Bei RWE läuft’s vor der geplanten Zerschlagung der Ökostromtochter Innogy rund. Der Dax-Konzern verdiente im vergangenen Jahr 1,9 Milliarden Euro. 2016 stand noch ein dicker Verlust von 5,7 Milliarden Euro.



Die Verschuldung sank zum Jahresende um 2,5 Milliarden auf 20,2 Milliarden Euro. "RWE ist heute schon ein gut aufgestelltes und erfolgreiches Unternehmen," sagte Chef Rolf Martin Schmitz am Dienstag in Essen.

Der Energie-Konzern profitierte 2017 besonders von der Rückzahlung der Atomsteuer. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer entschieden, dass die zwischen 2011 und 2016 erhobene Kernbrennstoffsteuer verfassungswidrig sei. RWE hatte rund 1,7 Milliarden Euro zurück erhalten.

Auch aus dem operativen Geschäft kommen gute Nachrichten. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um 6,5 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro. Damit lag RWE über der selbst gesetzten Spanne von 5,4 bis 5,7 Milliarden Euro.

Zusätzlichen Schub gab das Ergebnis im Segment Europäische Stromerzeugung. Das Ebitda stieg um 22,8 Prozent auf 463 Millionen Euro. Zu Jahresbeginn hatte der Konzern hier sogar einen Rückgang erwartet.

Gute Nachrichten für Anleger



An den guten Zahlen will der Konzern die in der Vergangenheit stark gebeutelten Aktionäre teilhaben lassen. Anleger sollen für 2017 eine Dividende von insgesamt 1,50 Euro je Aktie erhalten. Darin erhalten: die bekannte Sonderausschüttung von einem Euro, die aus einem Teil der Atomsteuer-Rückzahlung kommt. Für das laufende Jahr soll die Dividende dann auf 70 Cent je Aktie steigen.

Neue Details zum Innogy Deal



Am Montagabend hatte der RWE-Aufsichtsrat der geplanten Zerschlagung von Innogy zugestimmt. RWE erhält die Ökostromanlagen von Innogy und E.On.

Dadurch werde RWE nach eigenen Angaben zum drittgrößten Spieler im europäischen Geschäft mit erneuerbaren Energien. "Aus dieser Position der Stärke haben wir uns für die Transaktion mit E.ON entschieden," sagte Schmitz. "Wir machen RWE dauerhaft zu einem der führenden Stromerzeuger Europas." In der Windkraft sei der Konzern dann die Nummer zwei. Der Ausbau der erneuerbaren Energien entwickele sich derzeit von einem regulierten Bereich zu einem normalen Wettbewerbsmarkt, sagte Schmitz. Eine schlagkräftige Größe sei dafür "erfolgsentscheidend".

RWE erwartet, dass sich das Ebitda des Konzerns - ohne den Beitrag von Innogy- mit dem Abschluss der Transaktion fast verdoppelt. 2017 waren es noch 2,1 Milliarden Euro.

Von dem Jahr 2020 an sollen die erneuerbaren Energien rund 60 Prozent zum Ebitda beitragen. 30 Prozent sollen aus dem konventionellen Geschäft und dem Energiehandel kommen, die restlichen 10 Prozent aus Minderheitsbeteiligungen.

RWE bekommt die Gasspeicher von Innogy, die Minderheitsanteile der PreussenElektra an den Kernkraftwerken Gundremmingen und Lingen. Von der im Herbst 2016 an die Börse gebrachten Tochter erhält RWE zudem die Anteile am österreichischen Regionalversorger Kelag, der sich auf Wasserkraft fokussiert. "Wir verfügen über ein ausreichend großes Stromkontingent, um die Anlagen planmäßig und sicher bis Ende 2021 bzw. Ende 2022 zu betreiben," sagte Schmitz.

RWE erhält bekanntermaßen 16,7 Prozent der gesamten E.On-Aktien. "Sie glauben nicht, was ich mich schon jetzt über die Kurssteigerungen freue", frohlockte der RWE-Chef. "Da leuchten bei mir jetzt schon die Dollar-Zeichen in den Augen." Diese Beteiligung sei ein reines Finanzinvestment, sagte E.On-Chef Johannes Teyssen. RWE erhalte einen Sitz im Aufsichtsrat. Der ehemalige Rivale dürfe die Beteiligung aber weder aufstocken noch an einen Wettbewerber verkaufen.

Für das laufende Jahr erwartet RWE, dass das Ebitda auf 4,9 bis 5,2 Milliarden Euro fällt. Die niedrigen Strompreise der vergangenen Jahre dürften sich bemerkbar machen. Aber: Derzeit sehe der Dax-Konzern eine leichte Entspannung bei den Großhandelspreisen.

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Einschätzung der Redaktion



Anleger am Aktienmarkt feierten die Geschäftszahlen zunächst. Die RWE-Aktie stieg um zeitweise drei Prozent. Gegen Mittag drehte das Papier leicht ins Minus.

Nach den hohen Verlusten in den vergangenen Jahren scheint nun der Umbruch geschafft. Vor allem die gesunkenen Schulden und das gestiegene Nettoergebnis machen Mut. Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass RWE 2017 von der hohen Rückzahlung der Atomsteuer profitiert hatte. In den Vorjahren hatten zudem Abschreibungen auf Kraftwerke belastet.

Mit der Zerschlagung von Innogy bekommt RWE zu seinen bestehenden Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken zusätzlich den größten Teil des Ökostromgeschäfts von Innogy und E.On. RWE konzentriert sich damit voll auf die Stromerzeugung. Mit dem Ökostromgeschäft hat RWE auch dann eine Perspektive, wenn die Kohle- und Gaskraftwerke abgeschaltet werden - den grünen Strom.

Für RWE ebenfalls positiv: Die Wettbewerbssituation. Der bislang größte Konkurrent E.On zieht sich von der Stromerzeugung zurück, konzentriert sich ganz auf die Netze und den Vertrieb. Dadurch könnten die Strompreise steigen - wovon RWE profitieren dürfte.

Für Anleger grundsätzlich besonders interessant: Die 1,50 Euro hohe Dividende. Beim derzeitigen Kurs erzielen Aktionäre damit eine Rendite von 7,65 Prozent.

Ein Risiko für RWE sind steigende Zinsen. Versorger-Aktien sind traditionell zinssensitiv. Denn durch steigende Zinsen werden Papiere von defensiven Sektoren weniger attraktiv. Zudem kosten die Schulden der Unternehmen mehr. Doch steigende Zinsen haben auch einen positiven Effekt auf die Bilanz: Die Unternehmen müssen für die künftigen Pensionsverpflichtungen weniger zurücklegen.

Charttechnisch ist die RWE-Aktie vielversprechend. Nach der Ankündigung des Innogy-Deals am Wochenende hatte der Kurs am Montag 9,2 Prozent gewonnen. Mit dem Kurssprung vom Montag kletterte die Aktie über die wichtige 200-Tage-Linie. Die guten Zahlen gaben dem Papier am Dienstag weiteren Schub. Die nächste Hürde wartet bei 20,90 Euro. Wenn der Kurs auch diese Marke durchstößt, ist der Weg nach oben frei.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 23,31 Euro
Stoppkurs: 16,65 Euro