Solche Beispiele zeigen: Es gibt weltweit eine ganze Reihe von Menschen, die noch im hohen Alter aktiv sind, ja, Höchstleistungen erbringen. Das korrespondiert mit einem Anstieg der Lebenserwartung rund um den Globus. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist sie von 1960 bis 2015 im Durchschnitt von 51,1 auf 70,8 Jahre gestiegen - also um sage und schreibe knapp 20 Jahre.
In Deutschland gibt es ebenfalls ein deutliches Plus. 1960 wurden Männer im Schnitt 66,9 Jahre alt, inzwischen sind es 78,4 Jahre. Bei Frauen waren es 72,4 Jahre, heute sind es 83,4. Und auch hier gibt es beeindruckende Beispiele für Vitalität jenseits der Pensionsgrenze. Der Berliner Günther Krabbenhöft (72) schaffte es binnen kurzer Zeit, vom Niemand zum Mode-Trendsetter zu werden. Johanna Quaas (92), gebürtig aus Sachsen-Anhalt, ist laut "Guinness-Buch der Rekorde" die älteste Turnerin der Welt. Und Therese Schmidt aus Garmisch-Partenkirchen führte noch mit 98 Jahren ein Dessousgeschäft.
Doch mit der Alterung der Gesellschaft nimmt auch die Zeit zu, die die Menschen nach der Erwerbstätigkeit noch erleben. Nach den aktuellsten verfügbaren Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund betrug im vergangenen Jahr die durchschnittliche Rentenbezugsdauer in den alten Bundesländern 19,4 Jahre. 1960 waren es 9,9 Jahre. Tendenz: weiter steigend.
Das bedeutet: Je länger die Zeit in Rente, desto mehr finanzielle Vorsorge muss getroffen werden. Doch wie gehen die Deutschen tatsächlich ihre Altersvorsorge an? Das hat das Statistikportal Statista im Auftrag des Versicherungs- und Finanzberatungskonzerns Swiss Life herausgefunden - in einer repräsentativen Onlineumfrage unter 1500 Bundesdeutschen zwischen 18 und 65 Jahren. €uro wurden die Ergebnisse vorab exklusiv zur Verfügung gestellt (ausgewählte Ergebnisse siehe Grafiken).
Kurzfassung: Fast die Hälfte der Deutschen hält es für sehr wahrscheinlich oder eher wahrscheinlich, dass sie in Altersarmut fallen.
Dennoch sorgen 39 Prozent noch nicht über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus für ihr Alter vor.
"Das ist ein besorgniserregendes Ergebnis", sagt Jörg Arnold, Chef von Swiss Life Deutschland. "Die gesetzliche Rente wird künftig nicht reichen, um den Lebensstandard zu halten. Umso wichtiger ist es, privat vorzusorgen. Und das nicht nur, um der Altersarmut vorzubeugen, sondern vor allem, damit man sein Leben selbstbestimmt gestalten und sich auch im Alter Wünsche erfüllen kann."
Auf Seite 2: Ein Hoffnungsschimmer
Ein Hoffnungsschimmer
Immerhin wollen 49 Prozent all derer, die noch nicht vorsorgen, dies zukünftig tun (siehe Grafik 3).
Und was ist den Deutschen dabei wichtig?
Ganz vorn liegt hier Sicherheit (62 Prozent), gefolgt von Verfügbarkeit (20 Prozent) und Rendite (18 Prozent). Arnold: "Es ist absolut nachvollziehbar, dass sich die Menschen gerade in Sachen Altersvorsorge Sicherheit wünschen. Aber: Sehr sichere Renditen gleichen in dieser Ära der Niedrigzinsen nicht einmal die jährliche Geldentwertung aus. Garantierte Renten sind also mit großer Sicherheit deutlich niedriger als Renten, die mithilfe des Kapitalmarkts erzielt werden. Sprich: Wer eine attraktive Zusatzversorgung anstrebt, kommt nicht umhin, sich mit Produkten zu befassen, die weniger garantieren und stärker renditeorientiert anlegen."
Und wie sorgen jene 61 Prozent vor, die jetzt schon über die gesetzliche Rente hinaus vorsorgen?
Die Mehrheit macht dies ausschließlich privat. An zweiter Stelle steht private plus betriebliche Vorsorge, an dritter ausschließlich betriebliche Vorsorge. Unter den privaten Vorsorgeformen rangiert die Riester- Rente ganz vorn, gefolgt von Sparguthaben, Aktien und Fonds, Immobilien und ungeförderten Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen.
