Es bleibt dabei: Auch die vierte Parlamentswahl in den zurückliegenden vier Jahren - und die zweite allein in diesem Jahr - ändert nichts an der politischen Pattsituation im Land. Zwar bleibt die sozialistische PSOE des amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez die stärkste Kraft, zum Regieren muss sie sich aber Partner ins Boot holen. Gut möglich, dass es erneut zu einer von Sánchez geführten Minderheitsregierung kommt. Ob das gut funktioniert, ist fraglich. Schon im April schaffte es Sánchez als Chef der damaligen Minderheitsregierung nicht, seinen Haushaltsentwurf durchzubringen. An den Märkten ist man skeptisch. Spanische Staatsanleihen verloren nach der Wahl an Boden. Auch der Aktienmarkt hinkt hinterher - schon das ganze Jahr über laufen die Leitindizes der meisten europäischen Nachbarländer besser. Es scheint, als ob das Vertrauen der Anleger schwindet in die Fähigkeit des viertgrößten Mitgliedslands der Eurozone, weiterhin Wachstumsraten zu liefern, die über dem EU-Durchschnitt liegen.

Reformen greifen

Denn ironischerweise hat die politische Blockade der vergangenen Jahre dem wirtschaftlichen Erfolg (noch) nicht geschadet. Das Wachstum in Spanien liegt deutlich über dem Durchschnitt der restlichen Eurostaaten: Seit 2013 legte Spaniens Wertschöpfung um 16 Prozent zu, in den übrigen Mitgliedsstaaten waren es nur zehn Prozent. Einen großen Anteil daran haben die Reformen, die noch der einstige Ministerpräsident Mariano Rajoy anstieß. So etwa die Arbeitsmarktreform, die es den Unternehmen ermöglicht, flexibler auf Auftragsschwankungen zu reagieren. Auch der einst extrem aufgeblähte Bausektor wurde durch die Schließung der stark im Hypothekengeschäft tätigen Sparkassen zurechtgestutzt.

Das Problem ist nur, dass es damit nicht getan ist. Sánchez müsste daran anknüpfen und weitere Reformen in die Wege leiten. Denn die großen Probleme sind auch weiterhin ungelöst: allen voran die katalanische Unabhängigkeitsbestrebung. Aber auch am Arbeitsmarkt mangelt es. So ist der Lohnzuwachs in Spanien schwach, und die Arbeitslosenquote der jungen Generation liegt noch immer deutlich über 30 Prozent. Das Potenzial der Wirtschaft wird so auf lange Sicht beschränkt.

Unter "ferner liefen"

Auch die kurzfristigen Indikatoren sehen durchwachsen aus. Der Einkaufs­managerindex der Industrie - ein wichtiger Frühindikator - fällt seit März dieses Jahres. Die Investitionen der Unternehmen lassen ebenfalls nach. Spanien belegt im Doing Business Index der Weltbank in diesem Jahr einen schwachen 30. Platz.

Allerdings ist die Stimmung, was die Entwicklung des iberischen Landes angeht, inzwischen derart schlecht, sodass es für Contrarian Investors, also Anleger, die bewusst gegen den Strom schwimmen, schon wieder interessant wird. Frei nach dem Motto: Viel schlechter kann es nicht mehr werden, es gibt viel aufzuholen. Auch an der Börse. Der Leitindex Ibex 35 hinkt dem Euro Stoxx 50 hinterher. Und der breitere MSCI Spain Index notiert inzwischen wieder auf dem Niveau von vor der Wahl 2015. Dabei gibt es eine Fülle interessanter Aktien: etwa Gestamp. Der familien­geführte Konzern fertigt mit 43 000 Mitarbeitern weltweit Karosserien und Fahrwerkkomponenten. Das Unternehmen profitiert dabei vom Trend hin zum E-Auto. Im deutschen Gestamp-Werk in Bielefeld betreibt man ein Forschungszentrum und ein hochmodernes Werk. Dort werden bald jene Aluboxen gefertigt, welche die Batterien für den Antrieb aufnehmen sollen. Mittlerweile haben sie in Bielefeld Aufträge von Mercedes, VW und BMW erhalten. Gestamp machte 2018 mehr als 8,5 Milliarden Euro Umsatz. Seit 2009 wächst das Unternehmen im Schnitt um 17 Prozent pro Jahr. Es hat im vergangenen Jahr Forschungs- und Entwicklungszentren in China, Japan und den USA eröffnet, und mehr als vier Fünftel des Umsatzes sind international.




Spannend auch Grifols, ein Hersteller von Blutplasma. Egal wo die Konjunktur hingeht, dieses Produkt wird immer benötigt, und es gibt viele neue Verwendungsmöglichkeiten. Weltweit gibt es zu wenig Blutplasma - und nur drei Unternehmen, die den Markt kontrollieren. Grifols gehört dazu. Das Unternehmen liefert außerdem Medizinprodukte und Ausgangsprodukte für Testlabore. Zwei Werke hat man in Betrieb, in Spanien sowie in Los Angeles.

Und schließlich Inditex. Das Mode­unternehmen erwirtschaftete in den zurückliegenden zwei Jahren einen Cash­flow von je 4,4 Milliarden Euro. Beachtlich. Die Eigenkapitalrendite lag dabei bei ebenfalls beachtlichen 24 und 26 Prozent. Hält Inditex dieses Niveau, sollte es weiter aufwärtsgehen.