Reflationshoffnungen waren es, die dem Rohstoff-Sektor zwischenzeitlich wieder etwas Leben eingehaucht hatten. Doch zuletzt haben sich die Diskussionen um eine nachhaltig wieder anziehende Inflation wieder gelegt. Im Gefolge hat auch der Schwung bei den Rohstoffpreisen wieder nachgelassen. Dazu ist es gekommen, obwohl Volkswirte die Aussichten für die Weltwirtschaft, und damit eigentlich auch für die Rohstoff-Nachfrage, aktuell so positiv seit einiger Zeit nicht mehr einstufen.
Der CRB-Index, der 19 an Warenterminbörsen gehandelte Rohstoff-Futures umfasst, notiert in diesem Jahr jedenfalls im Minus. Fallen die Notierungen noch etwas weiter, droht sogar der mittelfristige Seitwärtstrend nach unten verlassen und der längerfristige Abwärtstrend wieder aufgenommen zu werden.
Doch dazu soll es nicht kommen. Zumindest nicht nach Ansicht der Rohstoff-Experten von Barclays. Sie sehen vielmehr in der jüngsten Schwäche eine Chance zum Einsteigen. Die Einschätzung hat auch mit der Annahme zu tun, dass die Korrektur beim Eisenerzpreis weitgehend gelaufen sein sollte und sich die Konjunktur in China gut behaupte kann. Zudem dürften die Rohstoff-Produzenten Vernunft walten lassen und das Angebot nicht zu sehr ausdehnen.
Darüber hinaus sprechen die Experten bei der britischen Investmentbank von vernünftigen Bewertungen der börsennotierten Branchenvertreter. Die Perspektiven für die gemessen am freien Cash Flow erwirtschafteten Renditen seien gut. Das eröffne den Unternehmen Spielraum für eine nennenswerte Rückführung von Kapital an die Aktionäre. Das gelte insbesondere auch für jene Gesellschaften, die über eine solide Bilanz verfügen.
Unter den von Barclays beobachteten Rohstoff-Werten mit Europa-Bezug sind vier Titel zu finden, denen die Analysten ein erhebliches Kurspotenzial zubilligen. Gemessen an den zum Redaktionsschluss gültigen Notierungen haben diese Vorgaben zwischen 29 Prozent und 38 Prozent Luft nach oben. Auf den nachfolgenden Seiten verraten wir mehr über diese zum Kauf empfohlenen Aktien.
Auf Seite zwei: Glencore
Glencore-Aktie
Mit ganz oben auf dem Favoritenschild steht bei Barclays die Aktie von Glencore. Die Übergewichten-Empfehlung ist hier mit einem Kursziel von 400 britischen Pence versehen. Gemessen an dieser kürzlich um zehn Pence erhöhten Vorgabe errechnet sich gemessen am aktuellen Kurs ein Potenzial von gut 29 Prozent. Auf Höhe des Kursziels wäre der schweizerische Rohstoffkonzern mit dem einfachen Nettogegenwartswert bewertet, heißt es.
Auch die Schätzungen für den Gewinn haben die Analysten kürzlich leicht erhöht. Beim Ergebnis je Aktie für 2016 stehen nun 0,38 Dollar statt wie bisher 0,37 Dollar zu Buche und für 2017 sind es 0,37 Dollar statt 0,35 Dollar. Daraus errechnet sich ein einstelliges KGV, was im Branchenvergleich günstig ist. Lobend erwähnen die Briten zudem das Geschäftsmodell, das sie als überlegen bezeichnen.
Die Zuversicht für Glencore hat auch damit zu tun, dass Barclays bei den Preisschätzungen für Kohle und Zins über dem Analystenschnitt liegt. Außerdem rechnet man mit weiteren Beteiligungsverkäufen und damit, dass Glencore Wachstum eher durch Akquisitionen als durch den Ausbau eigener Produktionskapazitäten erreichen will.
Durch den Verkauf von Assets sei es gelungen, die Schulden schneller als erwartet abzubauen und so die Bilanz wieder etwas aufzupolieren. Die Rückführung der Schuldenlast hat übrigens jüngst die Ratingagentur Standard & Poor's veranlasst, ihr Langfristrating für Glencore auf BBB von BBB- anzuheben. Der Ausblick ist positiv. Das Kurzfristrating erhöhte man gleichzeitig auf A-2 von A-3.
