Auch insgesamt kämpft der Konzern nach der strategischen Kehrtwende Kerkhoffs mit Verlusten. Im ersten Halbjahr fiel zwar noch ein knapper Nettogewinn von 36 Millionen Euro an, wie Thyssenkrupp am Dienstag mitteilte. Im zweiten Quartal stand jedoch ein Fehlbetrag von 99 Millionen Euro in den Büchern. Das Ergebnis der wieder im Konzern integrierten Stahlsparte brach ein. Der dort geplante Stellenabbau sorgt für Zündstoff.

Kerkhoff hatte am Freitag das seit Jahren vorangetriebene Bündnis mit Tata Steel Europe ebenso abgeblasen wie die von ihm geplante Konzernaufspaltung. Der Firmenchef will stattdessen die klamme Konzernkasse mit einem Teilbörsengang der lukrativen Aufzugssparte füllen und für weitere Geschäfte Partner ins Boot holen. Zudem will er in den kommenden ein bis zwei Jahren 1,5 Milliarden Euro einsparen und in drei Jahren 6000 der rund 160.000 Arbeitsplätze abbauen. Rund 2000 davon sollen im Stahl-Geschäft wegfallen.

Das stößt auf den Widerstand der Arbeitnehmer: "Jetzt ist der Vorstand gefordert", sagte Stahl-Betriebsratschef Tekin Nasikkol nach einer Versammlung der Betriebsräte in Duisburg. Es müsse ein neues Zukunftskonzept und ein neuer Tarifvertrag her. Mit dem Vorstand sei vereinbart worden, dass es im Stahl-Bereich bis Jahresende keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde und 2019 keine Standorte geschlossen würden. "Klar ist, dass uns nichts geschenkt wird. Wir werden um langfristige Sicherheiten für unsere Arbeitsplätze und Standorte kämpfen müssen", betonte er. Duisburg müsse auch in zehn Jahren noch der größte Stahl-Standort in Europa sein, forderte der nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Knut Giesler. Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff reagierte gelassen. "Diese Erklärungen sind ein normaler Vorgang", sagte er in einer Telefonkonferenz mit Analysten. "Wenn sie (die Arbeitnehmer) wirklich dagegen wären, würden sie Fahnen schwenken."

AUFZÜGE DOPPELT SO VIEL WERT WIE DER KONZERN

Die Aufzugssparte galt unter Kerkhoffs Vorgänger Heinrich Hiesinger als unantastbar. Experten zufolge ist sie mit rund 14 Milliarden Euro etwa doppelt so viel wert wie der gesamte Konzern an der Börse. Kerkhoff will ab dem im Oktober beginnenden neuen Geschäftsjahr so weit sein, einen Teil an die Börse zu bringen. Den genauen Zeitpunkt hält er offen. Der Schritt müsse gut vorbereitet werden, sagte Giesler, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef der Aufzugsparte ist. 2019 werde es deshalb wohl keinen Börsengang geben. Dies werde voraussichtlich erst 2020 der Fall sein.

Der Preisdruck und hohe Materialkosten führten dazu, dass die Marge im Aufzuggeschäft mit 10,6 Prozent um 1,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahreszeitraum lag. Im zweiten Halbjahr sei dort aber eine deutliche Verbesserung zu erwarten, so dass die Marge im Gesamtjahr gegenüber dem Vorjahreswert von 11,5 Prozent auch dank Restrukturierungs- und Effizienzmaßnahmen stabil bleiben werde, erklärte der Konzern. Zuvor hatte Thyssenkrupp allerdings noch eine Erhöhung in Aussicht gestellt. Die Thyssenkrupp-Aktie gab am Nachmittag um mehr als vier Prozent nach.

rtr