Die Exporte schwächeln wegen der geringeren Nachfrage in wichtigen Absatzmärkten wie China, weshalb die Unternehmen zu Hause weniger investieren. Dadurch blieb das Tempo unter dem im Frühjahr erreichten Niveau von 0,4 Prozent. "Die deutsche Wirtschaft hat ihren moderaten Wachstumskurs fortgesetzt", erklärte das Statistische Bundesamt am Freitag. Große Sprünge trauen ihr die meisten Experten nicht zu - zumal die Erholung in der Euro-Zone zu schwach ist: Auch hier reichte es nur zu einem Plus von 0,3 Prozent.

"Sowohl die privaten als auch die staatlichen Konsumausgaben konnten weiter zulegen", so die Statistiker. Rekordbeschäftigung, steigende Löhne und geringe Inflation dank niedriger Ölpreise befeuern die Kauflaune der Deutschen - zumal Sparen wegen der Mini-Zinsen unattraktiv ist. "Wieder einmal ist der Konsum eine wesentliche Stütze", sagte Ökonomin Ulrike Kastens von der Privatbank Sal. Oppenheim. "Ohne den Schub vom billigen Öl würde die deutsche Wirtschaft vermutlich kaum wachsen", betonte der Europa-Chefvolkswirt der Nordea Bank, Holger Sandte.

"AUSSICHTEN SIND HEITER BIS WOLKIG"



Der Außenhandel bremste dagegen den Aufschwung, weil die Importe deutlich stärker stiegen als die Exporte. Lange Zeit boomende Schwellenländer wie China stecken in einer Schwächephase, andere wie Brasilien und Russland sogar in der Rezession. Das dämpft die Exporte, gehen doch etwa 40 Prozent der deutschen Ausfuhren in diese Staaten. Viele Unternehmen sind deswegen vorsichtig: Ihre Investitionen sanken leicht, was ebenfalls die Konjunktur dämpft.

"Die Aussichten sind heiter bis wolkig", sagte Ökonom Sandte. "Der private Verbrauch muss und kann es weiterhin richten." Hinzu kämen steigende Staatsausgaben für Infrastruktur und Flüchtlinge. "Auf der anderen Seite belastet die langsamere Gangart in den aufstrebenden Volkswirtschaften die Exporte und darüber hinaus wohl auch die Investitionsneigung", so der Experte.

SPANIEN BRUMMT WIEDER - FINNLAND IN DER REZESSION



Die Erholung in der Euro-Zone, in die mehr als ein Drittel der deutschen Exporte gehen, kann die schlappe Weltkonjunktur nicht vollständig auffangen. Zumal das Gefälle in der Währungsunion sehr groß bleibt: In Spanien brummt die Wirtschaft wieder, in Frankreich legt sie moderat zu, Italien kommt nicht richtig in die Gänge, Finnland versinkt sogar in der Rezession.

"Der Konjunkturmotor stottert", sagte Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil. "Der Europäischen Zentralbank wird dies nicht gefallen." Ihr Chef Mario Draghi hat deshalb schon mehrfach signalisiert, noch mehr billiges Geld zu drucken und in die Wirtschaft zu pumpen, um der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und die Inflation wieder näher in Richtung der angestrebten Zwei-Prozent-Marke zu hieven.

Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum der hiesigen Wirtschaft von 1,7 Prozent, 2016 dann von 1,8 Prozent. 2014 hatte sie um 1,6 Prozent zugelegt. "Die deutsche Wirtschaft fährt also derzeit in relativ ruhigem Fahrwasser", so VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel.

Reuters