Auf diese Steine können Sie bauen": Über Jahrzehnte zahlte die Generation Bausparer kleine Summen bei Schwäbisch Hall und Co ein, um sich später Großes leisten zu können. Doch mittlerweile überzeugt das einstige Lieblingsprodukt der Deutschen die Sparer nicht mehr so: Niedrige Zinsen, kaum Flexibilität und hohe Nebenkosten verderben die Lust aufs Bausparen. Stattdessen erfreut sich eine andere langfristige Art der Geldanlage wachsender Beliebtheit: Sparpläne mit Fonds und ETFs.
"Derzeit werden wir mit neuen Depotanträgen regelrecht überschüttet", berichtet Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen und Anlegen bei ING. Allein der Bestand an ETF-Sparplänen bei großen Onlinebrokern wie Comdirect, ING oder Flatex hat sich laut dem Branchendienst extraETF seit Anfang 2019 auf 2,4 Millionen fast verdreifacht. Geht die Entwicklung so weiter, könnte die Generation Bausparer mittelfristig von einer Generation Sparplan abgelöst werden.
"ETF-Sparpläne sind die beste Wahl, um Kapital fürs Alter anzusammeln", bestätigt Merten Larisch, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Bayern. Schließlich könne man so mit kleinen Summen und relativ geringen Nebenkosten sehr rentabel anlegen. Der Anlagehorizont ist für Larisch klar: "Bis zum Lebensende." Die Sparrate sollte seiner Ansicht nach nicht zu niedrig sein, schließlich wolle man ja seinen Lebensstandard im Alter halten. "Ganz grob gesagt sind acht bis zehn Prozent des Nettoeinkommens angemessen." Allerdings müsse man bei der Sparrate berücksichtigen, ob man noch anderweitig fürs Alter spart, so Larisch.
Tatsächlich kommen schon mit kleineren Sparbeträgen ansehnliche Summen zusammen. Wer pro Rate 125 Euro investiert - was dem Durchschnitt nahekommt, den ING-Kunden monatlich in Fonds- und ETF-Sparpläne stecken -, kann in 30 Jahren inklusive Erträgen auf rund 100.000 Euro kommen. Unterstellt wird dabei eine jährliche Rendite von im Schnitt fünf Prozent. Das ist keine überzogene Erwartung. Der MSCI World machte in den vergangenen 30 Jahren inklusive Dividenden acht Prozent Gewinn pro Jahr.
Je länger die Sparphase läuft, desto mehr wirkt der Zinseszins. Zudem haben Sparpläne eine disziplinierende Wirkung: "Durch die monatlich festgesetzten Sparraten bleibt der Anleger stets auf dem gleichen Kurs und tendiert weniger zu potenziellen Panikreaktionen in Krisenmomenten", erklärt Sebastian Külps, Leiter des Deutschland- und Österreich- Geschäfts beim ETF-Anbieter Vanguard.
Drei Punkte müssen stimmen
Trotzdem müssen drei Dinge stimmen, um mit einem Sparplan erfolgreich anzulegen. Erstens: Die Produktklasse muss zur Risikobereitschaft passen. Fünf Prozent Gewinn pro Jahr und mehr gibt es nach Kosten eigentlich nur mit reinen Aktienfonds und Aktien-ETFs. Selbst mit sehr offensiven Mischfonds, die hohe Aktienquoten haben, daneben aber auch in Anlageklassen wie Anleihen oder Rohstoffe investieren, sind solche Erträge schwer zu erreichen. Dafür sind diese Produkte breit diversifiziert und in Crashs stabiler. Anleger müssen sich also grundsätzlich zwischen hoher Rendite bei hohen Schwankungen oder etwas weniger Rendite und einem ruhigeren Schlaf entscheiden. Zu reinen Aktienprodukten sollten nur jene greifen, die ihren Sparplan zehn Jahre und länger laufen lassen wollen.
Zweitens müssen die konkreten Produkte passen. Das heißt nicht nur, dass man um schlechte Fonds einen Bogen machen sollte. Da Sparpläne meist als Grundbaustein des Vermögensaufbaus dienen, sollte man auch Produkte meiden, die nur in einzelne Länder oder Branchen investieren. Besser: klassische Basisinvestments, die global in Aktien und gegebenenfalls zusätzlich in andere Anlageklassen investieren.
Aktiv gemanagte Aktien- und Mischfonds sind dabei gegenüber ETFs eher zweite Wahl - aufgrund der höheren Gebühren und weil sie weniger häufig sparplanfähig sind. Auch bei den Mischfonds gibt es bereits passive Multi-Asset-ETFs, die in Sachen Kosten und Rendite Standards setzen. "Nur bei Öko-Produkten können aktiv gemanagte Fonds Vorteile gegenüber Standard-ETFs bieten", räumt Larisch ein. "Allerdings sind deren Gebühren oft sehr hoch."
