Aus vielen Bereichen der Automobilindustrie ist Magna nicht wegzudenken. Für das von dem austrokanadischen Milliardär Frank Stronach (geboren 1932 in der Steiermark als Franz Strohsack) gegründete Unternehmen sind heute mehr als 130 000 Mitarbeiter in 29 Ländern, verteilt über vier Kontinente, aktiv. Die Kundenliste liest sich wie das Who’s who der Automobilbranche.
Nach eigenen Angaben ist der Konzern auf den Gebieten Metallverformung, Kameras, Spiegel, Schließsysteme, Kunststoffe für das Exterieur sowie Auftragsfertigung von Automobilen und Antriebssträngen weltweit die Nummer 1. Einzig in den Segmenten Sitzsysteme (Nummer 4) und Auftragsentwicklung von Fahrzeugen (Nummer 5) muss sich Magna der Konkurrenz geschlagen geben. Das Interieurgeschäft, in dem man in Europa die dritte und in Amerika nur die vierte Geige spielt, wurde soeben verkauft.
Der kanadische Hauptsitz liegt in Aurora (nahe Toronto), in Österreich ist Magna in Graz zu Hause. 1998 übernahm Stronach Teile des ehemaligen Steyr-Daimler-Puch- Konzerns, die seither als Magna Steyr firmieren. Für die Entwicklungsarbeit aber ist Troy in den USA, nördlich von Detroit gelegen, einer der wichtigsten Standorte.
Auf Seite 2: Schlauer, sauberer, sicherer, leichter
Schlauer, sauberer, sicherer, leichter
Dort hat auch Swamy Kotagiri, der im Vorstand das Technikressort verantwortet, seinen beruflichen Mittelpunkt. Der in Indien geborene Manager lernte sein Handwerk bei General Motors, wo er unter anderem für die Entwicklung der Fahrzeuge Suburban und Silverado verantwortlich zeichnete. Seit 16 Jahren ist Kotagiri mittlerweile bei Magna und seit 2014 Entwicklungsvorstand. Im Gespräch mit BÖRSE ONLINE betont er die Leitlinie von Magna: smarter, cleaner, safer und lighter.
"Smarter", erklärt Kotagiri, "bedeutet für uns, dass wir für die Fahrzeuginterieurs unserer Kunden das Beste bieten, was in der jeweiligen Klasse verfügbar ist." "Cleaner" ist für Magna das Selbstverständnis, mit sämtlichen Ressourcen möglichst schonend umzugehen und bei der Entwicklung der Mobilität in Megacitys sinnvolle Lösungen anzubieten. "Safer" wiederum, also die aktive und passive Sicherheit in Fahrzeugen, soll durch eine Vielzahl von Assistenzsystemen realisiert werden, die sich auf Sensoren, Kameras und Radar stützen. "Lighter" schließlich, also die Reduzierung des Gewichts von Fahrzeugen und Komponenten, sei essenziell, um den CO2-Ausstoß zu verringern und, so Kotagiri, "auf der anderen Seite den Fahrspaß zu erhöhen".
Ein Beispiel ist das von Magna entwickelte Allradsystem Flex 4. Es gewährleistet, dass bei der Fahrt im Zweiradantrieb sowohl das Hinterachsdifferenzial als auch die Kardanwelle vollständig stillstehen. Das spart im Vergleich zu herkömmlichen Allradsystemen Sprit und wirkt der Abnutzung beweglicher Teile entgegen. Noch in diesem Jahr will ein deutscher Hersteller ein Fahrzeug mit Flex 4 auf den Markt bringen. Ein entscheidender Schritt, um den Kundenwunsch nach Allradantrieb und das politische Ziel der CO2-Reduktion unter einen Hut zu bekommen.
Auf Seite 3: Autos lernen sehen
Autos lernen sehen
Im Städtchen Holly, ein paar Meilen nördlich von Troy gelegen, befindet sich Magnas größter und wichtigster Standort für die Produktion von Kameras für Automobile. Das Wachstum dieses Segments ist programmiert, denn ohne Kameratechnik wäre ein selbstfahrendes Auto "blind", ergo schlicht nicht realisierbar. Doch nicht nur das autonome Fahren, an dem sowohl Auto- als auch Internetkonzerne forschen, verspricht gute Geschäfte. Auch in ganz konventionelle Fahrzeuge, so schreibt es der Gesetzgeber in den USA vor, muss ab 2018 eine Rückfahrkamera eingebaut sein.
Ende des toten Winkels
Und auch die Außenspiegel könnten in naher Zukunft von Kameras ersetzt werden. Ein Prototyp von Magna zeigt: keine toten Winkel mehr, und beim Einfädeln auf eine vorfahrtsberechtigte Straße werden sämtliche relevanten Verkehrsteilnehmer ohne Verrenkungen sichtbar.
Während der Umsatz durch den Verkauf der Interieursparte leicht zurückgehen dürfte, sind die Gewinnaussichten dadurch besser geworden. Nach einem Ergebnis je Aktie von 4,34 US-Dollar im vergangenen Jahr schätzen die Analysten für 2015 im Schnitt 4,82 Dollar. Im nächsten Jahr sollen es bereits 5,80 Dollar sein.
Analog dazu dürfte auch die Dividende steigen. Diese wird seit dem Krisenjahr 2009 regelmäßig erhöht - zuletzt um 16 Prozent auf vierteljährlich 44 US-Cent. Nach Lage der Dinge war diese Anhebung wohl nicht die letzte.