Munich-Re-Vorstandschef Nikolaus von Bomhard wird für den weltgrößten Rückversicherer daher wieder zuversichtlicher: "Vermessen wäre es nicht", den Gewinn von 1,4 Milliarden Euro aus den ersten sechs Monaten auf das Gesamtjahr hochzurechnen. "Aber wir stehen vor enormen Unsicherheiten, politisch und ökonomisch." Daher bleibe er zunächst bei den 2,3 Milliarden Euro, auf die die Münchener Rück ihre Erwartungen im Frühjahr gesenkt hatte. "Wir sind vorsichtige Menschen. Und das nächste Jahr wird keinesfalls leichter."

An der Börse kamen vor allem die optimistischen Botschaften an: Die Münchener-Rück-Aktie war mit einem Plus von 3,2 Prozent auf 157,55 Euro mit Abstand der größte Kursgewinner im Leitindex Dax. Die Prognosen seien jetzt "ziemlich konservativ", auch wenn sich das Geschäft abgesehen von den Sondereffekten wie erwartet entwickelt habe, urteilten die Analysten der UBS.

Glück und Geschick an den Kapitalmärkten rund um das Votum zum EU-Austritt Großbritanniens sorgten im zweiten Quartal für erhebliche Extra-Gewinne. Der Anstieg von Yen und US-Dollar und der Verfall des Pfund Sterling nach dem Brexit-Votum brachten dem Konzern in der Rückversicherung 340 Millionen Euro Gewinn. Hinzu kamen 900 Millionen Euro Profit aus dem Verkauf von Kapitalanlagen, mit denen die Tochter Ergo unter anderem die Zinszusatzreserve aufstockt. Lebensversicherer müssen wegen der Niedrigzinsphase auf Geheiß ihrer Aufseher mehr Rückstellungen bilden, um ihre Rendite-Versprechen an die Kunden auf Dauer halten zu können.

Trotzdem steckten noch Bewertungsreserven von 35 Milliarden Euro in der Bilanz, neun Milliarden mehr als ein Jahr zuvor. "Das Tafelsilber liegt gut im Schrank", sagte von Bomhard. Das könne die Münchener Rück auch brauchen, fräßen sich die Zinsen doch erst nach und nach in die Bilanz. Zuletzt konnte sie neues Geld nur noch zu 1,6 Prozent anlegen, insgesamt lag die laufende Rendite aber bei 3,1 Prozent.

In der Rückversicherung schlugen vor allem die Waldbrände in der kanadischen Provinz Alberta zu Buche, für deren Folgen die Münchener Rück mit 400 Millionen Euro einstehen musste. Dagegen hielten sich die Schäden aus den Unwettern in Deutschland im Frühsommer in Grenzen: 49 Millionen blieben bei Ergo, weitere 25 Millionen in der Rückversicherung hängen. Dabei schätzt die Ratingagentur Fitch, dass die Überschwemmungen und Hagelschläge die Versicherer mehr als eine Milliarde Euro gekostet haben.

"SCHRUMPFEN IST AUCH OKAY"



Die steigenden Katastrophenschäden reichen aber nicht aus, um den Preiskampf in der Rückversicherung zu beenden. Zwar hielt die Münchener Rück Preise und Volumen bei den Verhandlungen über die Erneuerung der Verträge zum 1. Juli - vor allem in den USA - fast stabil. Doch mehr Gewinn sei nicht drin, konstatierte der für die Rückversicherung zuständige Vorstand Torsten Jeworrek und mahnte zur Zurückhaltung: "Wir dürfen nicht dumm in diesen Markt hineinwachsen." Die Manager hätten "jede Freiheit, Geschäft aufzugeben", sagte Vorstandschef von Bomhard. "Dann schrumpfen wir eben, das ist doch auch okay", fügte Jeworrek hinzu.

Der Anfang Juni verkündete Umbau bei der Erstversicherungs-Tochter Ergo schlägt mit Kosten von rund 400 Millionen Euro zu Buche. 240 Millionen kann die Münchener Rück davon allerdings an die Ergo-Kunden abwälzen, die nach dem Gesetz an Gewinnen und Verlusten beteiligt werden. Der zweitgrößte Erstversicherer in Deutschland streicht unter dem Strich 1800 Stellen und schreibt deswegen rote Zahlen. Von April bis Juni lag der Verlust bei 34 Millionen Euro. Der neue Ergo-Chef Markus Rieß muss vor allem die marode IT modernisieren. Schon im nächsten Jahr soll Ergo wieder Gewinn abwerfen. Auf Dividenden aus Düsseldorf muss die Münchener Rück aber in den nächsten Jahren verzichten.

rtr