Drittens muss man nicht nur die Gebühren der Produkte im Blick behalten, sondern auch mögliche Kostenfallen bei Broker und Depot beachten. Sie reichen von Depotgebühren über Orderkosten und Ausgabeaufschläge bis hin zu Verkaufsgebühren, wenn man den Sparplan später auflösen will. Die gute Nachricht: Im Moment gibt es unter den Onlinebrokern einen harten Preiskampf, der den Kunden zugutekommt.
In den beiden Tabellen stellt die Redaktion besonders gut für Sparpläne geeignete Fonds und ETFs vor. Die erste Tabelle enthält Produkte, die nur in Aktien investieren, die zweite listet Misch- und Multi-Asset-Portfolios auf. Enthalten sind jeweils auch Produkte, die einem Nachhaltigkeitsansatz folgen.
ETFs auf den globalen Aktienindex MSCI World zählen zu den beliebtesten Sparplanprodukten. Wer einen dieser ETFs bespart, macht viel richtig: Die Managementgebühren sind günstig, Ausgabeaufschläge entfallen. Zudem bündeln sie rund 1.600 Aktien aus 23 Industrieländern, das ergibt eine gute Risikostreuung. Einen echten Querschnitt der Weltwirtschaft erhält man aber erst mit ETFs auf die noch breiteren Indizes MSCI All Country World oder FTSE All World, denn hier sind zusätzlich Aktien aus Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien vertreten. Der Anteil von US-Aktien sinkt gleichzeitig von zwei Drittel auf unter 60 Prozent.
Obwohl ETFs nur stur in alle im Index notierten Aktien investieren, anstatt besonders aussichtsreiche Titel herauszufiltern, schlagen sie die meisten aktiv gemanagten Fonds auf Dauer. In zwei Fällen kann man dennoch über Sparpläne für aktiv gemanagte Fonds nachdenken. Erstens: Wenn die Fonds langfristig doch deutlich besser sind als die passiven Vergleichsprodukte. In den vergangenen zehn Jahren schafften das zum Beispiel der Allianz Interglobal und der Morgan Stanley Global Opportunity. In den letzten fünf Jahren schlug sich außerdem der 2013 aufgelegte MainFirst Global Equities sehr gut. Aber: Nicht jeder Fonds wird bei jedem Broker als Sparplan angeboten. Außerdem werden oft Ausgabeaufschläge fällig.
Aktive ESG-Fonds überzeugen mehr
Zweitens sind aktiv gemanagte Fonds im sogenannten ESG-Bereich, wo man auf Kriterien wie Umweltschutz und gute Unternehmensführung achtet, oft die glaubwürdigeren und konsistenteren Produkte. Passive ETFs auf nachhaltige Indizes wie den MSCI World SRI verzichten zwar auf Aktien aus umstrittenen Branchen wie Kohle oder Waffenbau. Sie unterziehen aber nicht jeden Titel einer individuellen Gewissensentscheidung. Aktive Fonds wie der Ökoworld Ökovision Classic tun das und investieren zusätzlich vor allem gezielt in Firmen, die Umweltprobleme lösen wollen. Für Überzeugungstäter sind diese Fonds deshalb trotz hoher Gebühren die bessere Wahl.
Bis vor wenigen Jahren waren Mischfonds die unumstrittene Domäne von renommierten Fondsmanagern. Mittlerweile hat jedoch auch hier der Trend zu ETF-basierten Produkten Einzug gehalten. Bestes Beispiel: der von Finanzprofessor Martin Weber von der Uni Mannheim entwickelte Arero. Er investiert 60 Prozent seines Kapitals in globale Aktien, 25 Prozent in sichere europäische Anleihen und 15 Prozent in einen Rohstoffkorb. Ganz ähnlich funktioniert der Lyxor Portfolio Strategy ETF. Etwas flexibler geht der Xtrackers Portfolio ETF vor, der eine Aktienquote von 30 bis 70 Prozent hat und den Rest in Anleihen steckt. Das Finetuning übernimmt ein Anlageausschuss.
Auch klassische aktiv gemanagte Mischfonds sind bei Sparplänen nach wie vor gefragt. Bert Flossbach fährt beim FvS Multiple Opportunities mit hohen Aktienquoten, ein paar Anleihen und zehn Prozent Gold seit Jahren solide Erträge ein. Ähnlich offensiv ist der UniRak aufgestellt, der auf Gold verzichtet und meist aus etwa zwei Drittel Aktien und einem Drittel Anleihen besteht. Deutlich defensiver ist mit nur etwa einem Drittel Aktien und zwei Dritteln Anleihen aus Europa der Kapital Plus.
Mischfonds mit Nachhaltigkeitsansatz fristen bei Sparplanangeboten noch ein Nischendasein - auch wenn es etwa mit dem Raiffeisen Nachhaltig- keit Mix oder dem Swisscanto Sustainable Balanced empfehlenswerte Produkte gibt. Das könnte sich mittelfristig mit der neu aufgelegten ESG-Variante des Arero Weltfonds ändern, doch auch die wird bisher selten als Sparplan angeboten.