€uro stellt auf den folgenden Seiten klassische Instrumente vor, um fürs Alter vorzusorgen, mit ihren Vor- und Nachteilen und mit einer klaren Kategorisierung nach Renditechancen, Sicherheit, Flexibilität und Bequemlichkeit. Nicht beleuchtet werden Banksparpläne, die angesichts der Minizinsen zu wenig abwerfen, um als attraktive Altersvorsorge zu gelten. Außen vor bleiben Anlagen wie Alternative Investmentfonds (früher als Geschlossene Fonds bekannt) und Rohstoffe wie beispielsweise Gold.
Doch bevor man beginnt, fürs Alter vorzusorgen, sollte man seinen Bedarf berechnen. Und: Welche Summen nötig sind, um die sogenannte Vorsorgelücke zu füllen. Was es damit auf sich hat, erklärt Michael Huber von der Beratungsgesellschaft VZ Vermögenszentrum. "Eine Lücke besteht, wenn die regelmäßigen Einnahmen im Alter die laufenden Ausgaben nicht decken." Seiner Meinung nach sind drei Fragen entscheidend: Wie groß ist meine Einkommenslücke im Ruhestand? Wie viel Kapital benötige ich zum Zeitpunkt der Pensionierung, um die Lücke zu schließen? Und: Wie viel muss ich heute sparen, um dann das notwendige Kapital zur Verfügung zu haben? Welche Summen für Sie relevant sind, können Sie mittels der Tabellen auf den folgenden Seiten selbst kalkulieren.
Allerdings steckt der Teufel im Detail, wenn es um konkrete Beträge geht. "Die Antworten hängen stark von der familiären Situation, dem Beruf und den allgemeinen Lebensumständen ab", erklärt Barbara Sternberger-Frey in ihrem Buch "Altersvorsorge richtig planen", das von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen herausgegeben wird (über www.ratgeber-verbraucherzentrale.de als E-Book erhältlich, ansonsten gebraucht beispielsweise über www.amazon.de).
Die Ausgaben werden durch die persönlichen Ansprüche an das Leben im Ruhestand bestimmt. Vor allem die eigenen Wohnbedürfnisse und die Frage, wann ein Arbeitnehmer seinen Job an den Nagel hängen will, sind wichtig. Um die Höhe der Ausgaben im Ruhestand richtig herzuleiten, empfiehlt es sich, die heutigen Werte zu analysieren und zu überlegen, wie sich diese bis zur Rente und auch im Ruhestand verändern. Doch was ist die richtige Bezugsgröße? "Eine Faustregel besagt, dass man im Ruhestand einen rund 30 Prozent niedrigeren Finanzbedarf hat als während der Berufszeit", meint Sternberger-Frey.
Auf Seite 3: Weniger Kosten
Weniger Kosten
Ihr Argument: Manche Ausgaben reduzieren sich im Alter. Die Ausbildung der Kinder ist vorbei, die wichtigsten Ausgaben sind getätigt. Und wer nicht mehr täglich ins Büro muss, spart Fahrt- und Kleidungskosten. Das Auto darf kleiner ausfallen, oft ist der Zweitwagen obsolet. Der Heidelberger Finanzplaner Arndt Stiegeler sagt: "Einsparpotenzial besteht meist nur durch Konsumverzicht."
Das erreichbare Versorgungsniveau und der Bedarf an zusätzlicher privater Altersvorsorge werden entscheidend vom Arbeitsverhältnis bestimmt. Dieses gibt in der Regel vor, ob und in welcher Form und Höhe später mit einer Grundversorgung zu rechnen ist. Bei berufstätigen Paaren ist am wichtigsten, was jeder zur gemeinsamen Alterskasse beitragen kann. Auch die Art des Zusammenlebens ist bedeutsam: Witwen- oder Witwerrente erhält nur, wer mit dem verstorbenen Partner verheiratet war. Unverheiratete stehen nach dem Tod des Partners auch finanziell allein da.
Nicht blenden lassen
Wie viel vom Staat zu erwarten ist - darauf gibt die sogenannte Renteninformation einen Hinweis, die alle gesetzlich Versicherten über 27 Jahre einmal im Jahr erhalten. Keinesfalls sollte man sich von den dort genannten Zukunftswerten blenden lassen. Denn ob es in kommenden Jahrzehnten Rentensteigerungen geben wird und wie hoch sie ausfallen, weiß heute niemand. Schon heute ist es nicht gerade viel, was die Bürger einplanen können. Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund für die alten Bundesländer zeigen, dass ein Mann im Durchschnitt nur 1078 Euro Altersrente pro Monat erhält. Bei Frauen sind es sogar lediglich 606 Euro.
Was kann helfen, um mit regelmäßigen Beiträgen die persönliche Versorgungslücke zu füllen? Eine gute Wahl kann ein Fondssparplan sein. Wer in den vergangenen 30 Jahren Monat für Monat 100 Euro in Aktienfonds mit Schwerpunkt Deutschland investiert hat, erzielte im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 7,1 Prozent. Wie der Branchenverband BVI errechnet hat, wurden auf diese Weise aus eingezahlten 36 000 Euro nach Kosten insgesamt 120 202 Euro.
Am beliebtesten für eine regelmäßige Altersvorsorge sind bei den Deutschen jedoch Kapitallebens- oder private Rentenversicherungen. Etwa 60 Millionen solcher Verträge gibt es in Deutschland. Die Version ohne staatliche Förderung ist allerdings derzeit kaum für einen Neuabschluss zu empfehlen. Hauptgrund: Klassische Policen haben bei Neuverträgen einen garantierten jährlichen Zins von üblicherweise 0,9 Prozent.
Das klingt erst mal akzeptabel, verglichen mit den üblichen Zinsen bei Tages- und Festgeld nahe null. Allerdings bleibt angesichts enormer Kosten letztlich nur eine Rendite von null Komma irgendwas. Und die Überschussbeteiligung, die in den vergangenen Jahrzehnten regelmäßig zusätzlich bezahlt wurde, geht immer weiter in den Keller. Policen der sogenannten Neuen Klassik und Fondspolicen bieten hier mehr Chancen - aber auch mehr Risiken.
Generell vorteilhafter sind oft öffentlich subventionierte Policen. Die verschiedenen Förderarten lassen sich sogar kombinieren. Tipp: Wer noch bis Jahresende abschließt, kann die gesamte Förderung für 2017 einstreichen. Die Version à la Riester bietet Zulagen oder Steuervorteile und ist unter anderem für Familien attraktiv. Eher für Selbstständige und alle, die noch schnell größere Summen fürs Alter zusammenbekommen wollen, gedacht sind Rürup-Policen, auch Basis-Versicherungen genannt. Sie sind vor allem steuerlich interessant.
Wer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, kann oft zur Entgeltumwandlung mittels sogenannter Direktversicherungen greifen. Diese locken im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge mit Vorteilen bei Steuer und Sozialabgaben. Ab 2018 gibt es zudem eine ganz neue Form der Betriebsrente, die sogenannte Zielrente.
Weitere Möglichkeit: Man kauft - entsprechende finanzielle Potenz vorausgesetzt - eine Immobilie, um sie zu vermieten. Oder eine Immobilie, um selbst darin zu wohnen und so Mietausgaben zu sparen. Jedoch sollte man bedenken, dass laufende Nebenkosten und Ausgaben für Reparaturen entstehen. Wer bereits in einer eigenen Immobilie wohnt, kann in der Rentenphase auf ein spezielles Angebot zurückgreifen. Einige Makler offerieren vor allem in Ballungsräumen älteren Menschen, das Haus zu verkaufen und gegen Nießbrauch weiter darin wohnen zu bleiben.
Diese Lösung hat zwar den Charme, dass man sein Zuhause nicht verlassen muss, aber der Verkaufserlös wird durch den Wert des Nießbrauchs gemindert. Um diesen zu errechnen, wird nicht etwa die statistische Lebenserwartung, sondern die ungleich höhere Lebenserwartung, mit der Versicherer kalkulieren, zugrunde gelegt. So entsteht schnell ein Verlust mehrerer Jahresmieten.
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Fiskus nicht vergessen
Außerdem bei allen Vorsorgearten wichtig: Auch der Fiskus greift zu - immer häufiger sogar bei der gesetzlichen Rente.
Zurück zu den Tabellen: Wer - wie auch immer - vorsorgt, kann die regelmäßigen monatlichen Erträge in Tabelle Nr. 1 einsetzen, zudem alle sonstigen Vermögensbestandteile inklusive vermieteter Immobilien. "Abzuziehen ist ein pauschaler Betrag für Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuern", erklärt die Vorsorgeexpertin Sternberger-Frey.
