Die jüngste Vollbremsung bei Tech-Aktien an der Börse hat jedoch auch den Höhenrausch der Papiere seiner Firma jäh zum Erliegen gebracht. Was bei Tesla los ist, wie Analysten den Titel einschätzen und was der Kurs gemacht hat.

DAS IST LOS BEI TESLA:

Während die großen deutschen Autobauer Volkswagen (Volkswagen (VW) vz), Daimler und BMW in der Corona-Krise in vielen Weltregionen Mühe haben, ihre Autos an die Kunden zu bringen, kann sich Musk fast schon die Hände reiben - denn die Nachfrage nach Elektroautos hat in der Krise kaum gelitten. Förderprogramme wie in Deutschland verhelfen den alternativen Antrieben in Europa sogar zum lange ersehnten Aufschwung. Insgesamt lagen die Auslieferungen der Amerikaner im zweiten Quartal wegen der starken Nachfrage nach den Modellen 3 und Y nur 5 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Doch auch Tesla ist nicht von den Einschränkungen der Corona-Pandemie befreit - Musk leistete sich zu Hochzeiten des Lockdowns in den USA einen skurrilen Streit mit den örtlichen Behörden in Kalifornien. Trotz allem will Tesla dieses Jahr mehr als 500 000 Autos ausliefern. 2019 waren es rund 367 500.

Weltweit bemüht sich Tesla, weitere Produktionskapazitäten zu schaffen. In Grünheide vor den Toren Berlins baut Tesla derzeit seine erste europäische "Gigafactory", in der ab Sommer 2021 zunächst das Kompakt-SUV Model Y vom Band rollen soll. 500 000 Fahrzeuge jährlich sind bisher für das Werk geplant. Während in der deutschen Autoindustrie ein Abbau Tausender Arbeitsplätze droht, sucht Tesla für das Werk in Berlin händeringend Fachkräfte.

In Shanghai hatte Tesla in Rekordzeit ein Werk hochgezogen und die ersten Fahrzeuge um den Jahreswechsel 2019/20 ausgeliefert. In den USA soll in Texas neben dem Stammwerk in Fremont (Kalifornien) eine zweite Autofabrik entstehen.

Und auch bei den Geschäftszahlen kann Tesla mittlerweile einige Stabilität aufweisen. Im zweiten Vierteljahr gelang der vierte Quartalsgewinn in Folge - das ist die erste zwölfmonatige Gewinnserie in der 17-jährigen Unternehmensgeschichte. An der Aufnahme in den weltweit stark beachteten Aktienindex S&P 500 schrammte Tesla kürzlich nur knapp vorbei, vier Gewinnquartale in Folge sind dafür Voraussetzung.

Ganz zurücklehnen kann sich Musk ohnehin nicht bei dem Versuch, auch künftig der weltgrößte Elektroautobauer zu bleiben. Dieser Tage startet Autoriese Volkswagen die Auslieferung seines ID.3, der den Wolfsburgern im Elektrozeitalter ähnliche Erfolge bescheren soll wie der Golf bei Verbrennern. BMW macht es bald mit seinem ersten vollelektrischen SUV iX3 den Konkurrenten von Mercedes (EQC) und AUDI (E-Tron) nach. Und auch bei den Lastwagen droht Konkurrenz: Hier will Tesla mit dem Elektrotruck Semi punkten - kürzlich formierte sich mit dem US-Autogiganten General Motors und dem Start-Up Nikola aber ein namhafter Gegenspieler.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Von den 37 Analysten, die Bloomberg als Beobachter der Tesla-Aktie aufführt, empfehlen derzeit wegen der Kursentwicklung der letzten Monate nur sechs den Titel zum Kauf. 18 sind unentschieden, 13 raten zum Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 300 Dollar, während die Aktie aktuell gut 370 Dollar kostet. Dabei ist das Spektrum hoch: Die Optimisten schätzen das Potenzial bis auf 566 Dollar, Pessimisten gehen bis auf unter 20 Dollar herunter.

