Elon Musk hat ein neues Projekt: Der Multiunternehmer versucht sich als Musiker. "Don’t Doubt Ur Vibe" lautet der Elektropop-Song, den er gerade veröffentlicht hat. Schon jetzt verbreitet der 48-Jährige Euphorie: nicht auf der Tanzfläche, sondern auf dem Börsenparkett. Seit Juni hat sich der Wert seines wichtigsten Projekts, Tesla, verfünffacht, innerhalb eines Monats verdoppelt. Musk-Jünger sehen den Elektroautohersteller an einem historischen Wendepunkt. Andere warnen vor einem irrationalen Hype.
Ein wichtiges Etappenziel hat Musk mit Tesla in jedem Fall erreicht: Erstmals beendete das Unternehmen ein Geschäftsjahr mit einem positiven freien Cashflow. 2019 blieben bei dieser Kennziffer 1,1 Milliarden Dollar. Tesla hat sich wirtschaftlich also selbst getragen. Gleichzeitig fährt Musk die Produktion hoch: Über 500.000 Fahrzeuge sollen in diesem Jahr ausgeliefert werden. 2019 waren es 367.500.
Einen wichtigen Beitrag soll China leisten. In weniger als einem Jahr stampfte Tesla dort seine neue Fabrik aus dem Boden. Die Produktion des neuen Model Y in Kalifornien startete im Januar, früher als geplant. Das ist bemerkenswert, weil Tesla und Musk immer wieder mit logistischen Problemen zu kämpfen hatten.
Börsianer sehen das Unternehmen plötzlich aus einer ganz anderen Perspektive: Tesla werde nicht mehr als Autoaktie gesehen, sondern im selben Atemzug mit Amazon, Apple und Google als Techwert genannt, erklärt Adam Jonas, Autoanalyst der Investmentbank Morgan Stanley.
Beim Börsenwert ist Tesla selbst am deutschen PS-Riesen Volkswagen deutlich vorbeigezogen. Das ist, zumindest auf den ersten Blick, absurd: Tesla dürfte laut Konsensschätzung der Analysten in diesem Jahr netto umgerechnet 1,4 Millionen Dollar verdienen - von Volkswagen werden in US-Währung umgerechnet 15,8 Milliarden erwartet. Auch beim Absatz liegt der VW-Konzern mit knapp elf Millionen Fahrzeugen im vergangenen Jahr meilenweit vorn.
Solche Zahlen könnten jedoch bedeutungslos sein. Denn die etablierten Hersteller, auch BMW und Daimler, liegen technologisch weit hinter Tesla -nicht nur beim Elektroantrieb, sondern auch bei der nächsten Innovationsstufe, beim autonomen Fahren. Während sich Musk auf die Zukunft konzentrieren kann, stehen die Pioniere des 20. Jahrhunderts vor der Frage, was aus dem auf dem Verbrennungsmotor basierenden Geschäft werden soll. Ein erheblicher Teil dürfte finanzieller Ballast werden.
Spekulanten in der Falle
Die Kursrally der Tesla-Aktie wird zum Albtraum für jene Börsianer, die auf ein Scheitern von Tesla gewettet haben. Anfang des Monats waren 18 Prozent der Aktien in der Hand von Short-Sellern. Diese müssen bei steigenden Kursen ab einem gewissen Punkt ihre Positionen schließen. Genau das dürfte derzeit der wichtigste, aber eben nicht der einzige Kurstreiber sein.
Gene Munster von der Investmentfirma Loup Ventures, einer der Optimisten, sieht Parallelen zu Amazon im Jahr 2010: Der Onlinehändler habe damals nur sporadisch Gewinne ausgewiesen, aber großes Wachstumspotenzial gehabt. Munsters Prognose für Tesla: Die Aktie werde in den kommenden Jahren stark schwanken, letztlich aber nach oben tendieren.
Investor-Info
Tesla
Heiß gelaufen
Mit den zuletzt guten Geschäftsergebnissen hat Tesla die Existenzängste vertrieben. Läuft alles nach Plan, wird der Konzern seinen Gewinn deutlich steigern. Analysten kalkulieren mit einem Anstieg des bereinigten Nettogewinns auf 4,1 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2022. Das entspräche einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 35. Für einen Techwert ist das vertretbar, für einen Autowert überzogen. Anleger sollten den Kursen nicht hinterherlaufen. Halteposition.
Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 700,00 Euro
Stoppkurs: 490,00 Euro
Anmerkung der Redaktion: Eine milliardenschwere Kapitalerhöhung und technische Probleme bei einem Fahrzeugtyp setzen Tesla zu. Die Aktien des Elektroauto-Bauers fielen im vorbörslichen US-Geschäft am Donnerstag um 4,6 Prozent, waren damit aber immer noch mehr als drei Mal so teuer wie vor Jahresfrist. Das Unternehmen will den Angaben zufolge zwei Milliarden Dollar bei Investoren einsammeln. Firmenchef Elon Musk werde Papiere im Volumen von zehn Millionen Dollar zeichnen. Unabhängig davon ruft Tesla 15.000 Wagen des Typs Model X des Baujahrs 2016 wegen möglicher Probleme mit der Servolenkung zurück.