Aus Sicht von Barclays versetzt die niedrigere Verschuldung die Gesellschaft in der Lage, entweder selbst bald wieder auf Akquisitionstour zu gehen oder eine Sonderausschüttung an die Anleger vorzunehmen. Mit letzterem sei bereits ab dem Sommer zu rechnen. Gerade die Aussicht auf eine ansehnliche Dividendenrendite mache Glencore zum Top Pick im europäischen Minen-Sektor, so das Urteil. Konkret wird mit Blick auf die reguläre Dividende für 2017 mit der Zahlung von 0,17 Dollar je Aktie gerechnet und für 2018 mit 0,19 Dollar. Daraus ergibt sich für das laufende Jahr eine Dividendenrendite von 4,3 Prozent.
Charttechnik
Als die vorangegangene Hausse bei den Rohstoffpreisen im Zuge der Finanzkrise in sich zusammenbrach, geriet auch der Aktienkurs von Glencore gehörig unter Druck. Phasenweise war sogar von einer Pleitegefahr die Rede und das führte speziell 2015 zu einem starken Kurseinbruch. Gegenüber dem Tief von 0,69 Pfund hat sich die Notiz auf dem aktuellen Niveau aber locker mehr als vervierfacht. Weil der Wiederanstieg zuletzt aber ins Stocken geraten ist, geht es momentan vor allem darum, den seit Anfang 2016 aufgebauten mittelfristigen Aufwärtstrend nicht komplett aufgeben zu müssen.
Portrait
Bei Glencore (ehemals Glencore Xstrata) handelt es sich um einen integrierten Rohstoffkonzern, der sowohl im Rohstoffhandel als auch im Bergbau sowie in der Agrarwirtschaft tätig ist. Die Geschäftstätigkeiten gliedern sich in die Bereiche Metalle & Mineralien (Kupfer, Zink, Blei, Aluminium, Ferrolegierungen, Nickel) Energie (Kohle, Öl), und Agrar (Getreide, Ölsaaten, Zucker, Baumwolle). Zweitgrößer Einzelaktionär der Gesellschaft ist der Vorstandsvorsitzende Ivan Glasenberg (8,4 Prozent), wie die Analysten von Independent Research schreiben.
Auf Seite drei: South32
South32-Aktie
Beim zweiten Mitfavoriten taxieren die Analysten von Barclays das Kursziel im Zuge einer Übergewichten-Einstufung auf 2,10 Pfund. Um diese Vorgabe zu erreichen, müsste der Wert um gut 29 Prozent zulegen.
Weder an dem Anlageurteil noch an dem Kursziel wurde jüngst gerüttelt, obwohl die Gewinnschätzungen leicht nach unten angepasst wurden. So hat man die Ergebnisprognose für 2017 von 0,26 auf 0,25 Dollar gesenkt und für 2017 von 0,29 auf 0,27 Dollar. Aber immerhin ging es mit der Vorhersage für 2019 nach oben und zwar von 0,24 Dollar auf 0,27 Dollar.
Die Korrekturen nach unten für das laufende und das kommende Jahr ändern aber nichts an dem Bewertungseindruck. Denn auch auf dieser Basis sind die geschätzten KGVs weiter locker einstellig. Das ist im Branchenvergleich sehr niedrig. Günstig ist dieser Eindruck auch, wenn man einen auf 2,3 Pfund bezifferten Nettogegenwartswert mit einer aktuellen Notiz von 1,625 Pfund vergleicht.
Laut Barclays profitiert die australische Rohstoff-Gesellschaft von Preiserholungen bei einigen von ihr geförderten Rohstoffen sowie von günstigen Wechselkursentwicklungen wie etwa beim südafrikanischen Rand. Potenzial wird mittelfristig insbesondere auch bei den Aktivitäten im Aluminium-Bereich gesehen. Insbesondere dann, wenn ich China Kapazitäten vom Markt verschwinden sollten, was denkbar sei, derzeit aber noch nicht in den Preise stecke.
Interessant sei das Unternehmen zudem unter dem Aspekt von Kapitalrückführungen an die Aktionäre. Was für ein Potenzial da schlummert, wird mit dem Hinweis darauf deutlich, dass kürzlich erst ein Aktienrückkauf im Volumen von 500 Millionen Dollar bekanntgegeben wurde. Dieser Betrag könnte laut Barclays sogar noch weiter auf 700 Millionen Dollar aufgestockt werden, nachdem ein geplanter Zukauf eben gescheitert sei.
Lukrativ sei der Titel aber auch aufgrund von Dividendenüberlegungen. Die Schätzung für die Ausschüttung in diesem Jahr beträgt 0,10 Dollar und 0,11 Dollar für 2018. Daraus errechnet sich bereits für 2017 eine Dividendenrendite von 4,8 Prozent. Unter Verweis auf ein Verhältnis von Unternehmenswert zum EBITDA von 2,9 und einer freien Cash-Flow-Rendite von 16,2 Prozent wird zudem noch einmal an die allgemein als günstig einzustufende Bewertung erinnert.