Ein wichtiges Event für Anleger dürfte der für den 22. September angekündigte Battery Day werden, glaubt UBS-Analyst Patrick Hummel. Dabei dürfte es um eine neue Batterie-Technologie gehen. Allerdings sieht Hummel für die Aktie bei den derzeitigen Fundamentaldaten zunächst eine Konsolidierungsphase. Er verdoppelte sein Kursziel für die Papiere von 160 auf 325 Dollar.

Analyst Mark Delaney von Goldman Sachs zeigte sich etwas überrascht vom Zeitpunkt der kürzlich erfolgten Kapitalerhöhung über fünf Milliarden Dollar. Angesichts der zurückliegenden Kapitalerhöhungen des Autobauers und der Investitionspläne seien diese in der Sache allerdings nicht unerwartet.

Der Wandel in der Autoindustrie sei zwar noch in einem frühen Stadium, dennoch könnte sich der Wettbewerbsvorsprung des US-Elektrobauers bald verringern, schrieb Analyst Philippe Houchois von Jefferies. Allerdings setze sich Tesla in Bereichen wie der verwendeten Software, der Akkukapazität und der Produktionseffizienz weiter von der Konkurrenz ab. Nach den Zahlen für das zweite Quartal habe er zudem seine Schätzung für den operativen Gewinn im laufenden Jahr um 50 Prozent angehoben.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Tesla-Aktie hat in diesem Jahr eine nahezu beispiellose Rally hinter sich. Während die Bewertungen anderer Autobauer nicht erst seit der Corona-Krise im Keller sind, fuhr Musk mit seiner Firma einen Kurs-Rekord nach dem anderen ein. Die Aktie wurde sogar so teuer, dass sie für einfache Anleger außer finanzieller Reichweite zu geraten drohte. Tesla kündigte kurzerhand einen Aktiensplit an, für ein bestehendes Papier gab es einfach vier neue hinzu.

Allerdings war auch der Weg für Tesla nicht ohne Schlaglöcher: Zog der um den Aktiensplit bereinigte Kurs bis Ende Februar schon auf mehr als das Doppelte an, ging es mit dem Corona-Crash sogar noch schneller wieder herunter. Die Aktie fiel bis Mitte März auf gut 70 Dollar, bis die Verkaufspanik an den Märkten langsam abebbte. Das Tesla-Papier zog daraufhin wieder an, im Juni ging es erstmals über die 200-Dollar-Marke. Am 1. September schraubte sich der Kurs dann bis auf das bisherige Rekordhoch von 502,49 Dollar.

Mit der Korrektur bei Tech-Aktien, dem verpassten Einzug in den breiten Wall-Street-Leitindex S&P 500 sowie der angekündigten Konkurrenz aus GM und Nikola stürzte die Tesla-Aktie dann wieder auf gut 370 Dollar herunter.

Was die immer noch hohen Kurse bedeuten, wird erst im Kontext anderer Autobauer deutlich. Tesla ist derzeit an der Börse mit rund 346 Milliarden Dollar fast doppelt so viel wert wie die drei deutschen Autokonzerne Volkswagen, Daimler und BMW zusammen.

Die US-Autokonzerne General Motors, Ford (Ford Motor) und Fiat Chrysler (Fiat Chrysler (FCA)) sind gegen Tesla geradezu Börsenzwerge. Auch der ehemals teuerste Autokonzern der Welt Toyota (Toyota Motor) sieht nur noch Teslas Rücklichter: Die Japaner werden umgerechnet mit rund 214 Milliarden Dollar bewertet.

Für Anleger der traditionellen Auto-Schwergewichte wird es entscheidend sein, wer in der Welt aus Elektroantrieben künftig noch Geld verdienen kann: Zwei der großen Automärkte, China und Europa, verschärfen ihre Umweltrichtlinien derart, dass den Herstellern kaum ein anderer Ausweg bleibt, als einen großen Teil ihrer Flotte künftig mit Elektromotoren zu verkaufen. Tesla hat nach langen Zweifeln zuletzt bereits nachgewiesen, dass es mit E-Autos Geld verdienen kann. Das steht für VW (Volkswagen (VW) vz) & Co noch aus.

dpa-AFX