Siebzig Jahre und kein bisschen leise. SAP-Mitgründer Hasso Plattner feiert am 21. Januar seinen runden Geburtstag, versucht aber trotz fortgeschrittenen Alters nach wie vor, als Aufsichtsratschef Europas größten Softwarekonzern voranzubringen. Doch scheint nicht nur der Manager allmählich in die Jahre zu kommen, auch im Konzern setzt ein gewisser Reifeprozess ein - es fehlt an Schwung.

Ebenso ergeht es der alteingesessenen Software AG, deren Geschäftszahlen zurzeit sogar rückläufig sind. Kein Wunder also, dass Deutschlands größtes Software- Duo an der Börse derzeit nur eine Nebenrolle spielt. Die SAP-Aktie drehte in den vergangenen zwölf Monaten eine Nullrunde, die Software AG verlor mehr als ein Fünftel an Wert.

Kritiker bemängeln, dass die Unternehmen die Zeichen der Zeit zu spät erkannt haben. So warten Investoren erst einmal ab, ob die gestartete Verjüngungskur der beiden auch zum Erfolg führt. Visionär Plattner setzt auf zukunftsträchtige Themen wie Big Data, Cloud und die Echtzeit- Datenbanktechnik Hana. Aktuell gehen die Erfolge im Cloud-Geschäft aber überproportional zulasten der Lizenzerlöse. Nach vorläufigen Zahlen kam der Konzernumsatz 2013 nur um vier Prozent voran, das Betriebsergebnis um sechs Prozent. Die Darmstädter Software AG investiert dagegen in den Ausbau der Unternehmenssoftwaresparte, die höhere Margen als das schrumpfende Servicegeschäft bietet.

Lesen Sie auf Seite 2, auf welche kleineren Softwareunternehmen sich Anleger konzentrieren.

Auf Software gebaut

Während die laufende Transformation die beiden Big Player etwas lähmt, konzentrieren sich Investoren vermehrt auf kleinere und wesentlich dynamischere Softwareschmieden. Eine davon ist RIB Software. Die Aktie erzielte in den vergangenen zwölf Monaten einen Zuwachs von rund 80 Prozent und zählt damit zu den besten Softwaretiteln Deutschlands.

Knapp 50 Prozent Erlöswachstum sowie ein um etwa ein Fünftel höherer Gewinn in den ersten neun Monaten 2013 stützen die positive Entwicklung. Die Firma versorgt rund um den Globus Bauunternehmen, öffentliche Verwaltungen, Architektur- und Ingenieurgesellschaften mit ihren Softwaresystemen für die Ausschreibung sowie für Planungs- und Bauprozesse. "iTWO" heißt die Wachstumshoffnung, die das digitale Planen und Bauen beschleunigen soll. Die Umsätze mit der Softwarelösung schnellten allein im dritten Quartal 2013 um 186 Prozent in die Höhe.

Und die Zeichen stehen weiter auf Wachstum: RIB konnte über den Jahreswechsel hinweg gleich mehrere neue Kunden an Land ziehen, unter anderem China State Construction Engineering Corporation sowie die britische Firma Technip. Angesichts der zuletzt starken Performance wird die Luft für die RIB-Aktie zwar allmählich dünner, doch trauen wir dem Titel noch die Kraft bis auf neun Euro zu.

Ebenfalls mit der Baubranche verbunden ist Nemetschek mit seinen CAD-Programmen. Im Herbst vergangenen Jahres gelang den Münchnern ein lukrativer Zukauf in Norwegen. Ein wenig Sorgen bereitet indes das sich schnell drehende Personalkarussell. Innerhalb von zwei Jahren haben rund zehn Führungskräfte das Unternehmen verlassen. Auch der Chefsessel wurde mehrmals neu besetzt. Ab März wird Patrick Heider den Vorsitz übernehmen. In der Zwischenzeit hat die Gründerfamilie ihre Aktien zum 31. Dezember in einer neuen Gesellschaft gebündelt, um eine stabile Aktionärsstruktur zu sichern. Immer wieder ist Nemetschek in der Vergangenheit als Übernahmeziel aufgetaucht. Die aktuelle Maßnahme spricht allerdings gegen so ein Vorhaben, was ein wenig Fantasie aus dem Titel nimmt. Angesichts der zahlreichen Managementwechsel und der damit einhergehenden Unsicherheiten raten wir vorerst, die Aktie nur auf die Watchlist zu setzen.

