Erstaunlich. Während es an der wichtigsten Technologiebörse der Welt, der Nasdaq, richtig rumpelt, sind die Kurse an der Börse in Taipeh auf Rekordniveau. Und das, obwohl die Taiwan Stock Exchange derart von Techunternehmen geprägt wird wie sonst keine andere Börse. Die Hälfte der Gewichtung des Leitindex Taiex stellen IT-Aktien - allein 17 Prozent davon macht der Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor aus. Bei der Kapitalisierung der gesamten Börse sind es sogar 60 Prozent IT-Gewicht. Zum Vergleich: In Südkorea und in China sind es 40 Prozent, in den USA ein Viertel.

Dass das Börsenbeben an Taipeh vorbeigegangen ist, liegt wohl daran, dass Taiwan der Welt wichtigster IT-Auftragsfertiger ist. Und da die Nachfrage nach Halbleitern, Notebooks und Mobiltelefonen nicht nachlässt, bleiben auch die Aufträge stabil. So etwa bei der Zulieferung und Fertigung des iPhone, an der alle großen Namen beteiligt sind - Taiwan Semiconductor, Optikspezialist Largan und Foxconn - an der Börse als Hon Hai Precision gelistet. Seit 2007 baut Foxconn in festlandchinesischen Werken iPhones.

Kaufenswert ist vor allem Taiwan Semiconductor. Hier stimmen Ertragslage, Bewertung, Dividendenrendite. Hon Hai ist dagegen nur etwas für Spekulanten. Das Unternehmen ähnelt immer mehr einem Hedgefonds. Die Bilanz ist vollgestopft mit Swaps und anderen Finanzkonstrukten.







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Seltsame Standortwerbung



Insgesamt hängt das Land, das mit der Auftragsfertigung von Hardware ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet, stark vom Erfolg ausländischer Marken ab. Umso mehr fällt auf, dass es in Taiwan gerade rumort: Multimilliardär Terry Gou kritisiert den Kurs von Staatschefin Tsai Ingwen mit harten Worten. Sein Konzern werde eher sonstwo auf der Welt investieren als in Taiwan, so der Chef von Foxconn. Standortwerbung klingt anders. Auch in anderen Chefetagen großer Unternehmen hört man wenig Schmeichelhaftes über die Präsidentin, deren Popularität rapide gesunken ist.

Im Mai 2016, bei der Amtseinführung der ersten Frau an der Spitze der Inselrepublik, war das noch anders. Sie hatte die Wahl überlegen gewonnen, ihre Demokratische Fortschrittspartei (DPP) die absolute Mehrheit erreicht. Die zuvor dominierende nationalchinesisch-konservative Kuomintang (KMT) war abgelöst. Ihr Programm: Für die Selbstbestimmung der Taiwaner kämpfen und die bilateralen Beziehungen neu ausrichten. Ziel: Taiwan aus der wirtschaftlichen Umklammerung durch den übermächtigen Nachbarn lösen. Die Annäherungspolitik erklärte sie für beendet.

Ein zweischneidiges Schwert: Taiwan ist eine hoch entwickelte Industrienation mit einem BIP pro Kopf, das über dem von Spanien oder Italien liegt - was auch an der engen Verflechtung mit der Volksrepublik liegt. China ist für Taiwan nicht nur Wirtschaftspartner und Werkbank, sondern wegen Pekings politischem Einfluss auch Tor zur Welt. Eine radikale "Entflechtung" ist da gefährlich.

Taiwan wird von Peking im Rahmen seines "Ein-China"-Prinzips geduldet, aber nicht als souveräner Staat anerkannt - und daher auch nicht von den meisten anderen Staaten auf dem Globus. Ein Problem, da man dadurch beispielsweise keine Handelserleichterungen mit den anderen ASEAN-Staaten vereinbaren kann. Abgesehen von Singapur und Neuseeland hat Peking durch politischen Druck die Einbeziehung Taiwans in das Netzwerk von bilateralen Freihandelsabkommen verhindert.

Da klingt es fast paradox, dass taiwanische Unternehmen schon seit den 90er-Jahren auf dem Festland präsent sind. Foxconn etwa beschäftigt in China heute rund eine Million Menschen und erwirtschaftet dort einen Großteil des Jahresumsatzes von 135 Milliarden Dollar.

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Trotzige Standortförderung



Doch trotz der etwas verfahrenen politischen Situation hält sich die Wirtschaft gut. Die sechstgrößte Volkswirtschaft Asiens ist 2017 um 2,6 Prozent gewachsen, 2018 sollen es 2,4 Prozent sein. Mit einem kleinen Makel: Mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 2,5 Prozent seit der globalen Finanzkrise von 2008 bleibt Taiwan deutlich hinter Südkorea, Singapur und Hongkong, also den drei anderen asiatischen Tigern, zurück.

Die heftig kritisierte Präsidentin versucht es daher mit einer Innovationsoffensive. Taiwan soll zum "Asia Silicon Valley" werden, mit einem Zentrum für Forschung und Entwicklung. Man will besser werden in Schlüsseltechnologien wie etwa dem Internet der Dinge. Dafür hat die Regierung ein Sonderbudget in Höhe von umgerechnet 25 Milliarden Euro aufgelegt. Die Abhängigkeit von China will man auch in den Griff bekommen: durch ein staatlich gefördertes Programm zur Erschließung von Märkten, das 18 Länder in Süd- und Südostasien bis nach Australien im Visier hat.

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Auf einen Blick: Taiwan