Knackpunkt für die weitere Rechnung: Man muss schon heute abschätzen, wie lange das Geld reichen soll. Nun weiß natürlich niemand, wie alt er wird. Und kaum jemand möchte das Risiko eingehen, einst ohne Rentenzubrot dazustehen. Wer auf Nummer sicher gehen will und zu Rentenbeginn freies Vermögen zur Verfügung hat, hat mehrere Möglichkeiten: Entweder er schließt einen sogenannten Auszahlplan ab und kalkuliert eine Auszahldauer ein, die deutlich über der statistischen Lebenserwartung liegt. Nach aktuellen Zahlen liegt diese in Gesamtdeutschland für einen 65-jährigen Mann bei 82,7 Jahren und für eine gleichaltrige Frau sogar bei 85,8 Jahren.
Auszahlpläne gibt es bei einer Reihe von Banken; sie bieten regelmäßige Überweisungen über einen festgelegten Zeitraum. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, wählt die ewige Rente (siehe Tabelle Nr. 2). Dann lebt man nur von den Erträgen des Vermögens; das Kapital bleibt unangetastet und kann später vererbt werden. Diese Auszahlpläne haben angesichts der niedrigen Zinsen derzeit jedoch sehr schlechte Konditionen.
Oder er geht eine Sofortrente ein - also eine private Rentenversicherung, deren Auszahlungen sofort beginnen. Auch hier sind die Aussichten angesichts der niedrigen Zinsen zumindest bei Policen mit Garantiezins eher schlecht. Mehr Chancen - aber auch mehr Risiko - gibt es bei Policen aus der sogenannten Neuen Klassik.
Eine weitere Möglichkeit nennt Tom Friess vom VZ Vermögenszentrum: "Eine bewährte Anlagestrategie für Senioren, die ihr Kapital erhalten, zugleich aber auch Geld entnehmen wollen, ist die Etappenstrategie. Dabei wird das Geldvermögen in einen Verbrauchs- und einen Wachstumsteil aufgeteilt - je nachdem, ob Entnahme oder Erhalt im Vordergrund steht. Die Aufteilung erfolgt individuell. Die Etappenstrategie arbeitet in Zehnjahresphasen. Für die erste Dekade werden die gewünschten Auszahlungen festgelegt - dieser sogenannte Verbrauchsteil fließt in werthaltige Fonds. Der Rest wandert renditeorientiert in einen separaten Topf. Aus dessen Gewinnen speist sich ab der zweiten Dekade der neue Verbrauchsteil, während der Wachstumstopf unverändert investiert bleibt. Der entscheidende Vorteil: Der Senior erhält regelmäßig Geld, ohne dass das angelegte Vermögen schmilzt."
Inflation beachten!
Beim Berechnen der Versorgungslücke sollte man eine weitere wichtige Größe nicht außer Acht lassen: die Inflation (siehe Tabelle Nr. 4). Sie betrug seit dem Jahr 1950 in Deutschland im Durchschnitt immerhin 2,53 Prozent. "Auf den ersten Blick erscheint ein solcher Preisanstieg vernachlässigbar, doch haben auch solche relativ niedrigen Raten bei längeren Zeitperioden große Auswirkungen", sagt Vermögensberater Michael Huber, der mit Friess zwei Bücher über Finanzplanung verfasst hat. Um nicht unangenehm überrascht zu werden, sollten Sparer die Einnahmen und Ausgaben getrennt mit unterschiedlichen Preissteigerungsraten durchrechnen und für die Einnahmen eine niedrigere Rate ansetzen als für die Ausgaben, rät Huber: "Versorgungslücken werden erfahrungsgemäß eher zu klein als zu groß eingeschätzt."
Wie frühzeitig sollte man definitive Pläne machen, um die Versorgungslücke zu schließen? Der unabhängige Versicherungs- und Rentenberater Peter Sammer aus Großostheim bei Aschaffenburg favorisiert eine regelmäßige Bestandsaufnahme (etwa mittels Tabelle Nr. 1) und empfiehlt, Art und Umfang der Vorsorge je nach Ergebnis anzupassen. "Meine Philosophie lautet: Auf Sicht fahren, Änderungen von den persönlichen Lebensumständen abhängig machen, spätestens alle fünf Jahre den Status überprüfen und - soweit notwendig - anpassen."