Er stand bislang im Schatten des bisherigen Thyssenkrupp-Chef Hiesinger, den viele Mitarbeiter geschätzt haben. Kerkhoff hat nun die Gelegenheit, ins Licht zu treten und sich selbst als Nachfolger ins Spiel zu bringen.

Bisher galt der Manager als Übergangslösung. Die Mitteilung von Thyssenkrupp ließ dies offen. "Guido Kerkhoff wird das Unternehmen führen, bis der Aufsichtsrat den strukturierten Prozess zur Findung eines Nachfolgers für Dr. Heinrich Hiesinger abgeschlossen hat", hieß es. Ursprünglich sollte ein Triumvirat aus Kerkhoff und den beiden übrigen Vorstandsmitgliedern - Personalchef Oliver Burkhard und Compliance-Vorstand Donatus Kaufmann - den Konzern übergangsweise leiten. In den vergangenen Tagen war Thyssenkrupp jedoch nicht zur Ruhe gekommen. "Die Aufsichtsratsmitglieder sind sich einig, dass Thyssenkrupp vor allem Stabilität und Kontinuität braucht, um den eingeschlagenen Weg der Transformation erfolgreich fortsetzen zu können", betonte Aufsichtsratschef Ulrich Lehner. "Dafür hat Guido Kerkhoff das volle Vertrauen des Aufsichtsrats."

KERKHOFF WECHSELTE KURZE ZEIT NACH HIESINGER ZU THYSSENKRUPP



Kerkhoff ist ein langjähriger Weggefährte Hiesingers. Er war maßgeblich an den Verhandlungen für einen Zusammenschluss der Stahlsparte mit der des Konkurrenten Tata Steel beteiligt. Dies gilt auch für eine ganze Reihe weiterer Deals, wie etwa dem Verkauf des Pannenstahlwerks in Brasilien, der damit verbundenen Anlage in den USA oder des Edelstahlgeschäfts. Kerkhoff war 2011 von der Deutschen Telekom zu Thyssenkrupp gewechselt - wenige Monate, nachdem Hiesinger das Ruder bei dem Konzern übernommen hatte. Zuvor war er unter anderem für den Energiekonzern VEW und für Bertelsmann tätig.

Der oft hemdsärmelig auftretende Manager ist schlagfertig im Umgang und auch stets zu Scherzen aufgelegt. Beliebtheitsgrade wie Hiesinger erreicht der im niedersächsischen Schüttorf geborene Manager und Vater zweier Kinder allerdings im Konzern nicht. Für wütende Proteste von Stahlkochern sorgte er gar während der Auseinandersetzung um die Fusion mit Tata. Als die Stahlarbeiter dem Vorstand eine mangelnde Informationspolitik vorwarfen, riet er ihnen, nicht zu jammern. Man müsse auch mal eine Periode der Unsicherheit aushalten können.

Die Herzen der Anleger und Mitarbeiter müssen ihm aber auch jetzt nicht zufliegen. Kerkhoff muss versuchen, die Wunden zumindest etwas zu heilen, die im Streit um die richtige Strategie zwischen den unzufriedenen Investoren wie Cevian und Elliot, AR-Chef Lehner, der Krupp-Stiftung, den Mitarbeitern und den Gewerkschaften geschlagen worden sind. Ein Nachfolger Hiesingers müsse die Fronten im Aufsichtsrat schließen, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Thomas Hechtfischer, der Nachrichtenagentur Reuters. "Finanzchef Kerkhoff könnte sicher die Führung übernehmen. Der ist in allen Themen drin."