Die niederländischen Piloten überlegen noch, ob sie sich den Streiks anschließen. Ryanair streicht deshalb europaweit rund 400 von 2400 Flügen, davon 250 in Deutschland, wie Ryanair-Vertriebschef Kenny Jacobs auf einer Pressekonferenz in Frankfurt sagte.
Betroffen vom Streik der deutschen Piloten sind fast alle Verbindungen des Billigfliegers, die zwischen Freitagfrüh um 03:01 Uhr und Samstagfrüh um 02:59 Uhr aus Deutschland abfliegen sollen. Die Piloten in Baden-Baden werden sich nach Angaben von Ryanair als einzige nicht an dem Ausstand beteiligen. Ryanair wollte die europaweit 55.000 betroffenen Passagiere, davon 42.000 in Deutschland, bis Mittwochmittag informieren. Sie können kostenlos umbuchen oder sich ihren Flug erstatten lassen.
"Der Streik ist unnötig und nicht gerechtfertigt", kritisierte Jacobs. "Wir haben in den vergangenen Wochen deutliche Fortschritte in den Verhandlungen gemacht", sagte Ryanair-Manager Peter Bellew. Die Pilotengewerkschaft Cockpit beklagte hingegen fehlende Bewegung in den seit Januar laufenden Tarifgesprächen. "Für uns ist überhaupt kein konstruktiver Wille zu erkennen, mit uns Tarifverträge abzuschließen", begründete VC-Präsident Martin Locher auf einer Pressekonferenz in Frankfurt den Arbeitskampf. Lediglich die bestehenden Bedingungen sei Ryanair bereit festzuschreiben. "Das ist für uns absolut inakzeptabel. Aus unserer Sicht ist das ein Tarifdiktat, dafür stehen wir nicht zu Verfügung."
"PILOTEN SIND KEINE NOMADEN"
Cockpit, bereits kampferprobt in Konflikten mit der Lufthansa, fordert für die rund 480 Ryanair-Piloten in Deutschland den erstmaligen Abschluss eines Tarifvertrags und eine bessere Bezahlung. Die Gewerkschaft verlang zudem bessere Arbeitsbedingungen. "Die Piloten sind keine Nomaden, die ihre Zelte da aufschlagen, wo Ryanair Geschäft wittert. Es muss Schluss damit sein, dass Ryanair von heute auf morgen quasi seinen Piloten sagen kann, ich versetze dich jetzt auf eine andere Station irgendwo in Europa", sagte Ingolf Schumacher, Vorsitzender Tarifpolitik bei der Gewerkschaft.
Während die Piloten beklagen, sie würden weniger als bei TUIfly erhalten, erklärte Ryanair, die Piloten würden bereits deutlich besser bezahlt als bei der Lufthansa-Billigtochter Eurowings oder beim norwegischen Billigflieger Norwegian. "Ryanair-Piloten verdienen mindestens 30 Prozent mehr als Eurowings- und 20 Prozent mehr als Norwegian-Piloten", sagte Jacobs.
Rechtliche Schritte will Ryanair gegen den Pilotenstreik in Deutschland nicht einlegen. "Wir erkennen an, dass Menschen ein Recht zu streiken haben", sagte Bellew. Ziel sei es, bei den Tarifverhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen. "Das wird etwas Zeit dauern", sagte Jacobs. Er hoffe, dass man bis Weihnachten einen Abschluss erziele.
VERHÄRTETE FRONTEN
Die Vereinigung Cockpit schloss weitere Streiks nicht aus. "Die können dann auch durchaus mal spontaner erfolgen", erklärte Schumacher. "Ich will nicht ausschließen, dass diese noch in den Sommerferien erfolgen könnten." Es bleibe aber dabei, dass Streiks mindestens 24 Stunden vorher angekündigt würden. Ryanair kritisierte die kurze Vorlaufzeit und forderte, dass die Gewerkschaft die Fluglinie mit mindestens sieben Tage Vorlauf informiert. Das ist unter anderem am Ryanair-Sitz in Irland gesetzlich vorgeschrieben.
Erst nach massiven Druck hatte Ryanair im Dezember erstmals in seiner mehr als 30-jährigen Geschichte Gewerkschaften anerkannt. Diese beklagen schon lange eine vergleichsweise schlechte Bezahlung und Arbeitsbedingungen, was das Unternehmen zurückweist.
Ein erster Warnstreik der deutschen Ryanair-Piloten kurz vor Weihnachten war verpufft. Weil die Fluggesellschaft Ersatzpiloten organisieren konnte, fiel kein Flug aus. Ryanair rechnet nun offenbar mit einer höheren Beteiligung und will ein Chaos an den Flughäfen verhindern. Die umstrittene Praxis, in Deutschland auch auf selbstständige Piloten zurückzugreifen, will Ryanair bis Jahresende beenden. Spätestens dann sollen alle direkt bei dem Billigflieger angestellt sein, wie Bellew sagte.
Der irische Konzern bekam den Zorn seiner Mitarbeiter verschiedenen Ländern zuletzt immer mehr zu spüren: Die irischen Piloten haben bereits vier Mal die Arbeit niedergelegt, ein Schlichter soll nun eine Lösung in dem verhärteten Konflikt finden. Vor rund zwei Wochen musste das Unternehmen wegen eines Streiks der Flugbegleiter in Spanien, Portugal, Italien und Belgien mehrere Hundert Flüge streichen. Er rechne nicht damit, dass es in Deutschland auch zu Streiks des Kabinenpersonals komme, sagte Bellew zu Reuters.
rtr