Charttechnik
Nach der Aufnahme der Börsennotiz verlor der Aktienkurs von South32 im Jahre 2015 erst an Boden. Doch dank wieder gestiegener Rohstoffpreise ging es dann 2016 auch mit der eigenen Notiz nach oben. Konkret stieg der Kurs von 0,43 auf 1,82 Pfund. Das zuletzt genannte Hoch wurde dabei erst am 05. April markiert. Nach dem jüngsten kleinen Rücksetzer ändert das aber nichts daran, dass der Titel seit Ende Oktober letztlich in einem Seitwärtstrend feststeckt.
Profil
South32 ist ein global agierendes Bergbau- und Metallunternehmen, das 2015 durch die Abspaltung von dem Rohstoffriesen BHP Billiton entstand. Unter South32 mit Sitz in Perth in West-Australien wurden dabei alle Aktivitäten in den Feldern Aluminium, Kohle, Mangan, Nickel und Silber zusammengefasst. Die Gesellschaft besitzt die weltgrößte Silbermine und ist einer der wichtigsten Produzenden von Manganerz.
Auf Seite vier: Rio Tinto
Rio Tinto-Aktie
Über viel Luft nach oben verfügt nach Einschätzung von Barclays auch die mit einem Übergewichten-Votum versehenen Anteilsscheine von Rio Tinto. Zwar hat man kürzlich das Kursziel von 4.490 Pence auf 4.300 Pence gesenkt. Aber auch das birgt noch immer ein Aufwärtspotenzial von gut 38 Prozent.
Das Kursziel wurde unlängst nach unten genommen, obwohl es mit den Gewinnschätzungen gleichzeitig nach oben ging. So sagen die Analysten jetzt für 2017 ein Ergebnis je Aktie von 4,81 Dollar statt wie bisher 4,50 Dollar voraus. Die Prognose für 2018 beträgt neuerdings 3,15 Dollar statt 3,00 Dollar und für 2019 sind es 3,11 Dollar statt 2,91 Dollar.
Daraus resultiert für 2018 ein geschätztes KGV von knapp 13, was moderat ist. Auch der mit 42,4 Pfund angegebene Nettogegenwartswert bewegt sich über dem derzeitigen Kurs von 31,12 Pfund. Auch über diese Schiene kann somit von einer vernünftigen Bewertungsrelation gesprochen werden. Beim Verhältnis von Börsenwert zum Nettogegenwartswert hält Barclays jedenfalls den Faktor 1,0 für angemessen.
Bei Rio Tinto hat das Eisenerz-Geschäft eine große Bedeutung. Folglich hangt daran auch das Ergebnis sowie der Aktienkurs. Barclays erinnert in diesem Zusammenhang aber daran, dass ein Preis von 36 Dollar je Tonne ausreicht, um beim freien Cashflow nicht negativ abzuschließen. Damit operiere die Gesellschaft hinter Vale in diesem Bereich mit den niedrigsten Förderkosten weltweit.
Bei den aktuellen Eisenerz-Preisen generiere die breit aufgestellte Rio Tinto einiges an Cashflow. Zudem sei die Bilanz stark und die Bewertung moderat. Auch in Sachen Kapitalrückführung habe das Unternehmen einiges zu bieten. So sei bereits ein Aktienrückkauf mit einem Volumen von 0,5 Milliarden Dollar verkündet worden. Hinzu kommen das Versprechen, eine Dividendensumme von 2,3 Milliarden Dollar auszuzahlen. Gemessen an den selbst gesteckten Kapitalzielen lasse aber selbst das noch immer Spielraum.
Charttechnik
Die Aktien von Rio Tinto hatten von 1986 bis 2008 eine richtig überzeugende Anlagestory zu bieten. Zum Ausdruck kommt das in einem in diesem Zeitraum verbuchten Anstieg von 2,04 Pfund auf 70,78 Pfund. Doch auch hier forderte das Ende der Rohstoff-Hausse anschließend ihren Tribut. Besonders schlecht lief es dabei 2008, als die Notiz ausgehend vom erwähnten Rekordhoch praktisch aus dem Stand heraus bis auf nur noch 10,49 Pfund einbrach. Ab Anfang 2016 lief es dann wieder besser, doch die seit Mitte Februar eingefahrenen Kursverluste haben den seitdem aufgebauten Aufwärtstrend bereits etwas beschädigt.
Profil
Die Rio Tinto plc ist eine der zwei Muttergesellschaften (die andere ist Rio Tinto Ltd.) des Rio Tinto-Konzerns (Dual-Listed Company), eines der weltgrößten Bergbauunternehmen. Bei der Eisenerzproduktion lag der Konzern 2016 hinter Vale und vor BHP Billiton weltweit auf Platz zwei. Der Konzern betreibt laut Independent Research vor allem Minen in Australien und Nordameria, er ist aber auch in Südamerika, Asien, Europa und Südafrika tätig.
Auf Seite fünf: Petra Diamonds
Petra Diamonds-Aktie
Als ein in Jersey ansässiger Diamanten-Produzent ist Petra Diamonds etwas anders aufgestellt als die anderen drei vorgestellten Unternehmen, die eher als breit diversifizierte Rohstoff-Misch-Konzerne einzustufen sind. Gemeinsam mit diesen Werten hat der vierte Favorit aber, dass auch ihm die Barclays-Analysten ein deutliches Kurspotenzial zutrauen. Daran ändert auch die Tatsache eines kürzlich deutlich von 200 Pence auf 185 Pence gesenkten Kursziels nicht. Der mit Übergewichten eingestufte Titel kommt trotzdem noch immer 32,4 Prozent Luft nach oben.
Der im britischen FTSE 250 Index enthaltene südafrikanische Diamanten-Produzent hat für das zweite Halbjahr 2016 einen Anstieg der Produktion von 24 Prozent auf zwei Millionen Karat gemeldet. Gleichzeitig erhöhten sich der Umsatz um 48 Prozent auf 228,5 Millionen Dollar und der Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen sogar um 80 Prozent auf 87,1 Millionen Dollar.
Trotzdem hat Barclays kürzlich die Prognosen deutlich gesenkt. Für 2017 wurde die Ergebnisschätzung je Aktie um drei Prozent auf 0,10 Dollar zurückgenommen, für 2018 um 23 Prozent auf 0,21 Dollar und für 2019 um 17 Prozent auf 0,28 Dollar.
Aber selbst auf dieser Basis (für 2018 ergibt sich damit ein geschätztes KGV von knapp acht), wird die Aktie nach wie vor als sehr werthaltig eingestuft. Ablesen lasse sich das auch am Verhältnis von Marktkapitalisierung zum Nettogegenwartswert. Denn dieses bewege sich momentan lediglich bei 0,76. Auch hier ist davon die Rede, dass ein Multiplikator von 1,0 angemessen sei.
Attraktiv findet Barclays diesen Titel auch deshalb, weil bis 2019 die Produktion auf fünf Millionen Karat steigen soll. Zudem dürfte sich auch der Wertgehalt der gefundenen Diamanten erhöhen, so die Hoffnung. Läuft es besonders gut, indem die Diamantenpreise um zehn Prozent steigen und der südafrikanische Rand zur Schwäche neigt, dann seien sogar Kurse von 206 Pence drin, heißt es.
Ab 2018 wird übrigens mit der Aufnahme einer Dividendenzahlung gerechnet. Konkret wird für das kommende Jahr mit einer Zahlung von 0,06 Dollar kalkuliert und für 2019 mit 0,07 Dollar. Daraus errechnet sich für 2018 eine geschätzte Dividendenrendite von 3,59 Prozent.
Charttechnik
Charttechnisch betrachtet ist die Aktie von Petra Diamonds seit Ende 2014 vor allem mit viel Volatilität aufgefallen. Die Kurse bewegten sich dabei in einer Spanne von 0,28 Pfund bis 2,81 Pfund, wobei sich die eingeschlagenen Kursrichtungen immer wieder abwechselten. Als Folge davon bewegt sich die Notiz aktuell auf einem auch bereits im Jahr 2006 erreichten Stand. Bei diesem häufigen Auf und Ab vollzog der Titel im Vorjahr eine Aufwärtsbewegung. In diesem Jahr stehen bisher allerdings Verluste zu Buche. An der Wechselhaftigkeit scheint sich somit nichts geändert zu haben.
Profil
Petra Diamonds Limited gehört zu den führenden unabhängigen Diamantminen-Gruppen und ist ein wichtiger Lieferant von Rohdiamanten auf dem internationalen Markt. Dabei hat die Gesellschaft ihren Fokus auf Abbau, Verarbeitung, Sortierung und den Verlauf von Rohdiamanten gelegt. Das Unternehmen verfügt zudem über Beteiligungen an fünf produzierenden Minen in Südafrika und Tansania und unterhält ein Explorationsprogramm in Botswana.