Es geht Schlag auf Schlag. Vergangene Woche war es an der Europäischen Zentralbank EZB, in der laufenden Woche ist es die US-Notenbank Fed, die über die Richtung der Geldpolitik entscheidet. Vermutlich wird es hier anders ausgehen: EZB-Chef Mario Draghi hat sich bekanntlich entschlossen, vorerst keine weiteren Maßnahmen einzuleiten, die für noch mehr Liquidität sorgen, dagegen gilt eine Zinssenkung der Federal Reserve als so gut wie sicher.

Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass Fed-Präsident Jerome Powell den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte vermindern wird, "als Absicherung gegen eine Abkühlung der US-Konjunktur", so die Commerzbank-Volkswirte Christoph Balz und Bernd Weidensteiner in einer Analyse. Eigentlich wäre sogar ein Schritt um 0,5 Punkte möglich. Dies könne man am Markt aber "als Signal auffassen, dass die Fed-Verantwortlichen sich ernsthafte Sorgen machen und womöglich etwas wissen, was der Markt nicht weiß".

So oder so kann man aber davon ausgehen, dass der 31. Juli, der Tag der Sitzung des Federal Open Market Committee, den Startpunkt für einen neuen Zinssenkungszyklus markiert. Nicht nur Aussagen von Powell deuten darauf hin, nein, das ganze Komitee scheint dahinterzustehen: Äußerungen etwa von Fed-Vizepräsident Richard Clarida und vom New Yorker Fed-Präsidenten John Williams zielen klar in dieselbe Richtung.

Es ist zwar so, dass die US-Wirtschaft nach wie vor erstaunlich robust ist - gut zu sehen an den Daten zum Arbeitsmarkt, den Einzelhandelsumsätzen und der Industrieproduktion sowie an der mit 2,1 Prozent recht hohen Kerninflationsrate. Allerdings scheint die Fed ihre Entscheidungen nicht mehr ausschließlich auf Statistiken stützen zu wollen. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Verlangsamung des globalen Wachstums, die einen Nachfragerückgang zur Folge hat, und auf ein Umfeld mit immer höheren Risiken - etwa was die Handelsspannungen angeht und die Aussicht auf einen harten Brexit.

"Damit wäre eine Zinssenkung einer Risikomanagement-Strategie geschuldet. Es erscheint der Fed weniger riskant, jetzt zu handeln als abzuwarten", erklärt Franck Dixmier, Anleihechef von Allianz Global Investors. Eine Senkung um sogar 50 Basispunkte sei daher durchaus gerechtfertigt. Gerade weil Maßnahmen wie Zinssenkungen in der Realwirtschaft mit Verzögerung von sechs bis zwölf Monaten ankommen. Dazu kommt das "Problem" des starken Dollar, der nach Meinung vieler Experten um zehn Prozent überbewertet sei und die Margen der exportierenden US-Unternehmen belastet. "Auch wenn der Wechselkurs nicht zum erklärten Ziel der Zentralbanken zählt, steht die Fed unter doppeltem Druck - von Präsident Trump einerseits und den Märkten andererseits", so Dixmier. Die Erwartungen an die US-Notenbank sind jedenfalls groß. Entsprechend massiv könnten die Märkte wackeln. "Im ersten Moment nach der Entscheidung könnten die Märkte überrascht auf eine Zinssenkung reagieren, aber dann sollte sie sich positiv auswirken", sagt Dixmier. "Wir gehen davon aus, dass eine Senkung um 50 Punkte zu einem ,Bull-Steepening‘-Phänomen führen kann: komprimierte Spreads, günstiger Dollar und die Fortsetzung der positiven Aktienmarktdynamik." Eine Meinung, der man sich durchaus anschließen kann. Das Umfeld für Aktien bleibt positiv.