Herr Mornhingweg, Mercedes-Benz Vans hat mit dem Sprinter ein eigenes Segment begründet und seit der Premiere 1995 weltweit 3,4 Millionen Fahrzeuge verkauft. Jetzt rollt eine komplett neu entwickelte Sprinter-Generation an den Start. Wie warm muss sich der Wettbewerb anziehen?
Wir haben bei der nächsten Generation des Sprinter von Anfang an nicht nur Länge, Breite, Höhe, Nutzlast oder die Betriebskosten als Maßstab genommen, sondern den Sprinter als zentrales Element in einer Gesamtsystemlösung gesehen. Das fängt beim Fahrzeug an, geht über die komplette digitale Anbindung von Fahrzeug und Laderaum, neue Lösungen für das schnelle Be- und Entladen bis hin zu Apps. Und wir werden den Sprinter ab 2019 auch als Elektro-Fahrzeug anbieten. Ich kenne keinen Wettbewerber, der ein vergleichbar breites und ganzheitliches Angebot hätte.
Der Sprinter fährt also demnächst in einer eigenen Liga?
Der Sprinter ist die Benchmark in der Branche. Mit der neuen Generation wollen wir diese Messlatte nun erneut höher legen.
Die Vans-Sparte hat 2017 gerade das vierte Rekordjahr in Folge hingelegt und erstmals die Grenze von 400.000 Fahrzeugen geknackt. Folgt mit dem neuen Sprinter jetzt das nächste Rekordjahr?
Das ist unser Ziel. Unser starkes Produktportfolio macht mich da sehr zuversichtlich.
Sie wollen bis 2020 den Absatz auf 500.000 Einheiten steigern. Damit müssten Sie von 2018 bis 2020 im Schnitt um jeweils mindestens acht Prozent pro Jahr wachsen?
Wir haben 2011 die Strategie "Mercedes-Benz goes global" definiert und seither konsequent umgesetzt. Wir haben neue Märkte erschlossen, unser Produktportfolio ausgebaut und sind so seit 2013 kontinuierlich gewachsen. Das ist auch mittelfristig unser Maßstab.
Ein wesentlicher Wachstumstreiber im vergangenen Jahr war China. Dort schnellte der Absatz vor allem dank der starken Nachfrage nach V-Klasse und Vito zuletzt um rund 75 Prozent auf knapp 24.000 Fahrzeuge nach oben. Wie lange können Sie dieses Wachstum in China noch durchhalten?
Mit der V-Klasse und dem Vito haben wir zwei sehr wettbewerbsfähige Produkte, die wir für den chinesischen Markt angepasst haben. Dazu gehören etwa ausfahrbare Sitze mit allem erdenklichen Komfort, oder ein Thermo-Cupholder, der auch Tee wärmt. Solche Features kommen in China sehr gut an. Dazu verkaufen wir unsere Fahrzeuge inzwischen auch über das Händlernetz unserer Pkw-Kollegen in China. Das schlägt sich auch in steigenden Absatzzahlen nieder. Von daher sind wir zuversichtlich, dass wir in China weitere Zuwächse sehen werden.
Dafür hat sich der US-Markt im Vorjahr erneut durchwachsen präsentiert. Beim Absatz reichte es gerade zu einem Plus von einem Prozent. Woran hakt es?
Der US-Markt wächst aktuell nicht. Auch 2018 gehen wir insgesamt von einem stabilen Markt aus.
Nun bauen Sie derzeit in Charleston im US-Bundestaat North Carolina ein neues Werk. Dort soll noch in der ersten Jahreshälfte der neue Sprinter vom Band laufen. Was erhoffen Sie sich von der Produktion in den USA für Ihr Geschäft?
Wir erwarten uns vom neuen Sprinter auch in den USA einen deutlichen Schub.
Was macht Sie so zuversichtlich?
Schauen Sie: Bislang haben wir in den USA beim Sprinter und beim Vito, der in den USA unter dem Namen Metris verkauft wird, Lieferzeiten von mehreren Monaten. Denn die Fahrzeuge werden in unseren deutschen Werken in Düsseldorf und Ludwigsfelde beziehungsweise im spanischen Vitoria gebaut, anschließend zerlegt, verschifft und in den USA wieder zusammengebaut. Dadurch geht uns viel Geschäft verloren. Mit unserem neuen Werk in Charleston werden wir künftig sehr viel schneller liefern können. Das ist ein Riesenvorteil.
Der Metris hat in den USA zuletzt Fahrt aufgenommen. Wäre es vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll, in Charleston künftig auch den Metris zu bauen?
Das ist eine Option, die wir uns anschauen werden.
In den Planungen für Charleston ist eine mögliche Fertigung des Metris‘ also bereits berücksichtigt?
Ja. Wer heutzutage eine solche Fabrik baut, muss langfristig denken. Das ist in Charleston genauso.
2019 soll es den Sprinter ja auch in einer emissionsfreien eVersion geben. Der kleinere Vito kostet als Stromer rund 11.000 Euro netto mehr als die Dieselvariante. Ist das die Größenordnung, auf die sich die Branche auch beim eSprinter einstellen muss, oder wird der Preisunterschied doch ein bisschen höher ausfallen?
Den Preis möchte ich noch nicht verraten. Das hängt auch ganz entscheidend davon ab, welche Batterie-Kapazitäten der Kunde benötigt.
Beim Vito sollen die Kunden die Mehrkosten aber nach drei Jahren wieder drin haben. Länger werden auch Ihre Sprinter-Kunden kaum warten wollen?
Die Kunden leasen die Fahrzeuge, in der Regel auf drei Jahre. In dieser Zeit müssen sie die Mehrkosten für die eVariante wieder drin haben, sonst macht es für sie keinen Sinn. Das werden wir entsprechend berücksichtigen.