Lesen Sie auf Seite 3, welche Unternehmen einen Schuss Übernahmefantasie mit sich bringen.

Ein Schuss Übernahmefantasie

Beim Thema Übernahmespekulation taucht neuerdings auch GK Software auf. Bei dem Lösungsspezialisten für den Einzelhandel ist kürzlich SAP eingestiegen. Die Walldorfer haben sich 5,29 Prozent der Anteile und darüber hinaus ein Vorkaufsrecht für die Anteile der GK-Gründer gesichert, die zusammen noch 58 Prozent der Aktien halten. Aber auch das operative Geschäft läuft wieder an. Zuletzt heimsten die Sachsen einen Auftrag vom Schweizer Handelskonzern Migros ein. Aufgrund der jüngsten Kursrally, die durch den SAP-Deal ausgelöst wurde, sollten Anleger vor einem Engagement eine Kursberuhigung abwarten (siehe BÖRSE ONLINE 01/2014).

Eine Wette wert ist weiterhin die Aktie von CompuGroup. Um rund ein Drittel verteuerte sich das Papier im vergangenen Jahr, das Potenzial ist aber längst nicht ausgeschöpft. Wir räumen dem TecDAX-Titel eine 25-Prozent-Chance bis auf 24 Euro ein. Der Softwarespezialist für die Gesundheitsbranche konnte in den zurückliegenden Wochen gleich mit mehreren positiven Nachrichten punkten. Im Dezember ergatterte das Unternehmen einen wichtigen Auftrag über ein Pilotprojekt für die Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitskarte. Das Ordervolumen von 22 Millionen Euro ist zwar nicht gigantisch, doch ist das Probevorhaben ein starkes Signal aus der Branche und könnte Folgeaufträge nach sich ziehen. Und nach dem regionalen Zuschlag hat die Softwarefirma nun auch gute Chancen, die bundesweite Ausschreibung für sich zu entscheiden. Hauck & Aufhäuser-Analyst Lars Dannenberg rechnet dann mit einem Umsatzvolumen von rund 210 Millionen Euro.

Neben diesem strategisch wichtigen Auftrag drückte Compugroup zuletzt auch bei der Auslandsexpansion aufs Gaspedal. Anfang Januar übernahm das Unternehmen die auf Laborsoftware spezialisierte Firma vision4health mit Sitz in Zürich. Ein paar Tage später meldeten die Koblenzer den Kauf der Imagine Group in Frankreich. Die Gesellschaft bietet ein Softwareprodukt für Ärzte an, das von rund 20 000 Medizinern genutzt wird. Durch die Akquisition verdoppelt CompuGroup die Anzahl der Softwarekunden in Frankreich und wird dadurch klarer Marktführer mit einem Anteil von rund 40 Prozent.

Lesen Sie auf Seite 4, wie die Chancen für SAP und die Software AG stehen.

Turnaround-Wette

Zurück zu den Softwaregrößen SAP und Software AG. Bei beiden ist ein Comeback nicht ausgeschlossen, die höheren Kurschancen räumen wir derzeit aber Deutschlands Nummer 2 ein. Auch wenn das Datenbankgeschäft Sorgen bereitet, der Ausbau der Wachstumssparte mit Software zur Steuerung von Geschäftsprozessen (BPE) kommt voran. Die Markterwartungen sind derzeit gering, und so könnten die Darmstädter positiv überraschen. Doch Vorsicht: Die Aktie der Software AG ist nichts für schwache Nerven. Bis zum endgültigen Turnaround dürfte der Weg steinig werden.