Hiesinger war 2010 von Siemens zu ThyssenKrupp gewechselt. Er hatte in den vergangenen Jahren die milliardenschweren Verluste und Schulden zurückgefahren. Am Donnerstag legt der Manager die Zahlen für das Geschäftsjahr 2013/14 (per Ende September) vor. Von Reuters befragte Analysten erwarten eine Rückkehr in die Gewinnzone.

Hiesinger habe den Konzern strategisch weiter entwickelt und neu ausgerichtet, sagte Aufsichtsratschef Lehner. Der Vorstand habe das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren finanziell stabilisiert und in die Zukunftsfähigkeit investiert. "Der Aufsichtsrat schätzt die Konsequenz, das Augenmaß, aber auch die ruhige Hand von Heinrich Hiesinger und seinem Vorstandsteam bei der Umsetzung der umfassenden Veränderungen."

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HIESINGER ZOG IM AMERIKANISCHEN STAHLGESCHÄFT DIE NOTBREMSE

Hiesinger will den Konzern stärker auf die Technologiegeschäfte mit Anlagen, Aufzügen und Teilen für die Automobilindustrie ausrichten. Das früher dominante Stahlgeschäft macht inzwischen weniger als 30 Prozent des Umsatzes aus. Hiesinger hatte Anfang 2011 den Chefposten übernommen, als der Konzern wegen des Desasters mit den Überseestahlwerken bereits in die größte Krise seiner Unternehmensgeschichte schlidderte. Die Kosten für die Stahlwerke in Brasilien und den USA waren unter seinem Vorgänger Ekkehard Schulz nach Pleiten, Pech und Pannen auf über zwölf Milliarden Euro explodiert.

Im Geschäftsjahr 2011/12 fuhr der Konzern einen Verlust von 4,7 Milliarden Euro ein. Die Schulden türmten sich auf eine Höhe von knapp sechs Milliarden Euro. Hiesinger hatte daraufhin in Amerika die Notbremse gezogen. ThyssenKrupp verkaufte das US-Stahlwerk für gut eine Milliarde Euro an die Konkurrenten ArcelorMittal und Nippon Steel. Zudem senkte der Konzern mit einer Kapitalerhöhung von rund 880 Millionen Euro die Schuldenlast. Hiesinger gelang aber nicht alles. Das verlustreiche Stahlwerk in Brasilien konnte er nicht abstoßen, Teile des bereits verkauften Edelstahlgeschäftes musste ThyssenKrupp zurücknehmen.

Geholt hatte Hiesinger der frühere ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, der schließlich im Zuge des Amerika-Desasters und einer Reihe von Kartell- und Korruptionsfällen beim Konzern 2013 seinen Hut nehmen musste. Galt früher Cromme neben dem 2013 verstorbenen Patriarchen Berthold Beitz als starker Mann im Konzern, ist es heute Hiesinger. Aktionärsvertreter haben den Bauernsohn aus dem Schwabenland bereits mit dem Beinamen "Heinrich der Löwe" bedacht.

Hiesinger hat klar gemacht, dass er den Konzern weiter umkrempeln wird. "ThyssenKrupp wird sich weiter erneuern und wettbewerbsfähig aufstellen müssen", hatte er bereits kurz nach seiner Berufung durch den Aufsichtsrat 2010 an die Mitarbeiter geschrieben. Dies Motto dürfte auch weiterhin gelten.

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ZAHLEN AM DONNERSTAG - ERSTMALS WIEDER GEWINN ERWARTET

Der passionierte Motorradfahrer genießt bei Mitarbeitern, Aktionärsvertretern und Analysten einen guten Ruf. "Hiesinger ist klar der Chef", sagt ein Insider. Der Vorstand trete aber als Team auf. "Das sieht aus wie aus einem Guss." Das war nicht immer so. Im Vorstand gibt es mehrere neue Gesichter. Drei Manager mussten 2012 gehen. Neu dabei ist unter anderem der ehemalige nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Oliver Burkhard als Personalchef. Dieser trifft den Ton der Beschäftigten. "Wir kehren die Treppe von oben", betont Burkhard, dass nicht nur die Stahlkocher, sondern auch Manager ihren Beitrag leisten und gegebenenfalls gehen müssen.

ThyssenKrupp legt am Donnerstag die Zahlen für das Geschäftjahr 2013/14 (per Ende September) vor. Von Reuters befragte Analysten rechnen mit einem Nettogewinn von 115 Millionen Euro. Damit würde der Konzern erstmals seit vier Jahren wieder unter dem Strich schwarze Zahlen geben. Eine Dividende werde wohl noch nicht gezahlt. Im laufenden Jahr dürften die Gewinne weiter steigen. Zudem könne es für 2014/15 wieder eine Dividende geben. Die letzte war für 2010/11 gezahlt worden. Damals gab es 45 Cent je Aktie.

Reuters