Das Übernahmeinteresse von Indiens Jindal Steel beflügelt die Fantasie um Zukunft von Thyssenkrupps Stahlsparte. Die Aktie springt auf ein Fünfjahreshoch.

Die Aktien von Thyssenkrupp haben am Montag kräftig zugelegt und kletterten mit einem Plus von gut sieben Prozent auf 11,83 Euro – den höchsten Stand seit fünf Jahren. Auslöser war die Nachricht, dass der indische Stahlriese Jindal Steel International ein Kaufangebot für die angeschlagene Stahlsparte Thyssenkrupp Steel Europe abgegeben hat.

Wie der Essener Industriekonzern mitteilte, handle es sich um ein unverbindliches, indikatives Angebot. Der Vorstand wolle nun sorgfältig prüfen, welche Auswirkungen eine mögliche Transaktion auf die Zukunftsfähigkeit des Geschäfts, die grüne Transformation sowie die Arbeitsplätze an den Standorten haben könnte.

Krise im Stahlgeschäft

Die Stahlsparte von Thyssenkrupp ist mit Abstand der größte Produzent in Deutschland, steht aber unter massivem Druck: Hohe Energiekosten, schwache Nachfrage und Billigimporte aus Asien haben die Profitabilität einbrechen lassen. Das Management hatte bereits beschlossen, die Kapazität von 11,5 Millionen Tonnen jährlich auf unter neun Millionen Tonnen zu reduzieren. Zudem sollen rund 11.000 Stellen wegfallen oder ausgelagert werden – betriebsbedingte Kündigungen sollen jedoch vermieden werden.

Parallel läuft eine geplante Teilverselbstständigung. So hält der tschechische Unternehmer Daniel Křetínský über seine Energieholding EPH bereits 20 Prozent an Thyssenkrupp Steel. Bislang war ein 50:50-Joint Venture vorgesehen.

Vom Pennystock zur Erholung

Anfang 2024 war der Titel fast in der Bedeutungslosigkeit verschwunden: zeitweise notierte die Aktie unter 3 Euro. Doch seither läuft eine hochdynamische Gegenbewegung. Nicht nur die Fantasie um eine Restrukturierung der Stahlsparte zieht Investoren an – auch die Marine- und Rüstungssparte sorgt für Kursfantasie. 

Die Tochter Thyssenkrupp Marine Systems, Hersteller moderner U-Boote und Marineschiffe, profitiert von der geopolitischen Zeitenwende und den gestiegenen Verteidigungsbudgets weltweit.

Ein deutscher Traditionskonzern mit langer Geschichte – und tiefem Fall

Thyssenkrupp ist einer der traditionsreichsten deutschen Industriekonzerne, entstanden 1999 aus der Fusion von Thyssen und Krupp. Jahrzehntelang gehörte der Konzern zu den Schwergewichten des DAX. Doch seit der Finanzkrise 2008 ging es bergab: Vom damaligen Rekordniveau jenseits der 40 Euro stürzte der Kurs in den folgenden Jahren immer tiefer. 

Hohe Schulden, Managementfehler, verlustreiche Stahlwerke in Übersee und der Druck billiger Importe machten dem einstigen Symbol deutscher Industriegröße schwer zu schaffen. 2020 schließlich schied Thyssenkrupp nach über 30 Jahren Zugehörigkeit aus dem DAX aus – ein symbolischer Tiefpunkt im Niedergang des Konzerns.

Kursentwicklung: Fast nur Rheinmetall läuft besser

Seit Jahresbeginn 2025 zählt die Aktie zu den größten Gewinnern am deutschen Markt: Mit einem Zuwachs von 186,28 Prozent seit Jahresbeginn liegt Thyssenkrupp unter den Top-Performern an deutschen Aktienmärkten – übertroffen nur noch von den Rüstungskonzern Rheinmetall und Renk.

Das aktuelle Interesse aus Indien verleiht dem Wert zusätzlichen Schub. Anleger setzen darauf, dass ein starker Partner beim Umbau der Stahlsparte hilft und damit eine der größten Baustellen des Konzerns löst. Zusammen mit der Dynamik aus dem Rüstungsgeschäft ergibt sich eine neue Investmentstory – die Thyssenkrupp nach Jahren des Niedergangs wieder auf die Bildschirme von Investoren bringt.

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Thyssenkrupp (WKN: 750000)