Nach Jahren der Seitwärtsbewegung meldet sich RWE mit neuer Strategie zurück: Weniger Investitionen, dafür höhere Rendite. Und ein aktivistischer Investor mischt auch mit – kommt jetzt die Wende für die Aktie?
Seit einigen Jahren ist die Aktie von RWE eine Nullnummer. Während der DAX neue Rekordwerte erreichte, lief die Aktie des Versorgers nur seitwärts. Dass der aktivistische Hedgefonds Elliott gerade eine Beteiligung von fünf Prozent gemeldet hat, ist ein Indiz, dass nun mehr Dynamik in die Notierungen kommen könnte.
Zum Hintergrund: RWE hatte sich im Umfeld der sogenannten Energiewende komplett neu positioniert. Mit dem Vermögenstausch mit Eon kam der Konzern zu einer Plattform für erneuerbare Energien. Die wurde mit hohen Investitionen ausgebaut, 2024 etwa wurden rund zehn Milliarden investiert. Weil die Strompreise 2022 und 2023 hoch waren, konnte der Konzern die Expansion auch mit Gewinnen aus der Braunkohleverstromung zumindest teilweise refinanzieren. Doch mit den seit 2024 tieferen Strompreisen ließ sich das Investitionsvolumen von 55 Milliarden Euro bis 2030 aus dem operativen Geschäft nicht refinanzieren. Die Renditen der neuen Anlagen waren zu niedrig, um Mehrwert für die Anteilseigner zu schaffen. Die Börse reagierte verschnupft.
Das Management hat allerdings reagiert. Schon im Herbst wurde bekannt, dass vor allem die Offshore-Projekte in den USA gekürzt werden sollen. Mit den Zahlen für das Geschäftsjahr 2024, die gerade veröffentlicht wurden, hat der Konzern die Kürzungen des Investitionspakets auch mit einer Nummer versehen: Zehn Milliarden Euro sollen bis 2030 weniger in den Ausbau gesteckt werden.
RWE-Aktie: Sind jetzt fast 50% Kurschance drin?
Doch wird dem Konzern dadurch nicht Wachstumspotenzial entzogen? Das Management meint Nein. Das Betriebsergebnis wird zwar mit geringeren Investitionen auch weniger stark zulegen, doch schon 2024 lag der Anteil des Konzernergebnisses aus Wind- und Solaranlagen bei mehr als 50 Prozent, und das wird bis 2030 trotzdem nennenswert wachsen. Gleichzeitig gibt es beim neuen Investitionsvolumen aber auch eine höhere Hürde. Der Konzern wird nur Geld in neue Projekte stecken, wenn sie die erhöhten Renditeanforderungen von durchschnittlich mehr als 8,5 Prozent erfüllen. Das ist ein klares Signal hin zu einer Kapitalrendite, die die Kapitalkosten verdient und damit auch Werte für die Aktionäre schafft. Das heißt aber auch, dass RWE die Effizienz weiter erhöhen wird.
Und gelingt es nicht, mit Blick auf die Renditevorgabe zu investieren, räumt sich der Konzern ein, einen Teil der Mittel über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurückzugeben. Im Moment läuft schon ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Aktienrückkäufe haben den angenehmen Nebeneffekt, dass das potenziell geringere Ertragswachstum durch eine geringere Zahl an Aktien aufgefangen werden kann.
Die Analysten der US-Investmentbank JP Morgan glauben, dass im Anschluss daran ein neues Milliardenprogramm aufgelegt werden könnte. Und genau dieses Zusammenspiel zwischen höherer Investitionsdisziplin und Optimierung der Kapitalallokation bei einem tendenziell wachsenden Strombedarf sollte der Aktie Dampf machen können. Die Aktienexperten von JP Morgan führen den Wert mit einem Kursziel von 47,50 Euro, fast 50 Prozent über dem aktuellen Kurs.
Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier