Gut Ding will Weile haben, sagt der Volksmund. Nur leider sind es nicht immer nur die guten Dinge, die Zeit brauchen. Manchmal zieht sich auch Unerfreuliches allzu sehr in die Länge.
Die Anleger der Offenen Immobilienfonds, die in den Jahren nach der Finanzkrise aufgeben mussten, erleben genau das. Seit mehr als zehn Jahren steckt ihr Kapital in den Produkten fest. Sie mussten zusehen, wie das Vermögen der Fonds erst eingefroren und dann abgewickelt wurde. Erst hatten die ursprünglichen Anbieter der Portfolios einige Jahre Zeit, ihre Gebäude zu verkaufen, anschließend setzten die Depotbanken, auf die die Vermögenswerte der Fonds per Gesetz übergegangen waren, die Arbeit fort. Die Einnahmen wurden nach und nach an die Anleger ausgeschüttet, das Fondsvolumen sank.
Mittlerweile scheint der Leidensweg beinahe zu Ende. Fast alle Produkte haben ihre Immobilien zu Geld gemacht. Von den zehn für Privatanleger relevanten Fonds in Abwicklung hält nur noch der Degi International eine Immobilie, ein Bürohaus in Bukarest. Bei allen anderen Portfolios beträgt die Gebäudezahl inzwischen null.
Mit dem vollständigen Verkauf aller Objekte erwarteten viele Anleger einen Schlussstrich unter dem unerquicklichen Kapitel. Doch der konnte bislang nicht gezogen werden. Denn die Depotbanken geben das Geld nur sukzessive heraus. So steckt in den abgewickelten Portfolios weiterhin viel Kapital. 1,2 Milliarden Euro sind es insgesamt.
Besonders groß ist das Vermögen des CS Euroreal und des KanAm grundinvest - jeweils zwischen 400 und 500 Millionen Euro (siehe Tabelle unten). Auch der SEB ImmoInvest ist noch stattliche 180 Millionen Euro schwer. Die drei zählten 2009 allerdings auch zu den größten Offenen Immobilienfonds und verwalteten damals jeweils zwischen 4,7 und 6,5 Milliarden Euro.
Die Liquidität, die die Fonds momentan zurückhalten, dient dazu, sich gegen Eventualforderungen abzusichern. Dahinter verbirgt sich eine Reihe von Ansprüchen, die gegen die Depotbanken geltend gemacht werden könnten. Das sind zum einen Gewährleistungspflichten, die gegenüber den Verkäufern der Immobilien bestehen. Stellt sich heraus, dass mit dem Gebäude etwas nicht stimmt, kann der Erwerber auch noch Jahre nach dem Kauf Ersatz für bestimmte Mängel verlangen. Hinzu können Kosten für etwaige Rechtsstreitigkeiten kommen.
Risiken werden abgesichert
Zum anderen verweisen die Depotbanken auf mögliche Steuernachforderungen. Die Jahresabschlüsse von Gesellschaften, wozu auch Zweckgesellschaften zählen, die Teil der Offenen Immobilienfonds waren, werden oft erst nach langer Zeit steuerlich abgewickelt. Ein Nachlauf von fünf bis sieben Jahren sei keine Seltenheit, heißt es von der Commerzbank, die die Abwicklung des CS Euroreal und der zwei Degi- Fonds verantwortet. "Dies bedeutet, dass auch für die Möglichkeit einer signifikanten Steuernachzahlung Vorsorge getroffen werden muss, wenn die lokalen Finanzbehörden ein zugunsten der Gemeinschaft der Anleger gewähltes Steuermodell nicht anerkennen", erläutert eine Sprecherin der Bank.
Für viele Anleger sind derartige Erklärungen Gemeinplätze. Sie meinen, dass es sich die Depotbanken zu bequem machen, indem sie das Geld für alle Eventualitäten zurückhalten. Zudem werde nicht präzise genug dargelegt, wie hoch der Bedarf an flüssigen Mitteln wirklich ist. Für den nach Vermögen größten Offenen Immobilienfonds in Abwicklung, den CS Euroreal, wurde Anfang des Jahres eine Initiative ins Leben gerufen, die Druck machen will. Die Gruppe ‚Fair Deal für CS Euroreal Anleger‘ fordert, dass schneller mehr Geld an die Anleger ausgezahlt wird. "Nach unseren Berechnungen wäre eine Ausschüttungssumme von 350 Millionen Euro angemessen", sagt Rechtsanwalt Robert Peres, der die Initiative vertritt. Nur ein knappes Drittel des aktuellen Fondsvermögens hält Peres zurzeit als Zurückbehalt angesichts eventueller Risiken für akzeptabel.
Aufsicht stimmt zu
Die Commerzbank hat die Forderungen zurückgewiesen. Sie betont, dass das zurückbehaltene Vermögen in vollem Umfang berechtigt ist. "Zur Sicherstellung einer angemessenen Vorsorge wurden die möglichen Risiken bestmöglich identifiziert, quantifiziert und in ein geeignetes Vorsorgemodell überführt", heißt es vonseiten des Instituts. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer und die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin hätten die Berechnungen begutachtet und nichts beanstandet. Ähnliches dürfte auch für die anderen Depotbanken gelten, bei denen die Fonds in Abwicklung verortet sind.
Rechtlich korrekt verhalten sich die Institute zwar, wenn sie Geld erst dann an die Anleger ausschütten, sobald sich einzelne Risiken nicht mehr manifestieren können. Doch ein fader Beigeschmack bleibt. Zumal die Gebührenbelastung der Fonds fortbesteht, obwohl in den meisten Fällen keine Immobilie mehr betreut werden muss. Bei einigen Fonds liegen die Gesamtkosten bei weniger als einem Prozent, bei der Mehrzahl indes darüber. Eine üppige Entlohnung dafür, dass nur noch flüssige Mittel zu verwalten sind. Zusätzlich nagt der Negativzins, der bei Bankeinlagen in dieser Größenordnung anfällt, an der vorhandenen Liquidität.
Für Anleger, die schnell einen Schlussstrich ziehen möchten, gibt es nur einen Ausweg: den Verkauf ihrer Anteile an der Börse. Das Transaktionsvolumen ist allerdings gering, manche Fonds werden selten gehandelt. Zudem sind die dortigen Kurse deutlich niedriger als der offizielle Anteilswert. Abschläge von 17 bis 30 Prozent müssen Anleger hinnehmen, die ihre Anteile auf diesem Weg veräußern möchten.
Ansonsten bleibt nur die Devise "Augen zu und durch". Immerhin sind manche Fonds tatsächlich bereits auf der Zielgeraden: Für einige der kleineren Portfolios steht ein Abschluss 2022 in Aussicht (siehe Tabelle). Ob dieses Ziel erreicht werden kann, können die Depotbanken aber nicht versprechen. Andere Fonds - dazu zählen die drei früheren Schwergewichte CS Euroreal, KanAm grundinvest und SEB ImmoInvest - benötigen dagegen noch Jahre, ehe sie endgültig aufgelöst sind.