Neuberger-Berman-CIO Joe Amato sieht 2025 weiter Kurspotenzial – allerdings jenseits der Big Techs und der Wall Street. Ein schwacher Dollar könnte Rückenwind geben. 

Wenn die Bewertungen steigen, lohnt sich der Blick dorthin, wo sie noch niedrig sind – und genau das tut Joe Amato. Der Chief Investment Officer von Neuberger Berman, einem Assetmanager mit über 500 Milliarden Dollar an verwaltetem Kapital, richtet den Fokus für das zweite Börsenhalbjahr 2025 klar aus: Nicht-US-Aktien, Value-Titel und Small Caps seien attraktiver als die immer wieder gefeierten Mega-Caps aus dem Technologiesektor.

Amato beobachtet einen Trend, der sich pünktlich zum Start in das zweite Halbjahr verstärkt habe: „Wir sehen eine deutliche Rotation aus wachstumsstarken Tech-Werten in unterbewertete Sektoren", erklärte Amato gestern gegenüber dem Finanzsender CNBC. Unter anderem legten Konsumtitel deutlich zu, während Techaktien stärker nachgaben – ein Zeichen, dass Investoren wieder gezielter nach Value suchen.

Amatos Favoriten: Europa, Japan, Small Caps

Der Hintergrund: Die großen Techwerte hätten im ersten Halbjahr stark von positiven Wirtschafts- und Gewinnzahlen profitiert, während Small Caps und Value-Titel ins Hintertreffen gerieten. Genau hier aber sieht Amato jetzt das größte Nachholpotenzial: „Insbesondere Small Caps haben schmerzhaft underperformed – das könnte sich jetzt ändern.“

Während Amato im Large-Cap-Bereich eher neutral positioniert bleibt, setzt er gezielt auf kleine Unternehmen – und auf Märkte im Rest der Welt. Besonders Europa rücke wieder in den Fokus institutioneller Anleger, da fiskalische Stimuli – allen voran in Deutschland – nun endlich umgesetzt würden. 

Ein weiterer Favorit: Japan. Amato verweist auf strukturelle Verbesserungen bei der Corporate Governance, steigende Aktionärsrenditen – und eine langjährige Unterbewertung. Die Kombination aus Reformkurs, stabilem wirtschaftlichen Umfeld und internationalem Anlegerinteresse mache Nippon derzeit besonders attraktiv.

Schwacher Dollar Rückenwind für ausländische Märkte 

Auch der schwache Dollar spiele eine Rolle: „Die Kapitalflüsse gehen wieder stärker nach außen, das hilft internationalen Märkten.“ Der Dollar hat im ersten Halbjahr so stark verloren wie seit 1973 nicht mehr. Für Amato ist das kein Anlass zur Sorge – im Gegenteil. 

Zwar sei der Großteil der Abwertung bereits erfolgt, doch eine fortgesetzte „weiche Tendenz“ sei wahrscheinlich. Sollte die Fed – wie von Amato erwartet – in den kommenden zwölf Monaten die Zinsen um 100 Basispunkte senken, dürfte das den Dollar weiter unter Druck setzen. „Das ist ein weiterer Grund, außerhalb der USA überzugewichten“, erklärt der CIO und President des Vermögensverwalters Neuberger Berman. 

Zölle, Wahlen, China: Geopolitische Risiken bleiben bestehen

Dennoch bleiben die geopolitischen Risiken präsent. Die Gespräche mit Japan vor den dortigen Wahlen, mögliche neue Zölle gegen China – all das könnten laut Amato Themen sein, die kurzfristig für Volatilität sorgen. 

Während institutionelle Investoren im zweiten Quartal nervös reagierten, hätten viele Privatanleger antizyklisch gekauft: „Retail-Investoren haben im März und April in die Schwäche hineingekauft – offenbar mit Blick auf vergangene Erfahrungen mit erfolgreichen Dip-Käufen.“  

Für deutsche Anleger sind die Einschätzungen des amerikanischen Aktienmarktstrategen indes keine größere Neuigkeit: Der DAX zählt mit einem Plus von 19 Prozent seit Jahresbeginn zu den stärksten Leitindizes der Welt.

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DAX (WKN: 846900)