Der Streit um die Corona-Hilfen hat wieder einmal die unterschiedlichen Ansichten über die Verfasstheit der EU zutage gefördert. Während die einen am liebsten eine Zentralregierung hätten, möchten die anderen, dass möglichst viel Verantwortung auf Ebene der einzelnen Länder verbleibt. Die dritte Fraktion - die Zentrale zahlt, jeder bestimmt selbst, wie er das Geld ausgibt - kann man nicht wirklich ernst nehmen, aber sie hat naturgemäß viele Anhänger. Das Märchen von den reichen Deutschen, die jetzt endlich Solidarität zeigen müssten, ist indes schlecht erzählt. Zwar sind hierzulande Steuern und Abgabensätze die höchsten, aber die Haushaltsvermögen stehen nicht an der Spitze. Man kann sich aus Solidarität auch ausnutzen lassen.

Die Sorge um hohe Schulden ist nicht nur unter Steuerzahlern verbreitet, die sich fragen, wann sie für die überzogenen Budgets ihrer Regierungen zur Kasse gebeten werden. Sie erfasst auch zunehmend mehr Aktionäre. Denn einer Studie der Fondsgesellschaft Janus Henderson zufolge wird die Verschuldung der 900 größten Unternehmen der Welt (außerhalb des Finanzsektors) in diesem Jahr um knapp eine Billion auf rund 8,5 Billionen Euro steigen. Die neuen Kredite dienen der Bewältigung der Lockdown-Folgen, der Finanzierung von Übernahmen, Investitionen, Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen. Betrachtet man den Durchschnitt, sieht man einen Anstieg der Nettoverschuldung seit 2014 um 37 Prozent. Immerhin hat das Eigenkapital in der gleichen Zeit aber ebenfalls um ein gutes Viertel zugenommen. Fast die Hälfte der globalen Unternehmensschulden liegen in den USA; Deutschland folgt mit rund 700 Milliarden Euro auf Platz 2. Dies ist aber zum großen Teil dem Autofinanzierungsgeschäft geschuldet, dessen Refinanzierung die Verbindlich­keiten aufbläht. So finden sich VW (mit gut 170 Milliarden Euro), Daimler (gut 130 Milliarden) und BMW (rund 100 Milliarden) auf den Plätzen 1, 3 und 8 der Einzelrangliste. Ein knappes Viertel der in der Studie berücksichtigten Firmen hat im Übrigen gar keine Schulden.