Instrument ist der unternehmensweite Einsatz des generativen KI-Agenten MaIA, der auf Modellen wie Googles Gemini, dem Bildgenerator Imagen und OpenAIs GPT basiert.
Übrigens: LVMH befindet sich auch im BÖRSE ONLINE Luxus-Index
KI-gestützte Prognosemodelle
In der Lieferkette helfen KI-gestützte Prognosemodelle, die Nachfrage präziser vorherzusagen, Überproduktion zu vermeiden und Prozesse zu optimieren. Auch bei der Preisgestaltung kommt KI zum Einsatz: Sie analysiert Wettbewerbsdaten, Konsumverhalten und regionale Marktbedingungen, um Preise dynamisch und marktgerecht anzupassen.
Beim Produktdesign unterstützt generative KI die Kreativteams bei der Entwicklung neuer Kollektionen durch Trendanalysen und kreative Vorschläge. Im Marketing ermöglichen KI-Systeme personalisierte Kampagnen, etwa indem frühere Kundeninteraktionen ausgewertet und maßgeschneiderte Empfehlungen für Verkaufsberater erstellt werden.
Technologische Partnerschaften und Infrastruktur
Besonderes Potenzial sieht LVMH im Bereich Personalisierung. Durch maßgeschneiderte Angebote und Dienstleistungen will der Konzern die Kundenerfahrung deutlich verbessern. Grundlage ist eine konzernweite Datenplattform, die in Zusammenarbeit mit Google Cloud aufgebaut wurde und Daten aus allen 75 Marken zusammenführt.
Diese Infrastruktur bildet das Rückgrat der KI-Offensive: Sie erlaubt es LVMH, datenbasierte Entscheidungen und Analysen in großem Maßstab umzusetzen. Die strategische Partnerschaft mit Google gilt als einer der entscheidenden Hebel im Transformationsprozess. Carole Madjo, Leiterin der europäischen Luxusgüterforschung bei Barclays, betont gegenüber dem WSJ, dass „KI und agentenbasierte KI für Konsumgüterkonzerne entscheidend sein werden, um den Sturm zu überstehen.“
LVMH als Value-Wette mit KVG von 19
Die zunehmende Integration von KI steht für einen Wandel: LVMH will sich als datengestützter, technologisch führender Luxuskonzern neu positionieren. Zwar hat die Aktie in den vergangenen 12 bis 18 Monaten stark unter dem Marktrückgang gelitten, doch die technologische Aufrüstung könnte langfristig neue Wachstumsfelder erschließen und die operative Effizienz erhöhen.
Ob das reicht, um zur alten Stärke zurückzufinden, hängt jedoch maßgeblich von der Entwicklung der Weltwirtschaft und der Konsumlaune ab. Die nächsten Quartale dürften zeigen, ob LVMH mit seiner KI-Strategie nicht nur den Kursverfall stoppt, sondern auch neue Maßstäbe in der Luxusindustrie setzen kann.
Mit einem KGV von unter 19 und einer Dividendenrendite von knapp 3 Prozent ist die Aktie inzwischen jedenfalls wieder eine interessante antizyklische Value-Wette.
Hinweis auf Interessenkonflikte Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: LVMH.
Hinweis auf Interessenkonflikte Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: LVMH.